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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
der Erbfolge, dem Erblasser für verschiedene Vermögens-
stücke einen verschiedenen Willen durch Präsumtion unterzu-
legen, also etwa anzunehmen, daß er für sein Haus eine
andere Person, als für sein Landgut oder sein baares Geld,
als Erben zu haben wünsche, wenn er sich nicht darüber
(durch Testament) besonders erklärt hat.

In Beziehung auf die unter B. dargestellte vermittelnde
Meinung, welche zwischen beweglichem und unbeweglichem
Vermögen unterscheidet, sind noch zwei Ansichten zur
Sprache gekommen, deren genauere Prüfung vielleicht zur
Annäherung der Meinungen beitragen kann.

Ein neuerer Schriftsteller tadelt es, daß sich Andere
überhaupt für die eine oder andere Meinung allgemein aus-
sprächen, da doch jede derselben unter gewissen Voraus-
setzungen richtig sey (l). In den Ländern, welche das Erb-
recht (nach Römischem Grundsatz) als Universalsuccession
behandelten, sey der Wohnsitz für das ganze Vermögen ent-
scheidend; in den Ländern dagegen, welche das Erbrecht
nicht als Universalsuccession ansähen (wie England und
Amerika) müsse die Erbfolge in Immobilien nach der lex
rei sitae
beurtheilt werden. -- Bei dieser Ansicht liegt das
Mißverständniß zum Grunde, als ob die Annahme oder
Verwerfung der Universalsuccession etwas für sich Bestehen-
des wäre, woraus dann weiter auf den Sitz des Erbrechts
und das bei demselben geltende örtliche Recht gefolgert werden

(l) Schäffner § 57--59, § 126--152.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
der Erbfolge, dem Erblaſſer für verſchiedene Vermögens-
ſtücke einen verſchiedenen Willen durch Präſumtion unterzu-
legen, alſo etwa anzunehmen, daß er für ſein Haus eine
andere Perſon, als für ſein Landgut oder ſein baares Geld,
als Erben zu haben wünſche, wenn er ſich nicht darüber
(durch Teſtament) beſonders erklärt hat.

In Beziehung auf die unter B. dargeſtellte vermittelnde
Meinung, welche zwiſchen beweglichem und unbeweglichem
Vermögen unterſcheidet, ſind noch zwei Anſichten zur
Sprache gekommen, deren genauere Prüfung vielleicht zur
Annäherung der Meinungen beitragen kann.

Ein neuerer Schriftſteller tadelt es, daß ſich Andere
überhaupt für die eine oder andere Meinung allgemein aus-
ſprächen, da doch jede derſelben unter gewiſſen Voraus-
ſetzungen richtig ſey (l). In den Ländern, welche das Erb-
recht (nach Römiſchem Grundſatz) als Univerſalſucceſſion
behandelten, ſey der Wohnſitz für das ganze Vermögen ent-
ſcheidend; in den Ländern dagegen, welche das Erbrecht
nicht als Univerſalſucceſſion anſähen (wie England und
Amerika) müſſe die Erbfolge in Immobilien nach der lex
rei sitae
beurtheilt werden. — Bei dieſer Anſicht liegt das
Mißverſtändniß zum Grunde, als ob die Annahme oder
Verwerfung der Univerſalſucceſſion etwas für ſich Beſtehen-
des wäre, woraus dann weiter auf den Sitz des Erbrechts
und das bei demſelben geltende örtliche Recht gefolgert werden

(l) Schäffner § 57—59, § 126—152.
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[304/0326] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. der Erbfolge, dem Erblaſſer für verſchiedene Vermögens- ſtücke einen verſchiedenen Willen durch Präſumtion unterzu- legen, alſo etwa anzunehmen, daß er für ſein Haus eine andere Perſon, als für ſein Landgut oder ſein baares Geld, als Erben zu haben wünſche, wenn er ſich nicht darüber (durch Teſtament) beſonders erklärt hat. In Beziehung auf die unter B. dargeſtellte vermittelnde Meinung, welche zwiſchen beweglichem und unbeweglichem Vermögen unterſcheidet, ſind noch zwei Anſichten zur Sprache gekommen, deren genauere Prüfung vielleicht zur Annäherung der Meinungen beitragen kann. Ein neuerer Schriftſteller tadelt es, daß ſich Andere überhaupt für die eine oder andere Meinung allgemein aus- ſprächen, da doch jede derſelben unter gewiſſen Voraus- ſetzungen richtig ſey (l). In den Ländern, welche das Erb- recht (nach Römiſchem Grundſatz) als Univerſalſucceſſion behandelten, ſey der Wohnſitz für das ganze Vermögen ent- ſcheidend; in den Ländern dagegen, welche das Erbrecht nicht als Univerſalſucceſſion anſähen (wie England und Amerika) müſſe die Erbfolge in Immobilien nach der lex rei sitae beurtheilt werden. — Bei dieſer Anſicht liegt das Mißverſtändniß zum Grunde, als ob die Annahme oder Verwerfung der Univerſalſucceſſion etwas für ſich Beſtehen- des wäre, woraus dann weiter auf den Sitz des Erbrechts und das bei demſelben geltende örtliche Recht gefolgert werden (l) Schäffner § 57—59, § 126—152.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/326>, abgerufen am 26.11.2024.