Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite
§ 374. III. Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen.

Der Concurs selbst hat zum Gegenstand die Ausglei-
chung der einzelnen Glaubiger in ihren Ansprüchen an die
vorhandene Activmasse (Classification). Da nun diese Aus-
gleichung zu dem oben erwähnten Executionsverfahren ge-
hört, welches eine rein prozessualische Thätigkeit ist, so kann
darauf kein anderes örtliches Recht angewendet werden, als
das am Ort des Concursgerichts geltende: mittelbar also
das örtliche Recht am Wohnsitz des Schuldners (ff).

Mit dieser einfachen Regel könnte die ganze Frage er-
ledigt seyn, wenn nicht viele, und meist die wichtigsten, An-
sprüche der Glaubiger eine gemischte Natur hätten: gemischt
aus Obligation und dinglichem Recht, dem Hypothekenrecht.
Darin liegt die hauptsächliche Schwierigkeit.

Die Sache wird anschaulicher werden durch die Anwen-
dung auf das gemeine Concursrecht, so wie es sich, gegrün-
det auf die Vorschriften des neuesten Römischen Rechts, in
der Theorie und Praxis der neueren Zeit ausgebildet hat.

Sämmtliche Glaubiger werden nach fünf Klassen geord-
net: 1. Absolut privilegirte, 2. Privilegirte Hypotheken,
3. Gemeine Hypotheken, 4. Persönlich privilegirte, 5. Alle
übrigen (gg). -- Unter diesen fünf Klassen enthalten die
erste, vierte und fünfte, reine Obligationen, und für diese
entscheidet ausschließend das am Ort des Concursgerichts
geltende örtliche Recht, ohne Rücksicht auf das vielleicht

(ff) Leyser 478. 10.
(gg) Die genauere Ausführung
dieser Classification liegt außer dem
hier vorliegenden Zweck. Vgl.
Mühlenbruch I. § 173. Göschen
Vorlesungen II. 2 § 424.
§ 374. III. Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen.

Der Concurs ſelbſt hat zum Gegenſtand die Ausglei-
chung der einzelnen Glaubiger in ihren Anſprüchen an die
vorhandene Activmaſſe (Claſſification). Da nun dieſe Aus-
gleichung zu dem oben erwähnten Executionsverfahren ge-
hört, welches eine rein prozeſſualiſche Thätigkeit iſt, ſo kann
darauf kein anderes örtliches Recht angewendet werden, als
das am Ort des Concursgerichts geltende: mittelbar alſo
das örtliche Recht am Wohnſitz des Schuldners (ff).

Mit dieſer einfachen Regel könnte die ganze Frage er-
ledigt ſeyn, wenn nicht viele, und meiſt die wichtigſten, An-
ſprüche der Glaubiger eine gemiſchte Natur hätten: gemiſcht
aus Obligation und dinglichem Recht, dem Hypothekenrecht.
Darin liegt die hauptſächliche Schwierigkeit.

Die Sache wird anſchaulicher werden durch die Anwen-
dung auf das gemeine Concursrecht, ſo wie es ſich, gegrün-
det auf die Vorſchriften des neueſten Römiſchen Rechts, in
der Theorie und Praxis der neueren Zeit ausgebildet hat.

Sämmtliche Glaubiger werden nach fünf Klaſſen geord-
net: 1. Abſolut privilegirte, 2. Privilegirte Hypotheken,
3. Gemeine Hypotheken, 4. Perſönlich privilegirte, 5. Alle
übrigen (gg). — Unter dieſen fünf Klaſſen enthalten die
erſte, vierte und fünfte, reine Obligationen, und für dieſe
entſcheidet ausſchließend das am Ort des Concursgerichts
geltende örtliche Recht, ohne Rückſicht auf das vielleicht

