§. 374. III. Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen.
Vertragsortes, oder des Erfüllungsortes, wenn ein solcher verabredet sey (k). Mehrere aber haben völlig richtig die Aufgabe erkannt, nicht sowohl eine juristische Regel festzu- stellen, als vielmehr die wahre Absicht der Parteien nach den für die Auslegung überhaupt geltenden Grundsätzen für jeden einzelnen Fall zu erforschen (l).
C. Die Gültigkeit einer Obligation ist abhängig theils von formellen, theils von materiellen Bedingungen. Die formellen Bedingungen werden weiter unten, in Ver- bindung mit den bei anderen Rechtsverhältnissen anwend- baren Formen, erwogen werden, da, wo von der Regel: locus regit actum die Rede seyn wird (§ 381). Hier ist für die materiellen Bedingungen der Gültigkeit das örtliche Recht festzustellen, nach welchem sie beurtheilt werden müssen.
Als Regel müssen wir annehmen, daß die Gültigkeit der Obligation abhängt von dem örtlichen Recht, dem die Obligation überhaupt unterworfen ist (§ 372); also, je nach Verschiedenheit der Fälle, von dem Recht des Erfüllungs- ortes, oder des Entstehungsortes der Obligation, oder des Wohnsitzes des Schuldners. Von dieser Regel aber muß eine Ausnahme behauptet werden in allen Fällen, in wel- chen ein am Ort der angestellten Klage geltendes Gesetz von streng positiver, zwingender Natur entgegensteht.
(k) So Story § 272. 280 und die daselbst angeführten Schrift- steller.
(l) So Boullenois a. a. O., besonders p. 494--498, und Wächter a. a. O.
§. 374. III. Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen.
Vertragsortes, oder des Erfüllungsortes, wenn ein ſolcher verabredet ſey (k). Mehrere aber haben völlig richtig die Aufgabe erkannt, nicht ſowohl eine juriſtiſche Regel feſtzu- ſtellen, als vielmehr die wahre Abſicht der Parteien nach den für die Auslegung überhaupt geltenden Grundſätzen für jeden einzelnen Fall zu erforſchen (l).
C. Die Gültigkeit einer Obligation iſt abhängig theils von formellen, theils von materiellen Bedingungen. Die formellen Bedingungen werden weiter unten, in Ver- bindung mit den bei anderen Rechtsverhältniſſen anwend- baren Formen, erwogen werden, da, wo von der Regel: locus regit actum die Rede ſeyn wird (§ 381). Hier iſt für die materiellen Bedingungen der Gültigkeit das örtliche Recht feſtzuſtellen, nach welchem ſie beurtheilt werden müſſen.
Als Regel müſſen wir annehmen, daß die Gültigkeit der Obligation abhängt von dem örtlichen Recht, dem die Obligation überhaupt unterworfen iſt (§ 372); alſo, je nach Verſchiedenheit der Fälle, von dem Recht des Erfüllungs- ortes, oder des Entſtehungsortes der Obligation, oder des Wohnſitzes des Schuldners. Von dieſer Regel aber muß eine Ausnahme behauptet werden in allen Fällen, in wel- chen ein am Ort der angeſtellten Klage geltendes Geſetz von ſtreng poſitiver, zwingender Natur entgegenſteht.
(k) So Story § 272. 280 und die daſelbſt angeführten Schrift- ſteller.
(l) So Boullenois a. a. O., beſonders p. 494—498, und Wächter a. a. O.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0291"n="269"/><fwplace="top"type="header">§. 374. <hirendition="#aq">III.</hi> Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen.</fw><lb/>
Vertragsortes, oder des Erfüllungsortes, wenn ein ſolcher<lb/>
verabredet ſey <noteplace="foot"n="(k)">So <hirendition="#k"><hirendition="#aq">Story</hi></hi> § 272. 280 und die daſelbſt angeführten Schrift-<lb/>ſteller.</note>. Mehrere aber haben völlig richtig die<lb/>
Aufgabe erkannt, nicht ſowohl eine juriſtiſche Regel feſtzu-<lb/>ſtellen, als vielmehr die wahre Abſicht der Parteien nach<lb/>
den für die Auslegung überhaupt geltenden Grundſätzen<lb/>
für jeden einzelnen Fall zu erforſchen <noteplace="foot"n="(l)">So <hirendition="#k"><hirendition="#aq">Boullenois</hi></hi> a. a. O., beſonders <hirendition="#aq">p.</hi> 494—498,<lb/>
und <hirendition="#g">Wächter</hi> a. a. O.</note>.</p><lb/><p><hirendition="#aq">C.</hi> Die <hirendition="#g">Gültigkeit</hi> einer Obligation iſt abhängig<lb/>
theils von formellen, theils von materiellen Bedingungen.<lb/>
Die formellen Bedingungen werden weiter unten, in Ver-<lb/>
bindung mit den bei anderen Rechtsverhältniſſen anwend-<lb/>
baren Formen, erwogen werden, da, wo von der Regel:<lb/><hirendition="#aq">locus regit actum</hi> die Rede ſeyn wird (§ 381). Hier iſt<lb/>
für die materiellen Bedingungen der Gültigkeit das örtliche<lb/>
Recht feſtzuſtellen, nach welchem ſie beurtheilt werden<lb/>
müſſen.</p><lb/><p>Als Regel müſſen wir annehmen, daß die Gültigkeit<lb/>
der Obligation abhängt von dem örtlichen Recht, dem die<lb/>
Obligation überhaupt unterworfen iſt (§ 372); alſo, je nach<lb/>
Verſchiedenheit der Fälle, von dem Recht des Erfüllungs-<lb/>
ortes, oder des Entſtehungsortes der Obligation, oder des<lb/>
Wohnſitzes des Schuldners. Von dieſer Regel aber muß<lb/>
eine Ausnahme behauptet werden in allen Fällen, in wel-<lb/>
chen ein am Ort der angeſtellten Klage geltendes Geſetz<lb/>
von ſtreng poſitiver, zwingender Natur entgegenſteht.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[269/0291]
§. 374. III. Obligationenrecht. Einzelne Rechtsfragen.
Vertragsortes, oder des Erfüllungsortes, wenn ein ſolcher
verabredet ſey (k). Mehrere aber haben völlig richtig die
Aufgabe erkannt, nicht ſowohl eine juriſtiſche Regel feſtzu-
ſtellen, als vielmehr die wahre Abſicht der Parteien nach
den für die Auslegung überhaupt geltenden Grundſätzen
für jeden einzelnen Fall zu erforſchen (l).
C. Die Gültigkeit einer Obligation iſt abhängig
theils von formellen, theils von materiellen Bedingungen.
Die formellen Bedingungen werden weiter unten, in Ver-
bindung mit den bei anderen Rechtsverhältniſſen anwend-
baren Formen, erwogen werden, da, wo von der Regel:
locus regit actum die Rede ſeyn wird (§ 381). Hier iſt
für die materiellen Bedingungen der Gültigkeit das örtliche
Recht feſtzuſtellen, nach welchem ſie beurtheilt werden
müſſen.
Als Regel müſſen wir annehmen, daß die Gültigkeit
der Obligation abhängt von dem örtlichen Recht, dem die
Obligation überhaupt unterworfen iſt (§ 372); alſo, je nach
Verſchiedenheit der Fälle, von dem Recht des Erfüllungs-
ortes, oder des Entſtehungsortes der Obligation, oder des
Wohnſitzes des Schuldners. Von dieſer Regel aber muß
eine Ausnahme behauptet werden in allen Fällen, in wel-
chen ein am Ort der angeſtellten Klage geltendes Geſetz
von ſtreng poſitiver, zwingender Natur entgegenſteht.
(k) So Story § 272. 280 und die daſelbſt angeführten Schrift-
ſteller.
(l) So Boullenois a. a. O., beſonders p. 494—498,
und Wächter a. a. O.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/291>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.