§. 364. I.Zustand der Person an sich. (Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit.) (Fortsetzung.)
Es ist bisher der Grundsatz durchgeführt worden, daß der persönliche Zustand an sich, der vorzugsweise in der Handlungsfähigkeit besteht, nach dem an dem Wohnsitz der Person geltenden örtlichen Rechte beurtheilt werden müsse. Diesem Grundsatz aber werden nicht selten von Denen, die ihn im Allgemeinen anerkennen, mancherlei Ein- schränkungen an die Seite gestellt, die nunmehr zu prüfen sind, und die theilweise die Natur wahrer Ausnahmen an sich tragen, anstatt daß andere nur auf der Anerkennung natürlicher Gränzen beruhen, die nur vielleicht verkannt werden möchten. Diese Einschränkungen werden hier theils als gegründet angenommen, theils aber verworfen werden müssen.
Von manchen Seiten wird ein Unterschied behauptet zwischen einer allgemeinen und besonderen Fähigkeit und Unfähigkeit zu juristischen Handlungen. Die erste soll sich auf Rechtsgeschäfte aller Art beziehen, und dabei soll das örtliche Recht des Wohnsitzes zur Anwendung kommen; die zweite soll nur auf bestimmte, einzelne Rechtsgeschäfte gehen, und dabei soll nicht das Recht des Wohnsitzes an- wendbar sein, sondern dasjenige örtliche Recht, in dessen
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§. 364. I. Zuſtand der Perſon an ſich. (Fortſ.)
§. 364. I.Zuſtand der Perſon an ſich. (Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit.) (Fortſetzung.)
Es iſt bisher der Grundſatz durchgeführt worden, daß der perſönliche Zuſtand an ſich, der vorzugsweiſe in der Handlungsfähigkeit beſteht, nach dem an dem Wohnſitz der Perſon geltenden örtlichen Rechte beurtheilt werden müſſe. Dieſem Grundſatz aber werden nicht ſelten von Denen, die ihn im Allgemeinen anerkennen, mancherlei Ein- ſchränkungen an die Seite geſtellt, die nunmehr zu prüfen ſind, und die theilweiſe die Natur wahrer Ausnahmen an ſich tragen, anſtatt daß andere nur auf der Anerkennung natürlicher Gränzen beruhen, die nur vielleicht verkannt werden möchten. Dieſe Einſchränkungen werden hier theils als gegründet angenommen, theils aber verworfen werden müſſen.
Von manchen Seiten wird ein Unterſchied behauptet zwiſchen einer allgemeinen und beſonderen Fähigkeit und Unfähigkeit zu juriſtiſchen Handlungen. Die erſte ſoll ſich auf Rechtsgeſchäfte aller Art beziehen, und dabei ſoll das örtliche Recht des Wohnſitzes zur Anwendung kommen; die zweite ſoll nur auf beſtimmte, einzelne Rechtsgeſchäfte gehen, und dabei ſoll nicht das Recht des Wohnſitzes an- wendbar ſein, ſondern dasjenige örtliche Recht, in deſſen
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§. 364. I. Zuſtand der Perſon an ſich. (Fortſ.)
§. 364.
I. Zuſtand der Perſon an ſich. (Rechtsfähigkeit und
Handlungsfähigkeit.) (Fortſetzung.)
Es iſt bisher der Grundſatz durchgeführt worden, daß
der perſönliche Zuſtand an ſich, der vorzugsweiſe in der
Handlungsfähigkeit beſteht, nach dem an dem Wohnſitz
der Perſon geltenden örtlichen Rechte beurtheilt werden
müſſe. Dieſem Grundſatz aber werden nicht ſelten von
Denen, die ihn im Allgemeinen anerkennen, mancherlei Ein-
ſchränkungen an die Seite geſtellt, die nunmehr zu prüfen
ſind, und die theilweiſe die Natur wahrer Ausnahmen an
ſich tragen, anſtatt daß andere nur auf der Anerkennung
natürlicher Gränzen beruhen, die nur vielleicht verkannt
werden möchten. Dieſe Einſchränkungen werden hier theils
als gegründet angenommen, theils aber verworfen werden
müſſen.
Von manchen Seiten wird ein Unterſchied behauptet
zwiſchen einer allgemeinen und beſonderen Fähigkeit
und Unfähigkeit zu juriſtiſchen Handlungen. Die erſte ſoll
ſich auf Rechtsgeſchäfte aller Art beziehen, und dabei ſoll
das örtliche Recht des Wohnſitzes zur Anwendung kommen;
die zweite ſoll nur auf beſtimmte, einzelne Rechtsgeſchäfte
gehen, und dabei ſoll nicht das Recht des Wohnſitzes an-
wendbar ſein, ſondern dasjenige örtliche Recht, in deſſen
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/169>, abgerufen am 22.12.2024.
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