Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
1. L. 6 de evict. (21. 2.) "Si fundus venierit, ex consuetudine ejus regionis, in qua negotium gestum est, pro evictione caveri oportet."
2. L. 21 de oblig. et act. (44. 7.) "Contraxisse unusquisque in eo loco intelligitur, in quo, ut solveret, se obligavit."
3. L. 1. 2. 3. de reb. auct. jud. (42. 5.) "Venire bona ibi oportet, ubi quisque defendi debet, id est -- ubi domicilium habet -- aut ubi quisque contraxerit. Contractum autem non utique eo loco intelligitur, quo negotium gestum sit, sed quo solvenda est pecunia."
Diese Stellen werden von den Gegnern auf folgende Weise erklärt. Die erste Stelle, sagen sie, spreche allein vom örtlichen Recht, und wolle bei diesem ausschließend den Ort beachtet wissen, an welchem die obligatorische Hand- lung vorgenommen worden sey (in qua negotium gestum est), wodurch also die Beachtung des Erfüllungsortes ver- neint werde. Die zweite und dritte Stelle dagegen sollen lediglich von dem Gerichtsstand reden, nicht von dem ört- lichen Recht; für den Gerichtsstand aber fordern sie die Beachtung des Contractsorts, und als Contractsort bezeich- nen sie nicht den Ort der obligatorischen Handlung, son- dern den der Erfüllung. So werden, sagen sie, in diesen Stellen der Gerichtsstand und das örtliche Recht scharf un- terschieden, und nach entgegengesetzten Regeln behandelt.
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
1. L. 6 de evict. (21. 2.) „Si fundus venierit, ex consuetudine ejus regionis, in qua negotium gestum est, pro evictione caveri oportet.”
2. L. 21 de oblig. et act. (44. 7.) „Contraxisse unusquisque in eo loco intelligitur, in quo, ut solveret, se obligavit.”
3. L. 1. 2. 3. de reb. auct. jud. (42. 5.) „Venire bona ibi oportet, ubi quisque defendi debet, id est — ubi domicilium habet — aut ubi quisque contraxerit. Contractum autem non utique eo loco intelligitur, quo negotium gestum sit, sed quo solvenda est pecunia.”
Dieſe Stellen werden von den Gegnern auf folgende Weiſe erklärt. Die erſte Stelle, ſagen ſie, ſpreche allein vom örtlichen Recht, und wolle bei dieſem ausſchließend den Ort beachtet wiſſen, an welchem die obligatoriſche Hand- lung vorgenommen worden ſey (in qua negotium gestum est), wodurch alſo die Beachtung des Erfüllungsortes ver- neint werde. Die zweite und dritte Stelle dagegen ſollen lediglich von dem Gerichtsſtand reden, nicht von dem ört- lichen Recht; für den Gerichtsſtand aber fordern ſie die Beachtung des Contractsorts, und als Contractsort bezeich- nen ſie nicht den Ort der obligatoriſchen Handlung, ſon- dern den der Erfüllung. So werden, ſagen ſie, in dieſen Stellen der Gerichtsſtand und das örtliche Recht ſcharf un- terſchieden, und nach entgegengeſetzten Regeln behandelt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0274"n="252"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">III.</hi> Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. <hirendition="#aq">I.</hi> Örtliche Gränzen.</fw><lb/><list><item>1. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 6 <hirendition="#i">de evict.</hi> (21. 2.) „Si fundus venierit,<lb/>
ex consuetudine ejus regionis, in qua negotium<lb/>
gestum est, pro evictione caveri oportet.”</hi></item><lb/><item>2. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 21 <hirendition="#i">de oblig. et act.</hi> (44. 7.) „Contraxisse<lb/>
unusquisque in eo loco intelligitur, in quo, ut<lb/>
solveret, se obligavit.”</hi></item><lb/><item>3. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 1. 2. 3. <hirendition="#i">de reb. auct. jud.</hi> (42. 5.) „Venire<lb/>
bona ibi oportet, ubi quisque defendi debet, id<lb/>
est — ubi domicilium habet — aut ubi quisque<lb/>
contraxerit. Contractum autem non utique eo<lb/>
loco intelligitur, quo negotium gestum sit, sed<lb/>
quo solvenda est pecunia.”</hi></item></list><lb/><p>Dieſe Stellen werden von den Gegnern auf folgende<lb/>
Weiſe erklärt. Die erſte Stelle, ſagen ſie, ſpreche allein<lb/>
vom örtlichen Recht, und wolle bei dieſem ausſchließend<lb/>
den Ort beachtet wiſſen, an welchem die obligatoriſche Hand-<lb/>
lung vorgenommen worden ſey (<hirendition="#aq">in qua negotium gestum<lb/>
est</hi>), wodurch alſo die Beachtung des Erfüllungsortes ver-<lb/>
neint werde. Die zweite und dritte Stelle dagegen ſollen<lb/>
lediglich von dem Gerichtsſtand reden, nicht von dem ört-<lb/>
lichen Recht; für den Gerichtsſtand aber fordern ſie die<lb/>
Beachtung des Contractsorts, und als Contractsort bezeich-<lb/>
nen ſie nicht den Ort der obligatoriſchen Handlung, ſon-<lb/>
dern den der Erfüllung. So werden, ſagen ſie, in dieſen<lb/>
Stellen der Gerichtsſtand und das örtliche Recht ſcharf un-<lb/>
terſchieden, und nach entgegengeſetzten Regeln behandelt.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[252/0274]
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
1. L. 6 de evict. (21. 2.) „Si fundus venierit,
ex consuetudine ejus regionis, in qua negotium
gestum est, pro evictione caveri oportet.”
2. L. 21 de oblig. et act. (44. 7.) „Contraxisse
unusquisque in eo loco intelligitur, in quo, ut
solveret, se obligavit.”
3. L. 1. 2. 3. de reb. auct. jud. (42. 5.) „Venire
bona ibi oportet, ubi quisque defendi debet, id
est — ubi domicilium habet — aut ubi quisque
contraxerit. Contractum autem non utique eo
loco intelligitur, quo negotium gestum sit, sed
quo solvenda est pecunia.”
Dieſe Stellen werden von den Gegnern auf folgende
Weiſe erklärt. Die erſte Stelle, ſagen ſie, ſpreche allein
vom örtlichen Recht, und wolle bei dieſem ausſchließend
den Ort beachtet wiſſen, an welchem die obligatoriſche Hand-
lung vorgenommen worden ſey (in qua negotium gestum
est), wodurch alſo die Beachtung des Erfüllungsortes ver-
neint werde. Die zweite und dritte Stelle dagegen ſollen
lediglich von dem Gerichtsſtand reden, nicht von dem ört-
lichen Recht; für den Gerichtsſtand aber fordern ſie die
Beachtung des Contractsorts, und als Contractsort bezeich-
nen ſie nicht den Ort der obligatoriſchen Handlung, ſon-
dern den der Erfüllung. So werden, ſagen ſie, in dieſen
Stellen der Gerichtsſtand und das örtliche Recht ſcharf un-
terſchieden, und nach entgegengeſetzten Regeln behandelt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/274>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.