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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
gleichfalls widerlegt wird, leidet sie auch an den gewöhn-
lichen Mängeln halber Maaßregeln. Läßt man das eheliche
Güterrecht für das schon vorhandene Vermögen durch den
alten Wohnsitz, für den künftigen Erwerb durch den neuen
beherrschen, so können dadurch Verwicklungen und Wider-
sprüche entstehen, die sich gar nicht voraus übersehen lassen,
und die eben so wenig dem Vortheil, als den Wünschen
der Ehegatten entsprechen möchten.

Allerdings würde die zweite Meinung angenommen
werden müssen, wenn etwa in dem neuen Wohnsitz ein
eheliches Güterrecht von streng positivem, ausschließendem
Inhalt bestehen sollte. Dieses würde anzunehmen seyn, wenn
daselbst ein Gesetz des Inhalts gegeben wäre, daß durchaus
nicht geduldet werden solle, eine Ehe anders als nach
Dotalrecht zu begründen, oder, wenn sie anderwärts be-
gründet war, hier fortzuführen; oder auch anders als nach
dem Recht der Gütergemeinschaft (m). Ob überhaupt solche
Gesetze vorhanden sind, mag dahin gestellt bleiben.

Das Preußische Gesetz erkennt im Allgemeinen die hier
vertheidigte Meinung an, nach welcher das örtliche Recht
des bei dem Anfang der Ehe bestehenden Wohnsitzes auch
für alle künftige Zeit entscheiden soll, nur mit zwei unter-
geordneten Modificationen für den Fall, wenn eine mit
Dotalrecht angefangene Ehe an einen neuen Wohnsitz, in
welchem Gütergemeinschaft gilt, verlegt wird (n).


(m) Wächter II. S. 55. 362.
§ 350--355.
(n) Allg. Landrecht II. 1

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
gleichfalls widerlegt wird, leidet ſie auch an den gewöhn-
lichen Mängeln halber Maaßregeln. Läßt man das eheliche
Güterrecht für das ſchon vorhandene Vermögen durch den
alten Wohnſitz, für den künftigen Erwerb durch den neuen
beherrſchen, ſo können dadurch Verwicklungen und Wider-
ſprüche entſtehen, die ſich gar nicht voraus überſehen laſſen,
und die eben ſo wenig dem Vortheil, als den Wünſchen
der Ehegatten entſprechen möchten.

Allerdings würde die zweite Meinung angenommen
werden müſſen, wenn etwa in dem neuen Wohnſitz ein
eheliches Güterrecht von ſtreng poſitivem, ausſchließendem
Inhalt beſtehen ſollte. Dieſes würde anzunehmen ſeyn, wenn
daſelbſt ein Geſetz des Inhalts gegeben wäre, daß durchaus
nicht geduldet werden ſolle, eine Ehe anders als nach
Dotalrecht zu begründen, oder, wenn ſie anderwärts be-
gründet war, hier fortzuführen; oder auch anders als nach
dem Recht der Gütergemeinſchaft (m). Ob überhaupt ſolche
Geſetze vorhanden ſind, mag dahin geſtellt bleiben.

Das Preußiſche Geſetz erkennt im Allgemeinen die hier
vertheidigte Meinung an, nach welcher das örtliche Recht
des bei dem Anfang der Ehe beſtehenden Wohnſitzes auch
für alle künftige Zeit entſcheiden ſoll, nur mit zwei unter-
geordneten Modificationen für den Fall, wenn eine mit
Dotalrecht angefangene Ehe an einen neuen Wohnſitz, in
welchem Gütergemeinſchaft gilt, verlegt wird (n).


(m) Wächter II. S. 55. 362.
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(n) Allg. Landrecht II. 1
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[334/0356] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. gleichfalls widerlegt wird, leidet ſie auch an den gewöhn- lichen Mängeln halber Maaßregeln. Läßt man das eheliche Güterrecht für das ſchon vorhandene Vermögen durch den alten Wohnſitz, für den künftigen Erwerb durch den neuen beherrſchen, ſo können dadurch Verwicklungen und Wider- ſprüche entſtehen, die ſich gar nicht voraus überſehen laſſen, und die eben ſo wenig dem Vortheil, als den Wünſchen der Ehegatten entſprechen möchten. Allerdings würde die zweite Meinung angenommen werden müſſen, wenn etwa in dem neuen Wohnſitz ein eheliches Güterrecht von ſtreng poſitivem, ausſchließendem Inhalt beſtehen ſollte. Dieſes würde anzunehmen ſeyn, wenn daſelbſt ein Geſetz des Inhalts gegeben wäre, daß durchaus nicht geduldet werden ſolle, eine Ehe anders als nach Dotalrecht zu begründen, oder, wenn ſie anderwärts be- gründet war, hier fortzuführen; oder auch anders als nach dem Recht der Gütergemeinſchaft (m). Ob überhaupt ſolche Geſetze vorhanden ſind, mag dahin geſtellt bleiben. Das Preußiſche Geſetz erkennt im Allgemeinen die hier vertheidigte Meinung an, nach welcher das örtliche Recht des bei dem Anfang der Ehe beſtehenden Wohnſitzes auch für alle künftige Zeit entſcheiden ſoll, nur mit zwei unter- geordneten Modificationen für den Fall, wenn eine mit Dotalrecht angefangene Ehe an einen neuen Wohnſitz, in welchem Gütergemeinſchaft gilt, verlegt wird (n). (m) Wächter II. S. 55. 362. § 350—355. (n) Allg. Landrecht II. 1

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/356>, abgerufen am 17.07.2024.