Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.§. 381. VI. Formen der Rechtsgeschäfte (Locus regit actum.) wohner eines Landes, dessen Gesetz blos juristische Formenzum Abschluß einer Ehe erfordert, im Ausland eine Ehe schließen, so hat die Sache keinen Zweifel. Anders aber verhält es sich mit den Einwohnern eines Landes, dessen Gesetz die Ehe an die kirchliche Trauung bindet. Denn ein solches Gesetz hat einen sittlich religiösen Grund, also einen zwingenden Charakter (§ 349). Aus diesem Grunde würde ich die nachzuholende Trauung im Inlande für nöthig halten, nicht aber deswegen, weil angenommen werden müßte, daß die Ehegatten in fraudem legis im Ausland ihre Ehe geschlossen hätten, welche Absicht vielleicht gar nicht vorhanden, oder doch nicht erweislich seyn wird. Wenn aber auch die Trauung erst nachgeholt wird, so muß doch, selbst nach den Grundsätzen des gemeinen Rechts, die Ehe für die bereits vergangene Zeit als gültig und wirksam angesehen werden. -- Auf die schon bestehende Ehe fremder Personen, die in das Land einwandern, kann indessen jener strengere Grundsatz in keinem Fall bezogen werden. Denn ein Gesetz des hier erwähnten Inhalts, mit seinem zwingenden Charakter, bezieht sich nur auf die Ein- gehung von Ehen, nicht auf die Fortführung der schon bestehenden. Zum Schluß sind noch einige allgemeine Bemerkungen §. 381. VI. Formen der Rechtsgeſchäfte (Locus regit actum.) wohner eines Landes, deſſen Geſetz blos juriſtiſche Formenzum Abſchluß einer Ehe erfordert, im Ausland eine Ehe ſchließen, ſo hat die Sache keinen Zweifel. Anders aber verhält es ſich mit den Einwohnern eines Landes, deſſen Geſetz die Ehe an die kirchliche Trauung bindet. Denn ein ſolches Geſetz hat einen ſittlich religiöſen Grund, alſo einen zwingenden Charakter (§ 349). Aus dieſem Grunde würde ich die nachzuholende Trauung im Inlande für nöthig halten, nicht aber deswegen, weil angenommen werden müßte, daß die Ehegatten in fraudem legis im Ausland ihre Ehe geſchloſſen hätten, welche Abſicht vielleicht gar nicht vorhanden, oder doch nicht erweislich ſeyn wird. Wenn aber auch die Trauung erſt nachgeholt wird, ſo muß doch, ſelbſt nach den Grundſätzen des gemeinen Rechts, die Ehe für die bereits vergangene Zeit als gültig und wirkſam angeſehen werden. — Auf die ſchon beſtehende Ehe fremder Perſonen, die in das Land einwandern, kann indeſſen jener ſtrengere Grundſatz in keinem Fall bezogen werden. Denn ein Geſetz des hier erwähnten Inhalts, mit ſeinem zwingenden Charakter, bezieht ſich nur auf die Ein- gehung von Ehen, nicht auf die Fortführung der ſchon beſtehenden. Zum Schluß ſind noch einige allgemeine Bemerkungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0379" n="357"/><fw place="top" type="header">§. 381. <hi rendition="#aq">VI.</hi> Formen der Rechtsgeſchäfte (<hi rendition="#aq">Locus regit actum.</hi>)</fw><lb/> wohner eines Landes, deſſen Geſetz blos juriſtiſche Formen<lb/> zum Abſchluß einer Ehe erfordert, im Ausland eine Ehe<lb/> ſchließen, ſo hat die Sache keinen Zweifel. Anders aber<lb/> verhält es ſich mit den Einwohnern eines Landes, deſſen<lb/> Geſetz die Ehe an die kirchliche Trauung bindet. Denn<lb/> ein ſolches Geſetz hat einen ſittlich religiöſen Grund, alſo<lb/> einen zwingenden Charakter (§ 349). Aus dieſem Grunde<lb/> würde ich die nachzuholende Trauung im Inlande für nöthig<lb/> halten, nicht aber deswegen, weil angenommen werden<lb/> müßte, daß die Ehegatten <hi rendition="#aq">in fraudem legis</hi> im Ausland<lb/> ihre Ehe geſchloſſen hätten, welche Abſicht vielleicht gar<lb/> nicht vorhanden, oder doch nicht erweislich ſeyn wird.<lb/> Wenn aber auch die Trauung erſt nachgeholt wird, ſo<lb/> muß doch, ſelbſt nach den Grundſätzen des gemeinen Rechts,<lb/> die Ehe für die bereits vergangene Zeit als gültig und<lb/> wirkſam angeſehen werden. — Auf die ſchon beſtehende<lb/> Ehe fremder Perſonen, die in das Land einwandern, kann<lb/> indeſſen jener ſtrengere Grundſatz in keinem Fall bezogen<lb/> werden. Denn ein Geſetz des hier erwähnten Inhalts, mit<lb/> ſeinem zwingenden Charakter, bezieht ſich nur auf die Ein-<lb/> gehung von Ehen, nicht auf die Fortführung der ſchon<lb/> beſtehenden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Zum Schluß ſind noch einige allgemeine Bemerkungen<lb/> nachzutragen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [357/0379]
§. 381. VI. Formen der Rechtsgeſchäfte (Locus regit actum.)
wohner eines Landes, deſſen Geſetz blos juriſtiſche Formen
zum Abſchluß einer Ehe erfordert, im Ausland eine Ehe
ſchließen, ſo hat die Sache keinen Zweifel. Anders aber
verhält es ſich mit den Einwohnern eines Landes, deſſen
Geſetz die Ehe an die kirchliche Trauung bindet. Denn
ein ſolches Geſetz hat einen ſittlich religiöſen Grund, alſo
einen zwingenden Charakter (§ 349). Aus dieſem Grunde
würde ich die nachzuholende Trauung im Inlande für nöthig
halten, nicht aber deswegen, weil angenommen werden
müßte, daß die Ehegatten in fraudem legis im Ausland
ihre Ehe geſchloſſen hätten, welche Abſicht vielleicht gar
nicht vorhanden, oder doch nicht erweislich ſeyn wird.
Wenn aber auch die Trauung erſt nachgeholt wird, ſo
muß doch, ſelbſt nach den Grundſätzen des gemeinen Rechts,
die Ehe für die bereits vergangene Zeit als gültig und
wirkſam angeſehen werden. — Auf die ſchon beſtehende
Ehe fremder Perſonen, die in das Land einwandern, kann
indeſſen jener ſtrengere Grundſatz in keinem Fall bezogen
werden. Denn ein Geſetz des hier erwähnten Inhalts, mit
ſeinem zwingenden Charakter, bezieht ſich nur auf die Ein-
gehung von Ehen, nicht auf die Fortführung der ſchon
beſtehenden.
Zum Schluß ſind noch einige allgemeine Bemerkungen
nachzutragen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |