Die Veränderung kann aber auch zweitens liegen auf der Seite des Rechtsverhältnisses, indem, bei unveränderter Rechtsregel, die thatsächlichen Bedingungen des Rechtsver- hältnisses wechseln. Als Beispiel zur Erläuterung kann die Handlungsfähigkeit dienen, die nach dem Recht beur- theilt wird, welches am Wohnsitz der Person gilt. Wenn nun diese Person den Wohnsitz ändert, so kann dadurch das Rechtsverhältniß unter eine neue Rechtsregel fortrücken, und es kann die Frage entstehen, ob die Handlungsfähigkeit von jetzt an nach dem Gesetz des früheren, oder des späteren Wohnsitzes zu beurtheilen ist.
Es ist einleuchtend, daß die Veränderungen dieser zwei- ten Art zugleich in das Gebiet der örtlichen und der zeit- lichen Collision einschlagen. Jedoch ist dabei das örtliche Element vorherrschend, und es ist daher zweckmäßig und räthlich, alle dahin einschlagende Fragen in Verbindung mit den örtlichen Gränzen der Herrschaft abzuhandeln, also in das erste Kapitel mit aufzunehmen (e).
Sonach bleiben für die Untersuchung über die zeitlichen Gränzen der Herrschaft (das zweite Kapitel) nur noch die
(e) Die Erörterung dieser Fragen kommt vor in den §§ 365 (Ende des §), § 366--368, § 370. n. § 372. N. III, § 379. N. 3. -- In andern Lehren kommt diese Frage deswegen nicht vor, weil dabei der Einfluß des an sich veränderlichen thatsächlichen Verhältnisses auf einen bestimmten Zeitpunkt fixirt ist, wodurch die Möglichkeit jedes Zweifels ausgeschlossen wird. So bei dem Erbrecht (§ 374. 377), und bei der Regel: locus regit actum (§ 381).
§ 344. Einleitung.
Die Veränderung kann aber auch zweitens liegen auf der Seite des Rechtsverhältniſſes, indem, bei unveränderter Rechtsregel, die thatſächlichen Bedingungen des Rechtsver- hältniſſes wechſeln. Als Beiſpiel zur Erläuterung kann die Handlungsfähigkeit dienen, die nach dem Recht beur- theilt wird, welches am Wohnſitz der Perſon gilt. Wenn nun dieſe Perſon den Wohnſitz ändert, ſo kann dadurch das Rechtsverhältniß unter eine neue Rechtsregel fortrücken, und es kann die Frage entſtehen, ob die Handlungsfähigkeit von jetzt an nach dem Geſetz des früheren, oder des ſpäteren Wohnſitzes zu beurtheilen iſt.
Es iſt einleuchtend, daß die Veränderungen dieſer zwei- ten Art zugleich in das Gebiet der örtlichen und der zeit- lichen Colliſion einſchlagen. Jedoch iſt dabei das örtliche Element vorherrſchend, und es iſt daher zweckmäßig und räthlich, alle dahin einſchlagende Fragen in Verbindung mit den örtlichen Gränzen der Herrſchaft abzuhandeln, alſo in das erſte Kapitel mit aufzunehmen (e).
Sonach bleiben für die Unterſuchung über die zeitlichen Gränzen der Herrſchaft (das zweite Kapitel) nur noch die
(e) Die Erörterung dieſer Fragen kommt vor in den §§ 365 (Ende des §), § 366—368, § 370. n. § 372. N. III, § 379. N. 3. — In andern Lehren kommt dieſe Frage deswegen nicht vor, weil dabei der Einfluß des an ſich veränderlichen thatſächlichen Verhältniſſes auf einen beſtimmten Zeitpunkt fixirt iſt, wodurch die Möglichkeit jedes Zweifels ausgeſchloſſen wird. So bei dem Erbrecht (§ 374. 377), und bei der Regel: locus regit actum (§ 381).
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§ 344. Einleitung.
Die Veränderung kann aber auch zweitens liegen auf
der Seite des Rechtsverhältniſſes, indem, bei unveränderter
Rechtsregel, die thatſächlichen Bedingungen des Rechtsver-
hältniſſes wechſeln. Als Beiſpiel zur Erläuterung kann
die Handlungsfähigkeit dienen, die nach dem Recht beur-
theilt wird, welches am Wohnſitz der Perſon gilt. Wenn
nun dieſe Perſon den Wohnſitz ändert, ſo kann dadurch das
Rechtsverhältniß unter eine neue Rechtsregel fortrücken, und
es kann die Frage entſtehen, ob die Handlungsfähigkeit von
jetzt an nach dem Geſetz des früheren, oder des ſpäteren
Wohnſitzes zu beurtheilen iſt.
Es iſt einleuchtend, daß die Veränderungen dieſer zwei-
ten Art zugleich in das Gebiet der örtlichen und der zeit-
lichen Colliſion einſchlagen. Jedoch iſt dabei das örtliche
Element vorherrſchend, und es iſt daher zweckmäßig und
räthlich, alle dahin einſchlagende Fragen in Verbindung
mit den örtlichen Gränzen der Herrſchaft abzuhandeln, alſo
in das erſte Kapitel mit aufzunehmen (e).
Sonach bleiben für die Unterſuchung über die zeitlichen
Gränzen der Herrſchaft (das zweite Kapitel) nur noch die
(e) Die Erörterung dieſer
Fragen kommt vor in den §§ 365
(Ende des §), § 366—368, § 370. n.
§ 372. N. III, § 379. N. 3. — In
andern Lehren kommt dieſe Frage
deswegen nicht vor, weil dabei der
Einfluß des an ſich veränderlichen
thatſächlichen Verhältniſſes auf
einen beſtimmten Zeitpunkt fixirt
iſt, wodurch die Möglichkeit jedes
Zweifels ausgeſchloſſen wird. So
bei dem Erbrecht (§ 374. 377), und
bei der Regel: locus regit actum
(§ 381).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/29>, abgerufen am 17.02.2025.
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