letzten Wohnsitz zu beurtheilen. Dieses folgt aus der Ver- bindung, in welche dieser Anspruch mit der ganzen übrigen Intestaterbfolge durch das Gesetz gebracht wird. Jener An- spruch hat daher eine ganz ähnliche Natur mit den im Römischen Recht begründeten Instituten: der Bonorum possessio unde vir et uxor, und der Succession des hinter- lassenen dürftigen Ehegatten.
6. Die Ehescheidung unterscheidet sich von den eben abgehandelten, das Vermögen betreffenden, Rechtsinstituten dadurch, daß die Gesetze über dieselbe auf der sittlichen Natur der Ehe beruhen, also einen streng positiven Charakter an sich tragen. Daraus folgt, daß der über sie urtheilende Richter nur das Gesetz seines Landes befolgen darf, ohne Rücksicht auf andere Verhältnisse der Ehegatten (p). Dieser Grundsatz aber wird in der Regel wieder auf das am Wohnsitz des Ehemannes geltende Gesetz führen, weil nur da ein wahrer Gerichtsstand über die Ehescheidung begrün- det seyn wird.
Dabei ist nicht so, wie bei dem Güterrecht, der Wohn- sitz zur Zeit der geschlossenen Ehe zu beachten, sondern viel- mehr der gegenwärtige Wohnsitz. Denn das am früheren Wohnsitz bestehende Gesetz kann keinem der Ehegatten ein Recht, oder auch nur eine begründete Erwartung gegeben haben, nach demselben Gesetz auch künftig einmal geschieden
(p) S. o. § 349. Im Ganzen stimmt damit überein Schäffner § 124 und WächterII. S. 184--188.
VIII. 22
§. 379. V. Familienrecht. A. Ehe.
letzten Wohnſitz zu beurtheilen. Dieſes folgt aus der Ver- bindung, in welche dieſer Anſpruch mit der ganzen übrigen Inteſtaterbfolge durch das Geſetz gebracht wird. Jener An- ſpruch hat daher eine ganz ähnliche Natur mit den im Römiſchen Recht begründeten Inſtituten: der Bonorum possessio unde vir et uxor, und der Succeſſion des hinter- laſſenen dürftigen Ehegatten.
6. Die Eheſcheidung unterſcheidet ſich von den eben abgehandelten, das Vermögen betreffenden, Rechtsinſtituten dadurch, daß die Geſetze über dieſelbe auf der ſittlichen Natur der Ehe beruhen, alſo einen ſtreng poſitiven Charakter an ſich tragen. Daraus folgt, daß der über ſie urtheilende Richter nur das Geſetz ſeines Landes befolgen darf, ohne Rückſicht auf andere Verhältniſſe der Ehegatten (p). Dieſer Grundſatz aber wird in der Regel wieder auf das am Wohnſitz des Ehemannes geltende Geſetz führen, weil nur da ein wahrer Gerichtsſtand über die Eheſcheidung begrün- det ſeyn wird.
Dabei iſt nicht ſo, wie bei dem Güterrecht, der Wohn- ſitz zur Zeit der geſchloſſenen Ehe zu beachten, ſondern viel- mehr der gegenwärtige Wohnſitz. Denn das am früheren Wohnſitz beſtehende Geſetz kann keinem der Ehegatten ein Recht, oder auch nur eine begründete Erwartung gegeben haben, nach demſelben Geſetz auch künftig einmal geſchieden
(p) S. o. § 349. Im Ganzen ſtimmt damit überein Schäffner § 124 und WächterII. S. 184—188.
