Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.§. 374. III. Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen. Formen unvollständiger Gültigkeit einer Obligation (o), undgehören daher eben so, wie die Regeln über völlige Gültig- keit oder Ungültigkeit dem materiellen Rechte an, nicht dem Prozeßrecht (p). Es ist also ganz inconsequent, beide Ar- ten von Rechtsregeln nach verschiedenen Grundsätzen zu behandeln. Besonders bedenklich aber muß es erscheinen, wenn diese Behandlung auf neuere Gesetzgebungen ange- wendet werden soll, welchen scharf begränzte Begriffe und Kunstausdrücke oft fehlen, worauf allein jene Unterscheidung gegründet werden könnte. Die hier aufgestellte Regel ist also namentlich anzuwen- (o) S. o. B. 4 § 202. 203. Es versteht sich von selbst, daß die hier aufgestellte Regel nur an- wendbar ist auf Einreden, die einen materiellen Rechtsgrund haben (also auf alle peremtorische), nicht auf die, welche blos in Prozeß- vorschriften gegründet sind, und die stets eine nur dilatorische Natur haben. S. o. B. 5 § 227 S. 171. 175. Diese letzten richten sich ge- wiß nach dem am Ort der Klage geltenden Recht, und vielleicht hat die Verwechselung beider Arten da- zu beigetragen, die falsche Lehre zu befestigen. (p) Eichhorn deutsches Recht
§ 36 Note n. Wächter II. S. 401. 402. §. 374. III. Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen. Formen unvollſtändiger Gültigkeit einer Obligation (o), undgehören daher eben ſo, wie die Regeln über völlige Gültig- keit oder Ungültigkeit dem materiellen Rechte an, nicht dem Prozeßrecht (p). Es iſt alſo ganz inconſequent, beide Ar- ten von Rechtsregeln nach verſchiedenen Grundſätzen zu behandeln. Beſonders bedenklich aber muß es erſcheinen, wenn dieſe Behandlung auf neuere Geſetzgebungen ange- wendet werden ſoll, welchen ſcharf begränzte Begriffe und Kunſtausdrücke oft fehlen, worauf allein jene Unterſcheidung gegründet werden könnte. Die hier aufgeſtellte Regel iſt alſo namentlich anzuwen- (o) S. o. B. 4 § 202. 203. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die hier aufgeſtellte Regel nur an- wendbar iſt auf Einreden, die einen materiellen Rechtsgrund haben (alſo auf alle peremtoriſche), nicht auf die, welche blos in Prozeß- vorſchriften gegründet ſind, und die ſtets eine nur dilatoriſche Natur haben. S. o. B. 5 § 227 S. 171. 175. Dieſe letzten richten ſich ge- wiß nach dem am Ort der Klage geltenden Recht, und vielleicht hat die Verwechſelung beider Arten da- zu beigetragen, die falſche Lehre zu befeſtigen. (p) Eichhorn deutſches Recht
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§. 374. III. Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen.
Formen unvollſtändiger Gültigkeit einer Obligation (o), und
gehören daher eben ſo, wie die Regeln über völlige Gültig-
keit oder Ungültigkeit dem materiellen Rechte an, nicht dem
Prozeßrecht (p). Es iſt alſo ganz inconſequent, beide Ar-
ten von Rechtsregeln nach verſchiedenen Grundſätzen zu
behandeln. Beſonders bedenklich aber muß es erſcheinen,
wenn dieſe Behandlung auf neuere Geſetzgebungen ange-
wendet werden ſoll, welchen ſcharf begränzte Begriffe und
Kunſtausdrücke oft fehlen, worauf allein jene Unterſcheidung
gegründet werden könnte.
Die hier aufgeſtellte Regel iſt alſo namentlich anzuwen-
den auf die exceptio non numeratae pecuniae; denn ob-
gleich in dieſer zunächſt von einer eigenthümlichen Beweis-
regel die Rede iſt, die dem Prozeßrecht anzugehören ſcheint,
ſo iſt dieſelbe dennoch ganz in dem materiellen Recht ge-
wiſſer Arten von Obligationen gegründet. Ferner gehört
dahin die exceptio excussionis; imgleichen die auf das
beneficium competentiae gegründete Einrede. — Dagegen
ſind nicht unter dieſe Regel zu beziehen die exceptio Sc.
(o) S. o. B. 4 § 202. 203.
Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die
hier aufgeſtellte Regel nur an-
wendbar iſt auf Einreden, die
einen materiellen Rechtsgrund haben
(alſo auf alle peremtoriſche), nicht
auf die, welche blos in Prozeß-
vorſchriften gegründet ſind, und
die ſtets eine nur dilatoriſche Natur
haben. S. o. B. 5 § 227 S. 171.
175. Dieſe letzten richten ſich ge-
wiß nach dem am Ort der Klage
geltenden Recht, und vielleicht hat
die Verwechſelung beider Arten da-
zu beigetragen, die falſche Lehre
zu befeſtigen.
(p) Eichhorn deutſches Recht
§ 36 Note n. Wächter II.
S. 401. 402.
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/293>, abgerufen am 17.07.2024. |