Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
einer zu anderen Zwecken, als der Willenserklärung, be-
stimmten Handlung, welche Folgerung stets durch eine ent-
gegengesetzte ausdrückliche Erklärung ausgeschlossen werden
kann (h). Wenn aber Jemand ein Haus verkauft, das
heißt, zu übergeben verspricht, so ist der besondere Umstand,
daß diese Uebergabe gerade da, wo das Haus liegt, gesche-
hen solle, schon in dem Versprechen selbst unmittelbar
enthalten, indem eine Uebergabe an anderem Orte unmög-
lich ist, so daß auch eine entgegengesetzte ausdrückliche
Erklärung über diesen Nebenpunkt völlig widersinnig seyn
würde.



Wir gehen jetzt über zu den weit häufigeren und sehr
mannichfaltigen Fällen, in welchen ein fest bestimmter Er-
füllungsort der Obligation nicht vorhanden ist; diese Fälle
aber werden sich nur beziehen können auf Handlungen, die
ihrer Natur nach überall vorkommen können, also nicht mit
einer bestimmten Oertlichkeit zusammen hängen, weil sonst,
wie so eben gezeigt wurde, eben dieser Zusammenhang den
Erfüllungsort mit sich führen würde. Für alle diese Fälle
nun haben wir zu untersuchen, an welchem Orte von den
Parteien die Erfüllung gedacht und erwartet seyn möge;
diesen Ort haben wir als den wahren Sitz der Obligation
und als ihren besonderen Gerichtsstand zu betrachten, indem

(h) S. o. B. 3 § 131.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
einer zu anderen Zwecken, als der Willenserklärung, be-
ſtimmten Handlung, welche Folgerung ſtets durch eine ent-
gegengeſetzte ausdrückliche Erklärung ausgeſchloſſen werden
kann (h). Wenn aber Jemand ein Haus verkauft, das
heißt, zu übergeben verſpricht, ſo iſt der beſondere Umſtand,
daß dieſe Uebergabe gerade da, wo das Haus liegt, geſche-
hen ſolle, ſchon in dem Verſprechen ſelbſt unmittelbar
enthalten, indem eine Uebergabe an anderem Orte unmög-
lich iſt, ſo daß auch eine entgegengeſetzte ausdrückliche
Erklärung über dieſen Nebenpunkt völlig widerſinnig ſeyn
würde.



Wir gehen jetzt über zu den weit häufigeren und ſehr
mannichfaltigen Fällen, in welchen ein feſt beſtimmter Er-
füllungsort der Obligation nicht vorhanden iſt; dieſe Fälle
aber werden ſich nur beziehen können auf Handlungen, die
ihrer Natur nach überall vorkommen können, alſo nicht mit
einer beſtimmten Oertlichkeit zuſammen hängen, weil ſonſt,
wie ſo eben gezeigt wurde, eben dieſer Zuſammenhang den
Erfüllungsort mit ſich führen würde. Für alle dieſe Fälle
nun haben wir zu unterſuchen, an welchem Orte von den
Parteien die Erfüllung gedacht und erwartet ſeyn möge;
dieſen Ort haben wir als den wahren Sitz der Obligation
und als ihren beſonderen Gerichtsſtand zu betrachten, indem

(h) S. o. B. 3 § 131.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0236" n="214"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">III.</hi> Herr&#x017F;chaft der Rechtsregeln. Kap. <hi rendition="#aq">I.</hi> Örtliche Gränzen.</fw><lb/>
einer zu anderen Zwecken, als der Willenserklärung, be-<lb/>
&#x017F;timmten Handlung, welche Folgerung &#x017F;tets durch eine ent-<lb/>
gegenge&#x017F;etzte ausdrückliche Erklärung ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden<lb/>
kann <note place="foot" n="(h)">S. o. B. 3 § 131.</note>. Wenn aber Jemand ein Haus verkauft, das<lb/>
heißt, zu übergeben ver&#x017F;pricht, &#x017F;o i&#x017F;t der be&#x017F;ondere Um&#x017F;tand,<lb/>
daß die&#x017F;e Uebergabe gerade da, wo das Haus liegt, ge&#x017F;che-<lb/>
hen &#x017F;olle, &#x017F;chon in dem Ver&#x017F;prechen &#x017F;elb&#x017F;t unmittelbar<lb/>
enthalten, indem eine Uebergabe an anderem Orte unmög-<lb/>
lich i&#x017F;t, &#x017F;o daß auch eine entgegenge&#x017F;etzte ausdrückliche<lb/>
Erklärung über die&#x017F;en Nebenpunkt völlig wider&#x017F;innig &#x017F;eyn<lb/>
würde.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Wir gehen jetzt über zu den weit häufigeren und &#x017F;ehr<lb/>
mannichfaltigen Fällen, in welchen ein fe&#x017F;t be&#x017F;timmter Er-<lb/>
füllungsort der Obligation nicht vorhanden i&#x017F;t; die&#x017F;e Fälle<lb/>
aber werden &#x017F;ich nur beziehen können auf Handlungen, die<lb/>
ihrer Natur nach überall vorkommen können, al&#x017F;o nicht mit<lb/>
einer be&#x017F;timmten Oertlichkeit zu&#x017F;ammen hängen, weil &#x017F;on&#x017F;t,<lb/>
wie &#x017F;o eben gezeigt wurde, eben die&#x017F;er Zu&#x017F;ammenhang den<lb/>
Erfüllungsort mit &#x017F;ich führen würde. Für alle die&#x017F;e Fälle<lb/>
nun haben wir zu unter&#x017F;uchen, an welchem Orte von den<lb/>
Parteien die Erfüllung gedacht und erwartet &#x017F;eyn möge;<lb/>
die&#x017F;en Ort haben wir als den wahren Sitz der Obligation<lb/>
und als ihren be&#x017F;onderen Gerichts&#x017F;tand zu betrachten, indem<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0236] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. einer zu anderen Zwecken, als der Willenserklärung, be- ſtimmten Handlung, welche Folgerung ſtets durch eine ent- gegengeſetzte ausdrückliche Erklärung ausgeſchloſſen werden kann (h). Wenn aber Jemand ein Haus verkauft, das heißt, zu übergeben verſpricht, ſo iſt der beſondere Umſtand, daß dieſe Uebergabe gerade da, wo das Haus liegt, geſche- hen ſolle, ſchon in dem Verſprechen ſelbſt unmittelbar enthalten, indem eine Uebergabe an anderem Orte unmög- lich iſt, ſo daß auch eine entgegengeſetzte ausdrückliche Erklärung über dieſen Nebenpunkt völlig widerſinnig ſeyn würde. Wir gehen jetzt über zu den weit häufigeren und ſehr mannichfaltigen Fällen, in welchen ein feſt beſtimmter Er- füllungsort der Obligation nicht vorhanden iſt; dieſe Fälle aber werden ſich nur beziehen können auf Handlungen, die ihrer Natur nach überall vorkommen können, alſo nicht mit einer beſtimmten Oertlichkeit zuſammen hängen, weil ſonſt, wie ſo eben gezeigt wurde, eben dieſer Zuſammenhang den Erfüllungsort mit ſich führen würde. Für alle dieſe Fälle nun haben wir zu unterſuchen, an welchem Orte von den Parteien die Erfüllung gedacht und erwartet ſeyn möge; dieſen Ort haben wir als den wahren Sitz der Obligation und als ihren beſonderen Gerichtsſtand zu betrachten, indem (h) S. o. B. 3 § 131.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/236
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/236>, abgerufen am 23.11.2024.