VIII. 22
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0359"n="337"/><fwplace="top"type="header">§. 379. <hirendition="#aq">V.</hi> Familienrecht. <hirendition="#aq">A.</hi> Ehe.</fw><lb/>
letzten Wohnſitz zu beurtheilen. Dieſes folgt aus der Ver-<lb/>
bindung, in welche dieſer Anſpruch mit der ganzen übrigen<lb/>
Inteſtaterbfolge durch das Geſetz gebracht wird. Jener An-<lb/>ſpruch hat daher eine ganz ähnliche Natur mit den im<lb/>
Römiſchen Recht begründeten Inſtituten: der <hirendition="#aq">Bonorum<lb/>
possessio unde vir et uxor,</hi> und der Succeſſion des hinter-<lb/>
laſſenen dürftigen Ehegatten.</p><lb/><p>6. Die Eheſcheidung unterſcheidet ſich von den eben<lb/>
abgehandelten, das Vermögen betreffenden, Rechtsinſtituten<lb/>
dadurch, daß die Geſetze über dieſelbe auf der ſittlichen<lb/>
Natur der Ehe beruhen, alſo einen ſtreng poſitiven Charakter<lb/>
an ſich tragen. Daraus folgt, daß der über ſie urtheilende<lb/>
Richter nur das Geſetz ſeines Landes befolgen darf, ohne<lb/>
Rückſicht auf andere Verhältniſſe der Ehegatten <noteplace="foot"n="(p)">S. o. § 349. Im Ganzen ſtimmt damit überein <hirendition="#g">Schäffner</hi><lb/>
§ 124 und <hirendition="#g">Wächter</hi><hirendition="#aq">II.</hi> S. 184—188.</note>. Dieſer<lb/>
Grundſatz aber wird in der Regel wieder auf das am<lb/>
Wohnſitz des Ehemannes geltende Geſetz führen, weil nur<lb/>
da ein wahrer Gerichtsſtand über die Eheſcheidung begrün-<lb/>
det ſeyn wird.</p><lb/><p>Dabei iſt nicht ſo, wie bei dem Güterrecht, der Wohn-<lb/>ſitz zur Zeit der geſchloſſenen Ehe zu beachten, ſondern viel-<lb/>
mehr der gegenwärtige Wohnſitz. Denn das am früheren<lb/>
Wohnſitz beſtehende Geſetz kann keinem der Ehegatten ein<lb/>
Recht, oder auch nur eine begründete Erwartung gegeben<lb/>
haben, nach demſelben Geſetz auch künftig einmal geſchieden<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">VIII.</hi> 22</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[337/0359]
§. 379. V. Familienrecht. A. Ehe.
letzten Wohnſitz zu beurtheilen. Dieſes folgt aus der Ver-
bindung, in welche dieſer Anſpruch mit der ganzen übrigen
Inteſtaterbfolge durch das Geſetz gebracht wird. Jener An-
ſpruch hat daher eine ganz ähnliche Natur mit den im
Römiſchen Recht begründeten Inſtituten: der Bonorum
possessio unde vir et uxor, und der Succeſſion des hinter-
laſſenen dürftigen Ehegatten.
6. Die Eheſcheidung unterſcheidet ſich von den eben
abgehandelten, das Vermögen betreffenden, Rechtsinſtituten
dadurch, daß die Geſetze über dieſelbe auf der ſittlichen
Natur der Ehe beruhen, alſo einen ſtreng poſitiven Charakter
an ſich tragen. Daraus folgt, daß der über ſie urtheilende
Richter nur das Geſetz ſeines Landes befolgen darf, ohne
Rückſicht auf andere Verhältniſſe der Ehegatten (p). Dieſer
Grundſatz aber wird in der Regel wieder auf das am
Wohnſitz des Ehemannes geltende Geſetz führen, weil nur
da ein wahrer Gerichtsſtand über die Eheſcheidung begrün-
det ſeyn wird.
Dabei iſt nicht ſo, wie bei dem Güterrecht, der Wohn-
ſitz zur Zeit der geſchloſſenen Ehe zu beachten, ſondern viel-
mehr der gegenwärtige Wohnſitz. Denn das am früheren
Wohnſitz beſtehende Geſetz kann keinem der Ehegatten ein
Recht, oder auch nur eine begründete Erwartung gegeben
haben, nach demſelben Geſetz auch künftig einmal geſchieden
(p) S. o. § 349. Im Ganzen ſtimmt damit überein Schäffner
§ 124 und Wächter II. S. 184—188.
VIII. 22
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/359>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.