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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 370. III. Obligationenrecht. Gerichtsstand der Obligation.
nahme, des Mittelpunktes zu den untergeordneten Bestim-
mungen, verkannt und verschoben wurde. Die praktischen
Irrthümer, wozu jener Grundsatz führen konnte, wurden
nun eben abgewendet durch eine Reihe beigefügter Ausnah-
men, die aber den Grundsatz selbst großentheils in bloßen
Schein auflösten (a). -- Nach der oben aufgestellten An-
sicht müssen wir diese Lehre im Ganzen verwerfen, weil
sie eines inneren Grundes, der nur aus dem Wesen der
Obligation entnommen werden könnte, völlig ermangelt.
Was aber an partieller Wahrheit in ihr enthalten ist, wird
in der unten folgenden Lehre seine wahre Stellung finden,
und nach Gebühr anerkannt werden.

Andere Schriftsteller dagegen haben in neuerer Zeit je-
nen Grundsatz aufgegeben, und den Gerichtsstand der Obli-
gation vielmehr an den Erfüllungsort anzuknüpfen versucht.
Mit dieser Grundlage habe ich mich bereits im Allgemeinen
einverstanden erklärt. Der richtige Erfolg dieses Verfah-
rens hängt aber ab von der Art, wie der Erfüllungsort
festgestellt werden soll. Dieses kann zunächst geschehen

(a) Vgl. oben B. 1 Vorrede
S. XLV. -- Jene Stellen sind:
L. 3 de reb. auct. jud. (42. 5),
L. 21 de O. et A.
(44. 7), vor-
züglich aber L. 19 § 2 de jud.
(5. 1), welche allerdings auf den
ersten Blick so aussieht, als wolle
sie so, wie es von den Neueren
zu geschehen pflegt, Regel und
Ausnahme neben einander stellen,
anstatt daß sie in der That nur
versuchsweise einen scheinbar allge-
meinen Satz an die Spitze stellt,
dann aber durch hinzugefügte Be-
schränkungen den Leser dahin führt,
die wahre Regel, die sie nicht un-
mittelbar ausspricht, durch Ab-
straction zu finden; ganz wie es
der Methode der alten Juristen
angemessen ist.
VIII. 14

§. 370. III. Obligationenrecht. Gerichtsſtand der Obligation.
nahme, des Mittelpunktes zu den untergeordneten Beſtim-
mungen, verkannt und verſchoben wurde. Die praktiſchen
Irrthümer, wozu jener Grundſatz führen konnte, wurden
nun eben abgewendet durch eine Reihe beigefügter Ausnah-
men, die aber den Grundſatz ſelbſt großentheils in bloßen
Schein auflöſten (a). — Nach der oben aufgeſtellten An-
ſicht müſſen wir dieſe Lehre im Ganzen verwerfen, weil
ſie eines inneren Grundes, der nur aus dem Weſen der
Obligation entnommen werden könnte, völlig ermangelt.
Was aber an partieller Wahrheit in ihr enthalten iſt, wird
in der unten folgenden Lehre ſeine wahre Stellung finden,
und nach Gebühr anerkannt werden.

Andere Schriftſteller dagegen haben in neuerer Zeit je-
nen Grundſatz aufgegeben, und den Gerichtsſtand der Obli-
gation vielmehr an den Erfüllungsort anzuknüpfen verſucht.
Mit dieſer Grundlage habe ich mich bereits im Allgemeinen
einverſtanden erklärt. Der richtige Erfolg dieſes Verfah-
rens hängt aber ab von der Art, wie der Erfüllungsort
feſtgeſtellt werden ſoll. Dieſes kann zunächſt geſchehen

(a) Vgl. oben B. 1 Vorrede
S. XLV. — Jene Stellen ſind:
L. 3 de reb. auct. jud. (42. 5),
L. 21 de O. et A.
(44. 7), vor-
züglich aber L. 19 § 2 de jud.
(5. 1), welche allerdings auf den
erſten Blick ſo ausſieht, als wolle
ſie ſo, wie es von den Neueren
zu geſchehen pflegt, Regel und
Ausnahme neben einander ſtellen,
anſtatt daß ſie in der That nur
verſuchsweiſe einen ſcheinbar allge-
meinen Satz an die Spitze ſtellt,
dann aber durch hinzugefügte Be-
ſchränkungen den Leſer dahin führt,
die wahre Regel, die ſie nicht un-
mittelbar ausſpricht, durch Ab-
ſtraction zu finden; ganz wie es
der Methode der alten Juriſten
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VIII. 14
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[209/0231] §. 370. III. Obligationenrecht. Gerichtsſtand der Obligation. nahme, des Mittelpunktes zu den untergeordneten Beſtim- mungen, verkannt und verſchoben wurde. Die praktiſchen Irrthümer, wozu jener Grundſatz führen konnte, wurden nun eben abgewendet durch eine Reihe beigefügter Ausnah- men, die aber den Grundſatz ſelbſt großentheils in bloßen Schein auflöſten (a). — Nach der oben aufgeſtellten An- ſicht müſſen wir dieſe Lehre im Ganzen verwerfen, weil ſie eines inneren Grundes, der nur aus dem Weſen der Obligation entnommen werden könnte, völlig ermangelt. Was aber an partieller Wahrheit in ihr enthalten iſt, wird in der unten folgenden Lehre ſeine wahre Stellung finden, und nach Gebühr anerkannt werden. Andere Schriftſteller dagegen haben in neuerer Zeit je- nen Grundſatz aufgegeben, und den Gerichtsſtand der Obli- gation vielmehr an den Erfüllungsort anzuknüpfen verſucht. Mit dieſer Grundlage habe ich mich bereits im Allgemeinen einverſtanden erklärt. Der richtige Erfolg dieſes Verfah- rens hängt aber ab von der Art, wie der Erfüllungsort feſtgeſtellt werden ſoll. Dieſes kann zunächſt geſchehen (a) Vgl. oben B. 1 Vorrede S. XLV. — Jene Stellen ſind: L. 3 de reb. auct. jud. (42. 5), L. 21 de O. et A. (44. 7), vor- züglich aber L. 19 § 2 de jud. (5. 1), welche allerdings auf den erſten Blick ſo ausſieht, als wolle ſie ſo, wie es von den Neueren zu geſchehen pflegt, Regel und Ausnahme neben einander ſtellen, anſtatt daß ſie in der That nur verſuchsweiſe einen ſcheinbar allge- meinen Satz an die Spitze ſtellt, dann aber durch hinzugefügte Be- ſchränkungen den Leſer dahin führt, die wahre Regel, die ſie nicht un- mittelbar ausſpricht, durch Ab- ſtraction zu finden; ganz wie es der Methode der alten Juriſten angemeſſen iſt. VIII. 14

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/231>, abgerufen am 25.11.2024.