(ff) Leyser 478. 10.
(gg) Die genauere Ausführung
dieſer Claſſification liegt außer dem
hier vorliegenden Zweck. Vgl.
Mühlenbruch I. § 173. Göſchen
Vorleſungen II. 2 § 424.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0307" n="285"/>
            <fw place="top" type="header">§ 374. <hi rendition="#aq">III.</hi> Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen.</fw><lb/>
            <p>Der Concurs &#x017F;elb&#x017F;t hat zum Gegen&#x017F;tand die Ausglei-<lb/>
chung der einzelnen Glaubiger in ihren An&#x017F;prüchen an die<lb/>
vorhandene Activma&#x017F;&#x017F;e (Cla&#x017F;&#x017F;ification). Da nun die&#x017F;e Aus-<lb/>
gleichung zu dem oben erwähnten Executionsverfahren ge-<lb/>
hört, welches eine rein proze&#x017F;&#x017F;uali&#x017F;che Thätigkeit i&#x017F;t, &#x017F;o kann<lb/>
darauf kein anderes örtliches Recht angewendet werden, als<lb/>
das am Ort des Concursgerichts geltende: mittelbar al&#x017F;o<lb/>
das örtliche Recht am Wohn&#x017F;itz des Schuldners <note place="foot" n="(ff)"><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Leyser</hi></hi> 478. 10.</note>.</p><lb/>
            <p>Mit die&#x017F;er einfachen Regel könnte die ganze Frage er-<lb/>
ledigt &#x017F;eyn, wenn nicht viele, und mei&#x017F;t die wichtig&#x017F;ten, An-<lb/>
&#x017F;prüche der Glaubiger eine gemi&#x017F;chte Natur hätten: gemi&#x017F;cht<lb/>
aus Obligation und dinglichem Recht, dem Hypothekenrecht.<lb/>
Darin liegt die haupt&#x017F;ächliche Schwierigkeit.</p><lb/>
            <p>Die Sache wird an&#x017F;chaulicher werden durch die Anwen-<lb/>
dung auf das gemeine Concursrecht, &#x017F;o wie es &#x017F;ich, gegrün-<lb/>
det auf die Vor&#x017F;chriften des neue&#x017F;ten Römi&#x017F;chen Rechts, in<lb/>
der Theorie und Praxis der neueren Zeit ausgebildet hat.</p><lb/>
            <p>Sämmtliche Glaubiger werden nach fünf Kla&#x017F;&#x017F;en geord-<lb/>
net: 1. Ab&#x017F;olut privilegirte, 2. Privilegirte Hypotheken,<lb/>
3. Gemeine Hypotheken, 4. Per&#x017F;önlich privilegirte, 5. Alle<lb/>
übrigen <note place="foot" n="(gg)">Die genauere Ausführung<lb/>
die&#x017F;er Cla&#x017F;&#x017F;ification liegt außer dem<lb/>
hier vorliegenden Zweck. Vgl.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Mühlenbruch</hi> I.</hi> § 173. <hi rendition="#g">&#x017F;chen</hi><lb/>
Vorle&#x017F;ungen <hi rendition="#aq">II.</hi> 2 § 424.</note>. &#x2014; Unter die&#x017F;en fünf Kla&#x017F;&#x017F;en enthalten die<lb/>
er&#x017F;te, vierte und fünfte, reine Obligationen, und für die&#x017F;e<lb/>
ent&#x017F;cheidet aus&#x017F;chließend das am Ort des Concursgerichts<lb/>
geltende örtliche Recht, ohne Rück&#x017F;icht auf das vielleicht<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0307] § 374. III. Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen. Der Concurs ſelbſt hat zum Gegenſtand die Ausglei- chung der einzelnen Glaubiger in ihren Anſprüchen an die vorhandene Activmaſſe (Claſſification). Da nun dieſe Aus- gleichung zu dem oben erwähnten Executionsverfahren ge- hört, welches eine rein prozeſſualiſche Thätigkeit iſt, ſo kann darauf kein anderes örtliches Recht angewendet werden, als das am Ort des Concursgerichts geltende: mittelbar alſo das örtliche Recht am Wohnſitz des Schuldners (ff). Mit dieſer einfachen Regel könnte die ganze Frage er- ledigt ſeyn, wenn nicht viele, und meiſt die wichtigſten, An- ſprüche der Glaubiger eine gemiſchte Natur hätten: gemiſcht aus Obligation und dinglichem Recht, dem Hypothekenrecht. Darin liegt die hauptſächliche Schwierigkeit. Die Sache wird anſchaulicher werden durch die Anwen- dung auf das gemeine Concursrecht, ſo wie es ſich, gegrün- det auf die Vorſchriften des neueſten Römiſchen Rechts, in der Theorie und Praxis der neueren Zeit ausgebildet hat. Sämmtliche Glaubiger werden nach fünf Klaſſen geord- net: 1. Abſolut privilegirte, 2. Privilegirte Hypotheken, 3. Gemeine Hypotheken, 4. Perſönlich privilegirte, 5. Alle übrigen (gg). — Unter dieſen fünf Klaſſen enthalten die erſte, vierte und fünfte, reine Obligationen, und für dieſe entſcheidet ausſchließend das am Ort des Concursgerichts geltende örtliche Recht, ohne Rückſicht auf das vielleicht (ff) Leyser 478. 10. (gg) Die genauere Ausführung dieſer Claſſification liegt außer dem hier vorliegenden Zweck. Vgl. Mühlenbruch I. § 173. Göſchen Vorleſungen II. 2 § 424.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/307
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/307>, abgerufen am 28.11.2024.