teiherrn) zufallen sollten (d). Die mildere Form unter- wirft diese Erbschaftsstücke nur unbedingt dem inländischen Gesetz, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des Erblassers, aber auch ohne zwischen inländischen und ausländischen Erbberechtigten zu unterscheiden.
Die Gründe gegen diese Lehre sind bereits oben ausge- führt worden; ich will diesen Gründen aber jetzt noch fol- gende praktische Bemerkung hinzufügen. Wäre dieser Grund- satz überall anerkannt und durchgeführt, so müßte jeder vor- sichtige Hausvater, wenn er auswärts Vermögen besitzt, irgend einen Schutz suchen gegen unerwünschte Erben, so wie gegen die drohende Verwirrung in Beziehung auf Schuldverhältnisse. Diesen Schutz gegen den Druck jenes Grundsatzes könnte er nur darin finden, daß er in Zeiten alles auswärts liegende Eigenthum veräußerte, oder auch die beweglichen Sachen in das Land seines Wohnsitzes herein brächte. Auch in diesem natürlichen Bedürfniß und Bestreben liegt ein untrügliches Zeichen der aus jenem Grundsatz hervorgehenden grundlosen Härte.
B. Die vermittelnde Meinung schließt sich ganz der vorhergehenden an, nur mit Einschränkung derselben auf das zur Erbschaft gehörende unbewegliche Eigenthum; das bewegliche Eigenthum überläßt sie dem am Wohnsitz des Erblassers geltenden Recht, auch wenn es im Ausland sich befinden sollte. Alle Gründe, welche gegen die vorherge-
teiherrn) zufallen ſollten (d). Die mildere Form unter- wirft dieſe Erbſchaftsſtücke nur unbedingt dem inländiſchen Geſetz, ohne Rückſicht auf den Wohnſitz des Erblaſſers, aber auch ohne zwiſchen inländiſchen und ausländiſchen Erbberechtigten zu unterſcheiden.
Die Gründe gegen dieſe Lehre ſind bereits oben ausge- führt worden; ich will dieſen Gründen aber jetzt noch fol- gende praktiſche Bemerkung hinzufügen. Wäre dieſer Grund- ſatz überall anerkannt und durchgeführt, ſo müßte jeder vor- ſichtige Hausvater, wenn er auswärts Vermögen beſitzt, irgend einen Schutz ſuchen gegen unerwünſchte Erben, ſo wie gegen die drohende Verwirrung in Beziehung auf Schuldverhältniſſe. Dieſen Schutz gegen den Druck jenes Grundſatzes könnte er nur darin finden, daß er in Zeiten alles auswärts liegende Eigenthum veräußerte, oder auch die beweglichen Sachen in das Land ſeines Wohnſitzes herein brächte. Auch in dieſem natürlichen Bedürfniß und Beſtreben liegt ein untrügliches Zeichen der aus jenem Grundſatz hervorgehenden grundloſen Härte.
B. Die vermittelnde Meinung ſchließt ſich ganz der vorhergehenden an, nur mit Einſchränkung derſelben auf das zur Erbſchaft gehörende unbewegliche Eigenthum; das bewegliche Eigenthum überläßt ſie dem am Wohnſitz des Erblaſſers geltenden Recht, auch wenn es im Ausland ſich befinden ſollte. Alle Gründe, welche gegen die vorherge-
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[301/0323]
§. 376. IV. Erbrecht. (Fortſ.)
teiherrn) zufallen ſollten (d). Die mildere Form unter-
wirft dieſe Erbſchaftsſtücke nur unbedingt dem inländiſchen
Geſetz, ohne Rückſicht auf den Wohnſitz des Erblaſſers,
aber auch ohne zwiſchen inländiſchen und ausländiſchen
Erbberechtigten zu unterſcheiden.
Die Gründe gegen dieſe Lehre ſind bereits oben ausge-
führt worden; ich will dieſen Gründen aber jetzt noch fol-
gende praktiſche Bemerkung hinzufügen. Wäre dieſer Grund-
ſatz überall anerkannt und durchgeführt, ſo müßte jeder vor-
ſichtige Hausvater, wenn er auswärts Vermögen beſitzt,
irgend einen Schutz ſuchen gegen unerwünſchte Erben, ſo
wie gegen die drohende Verwirrung in Beziehung auf
Schuldverhältniſſe. Dieſen Schutz gegen den Druck jenes
Grundſatzes könnte er nur darin finden, daß er in Zeiten
alles auswärts liegende Eigenthum veräußerte, oder auch
die beweglichen Sachen in das Land ſeines Wohnſitzes
herein brächte. Auch in dieſem natürlichen Bedürfniß und
Beſtreben liegt ein untrügliches Zeichen der aus jenem
Grundſatz hervorgehenden grundloſen Härte.
B. Die vermittelnde Meinung ſchließt ſich ganz der
vorhergehenden an, nur mit Einſchränkung derſelben auf
das zur Erbſchaft gehörende unbewegliche Eigenthum; das
bewegliche Eigenthum überläßt ſie dem am Wohnſitz des
Erblaſſers geltenden Recht, auch wenn es im Ausland ſich
befinden ſollte. Alle Gründe, welche gegen die vorherge-
(d) Droit d’aubaine. Vgl. Eichhorn deutſches Recht § 75.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/323>, abgerufen am 27.11.2024.
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