Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. stehenden Rechtsverhältnisse in der Regel ausschließt (l).Ein neuerer Schriftsteller giebt dieser Ansicht folgenden sehr angemessenen Ausdruck. Wir wollen einräumen, sagt er, daß jeder Richter zunächst die Gesetze seines Landes anzu- wenden habe. Aber er soll sie doch gewiß nur anwenden auf die Personen und die Fälle, für welche sie gegeben sind; ob nun aber der Gesetzgeber sein Gesetz hat gelten lassen wollen für die an sich zweideutigen Rechtsverhältnisse, bei welchen eine Collision örtlicher Rechte eintritt, dieses her- auszufinden (sagt jener Schriftsteller), ist der allein schwie- rige Punkt (m). Wenn wir nun die oben angeregte Frage unbefangen Erkennen wir aber diesen vorherrschenden Gesichtspunkt (l) Diesen Gesichtspunkt er- kennt auch der Vertheidiger des hier zu prüfenden Grundsatzes, als wahr an. Wächter I. S. 262. 265. (m) Thöl Handelsrecht B. 1
S. 28. Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. ſtehenden Rechtsverhältniſſe in der Regel ausſchließt (l).Ein neuerer Schriftſteller giebt dieſer Anſicht folgenden ſehr angemeſſenen Ausdruck. Wir wollen einräumen, ſagt er, daß jeder Richter zunächſt die Geſetze ſeines Landes anzu- wenden habe. Aber er ſoll ſie doch gewiß nur anwenden auf die Perſonen und die Fälle, für welche ſie gegeben ſind; ob nun aber der Geſetzgeber ſein Geſetz hat gelten laſſen wollen für die an ſich zweideutigen Rechtsverhältniſſe, bei welchen eine Colliſion örtlicher Rechte eintritt, dieſes her- auszufinden (ſagt jener Schriftſteller), iſt der allein ſchwie- rige Punkt (m). Wenn wir nun die oben angeregte Frage unbefangen Erkennen wir aber dieſen vorherrſchenden Geſichtspunkt (l) Dieſen Geſichtspunkt er- kennt auch der Vertheidiger des hier zu prüfenden Grundſatzes, als wahr an. Wächter I. S. 262. 265. (m) Thöl Handelsrecht B. 1
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
ſtehenden Rechtsverhältniſſe in der Regel ausſchließt (l).
Ein neuerer Schriftſteller giebt dieſer Anſicht folgenden ſehr
angemeſſenen Ausdruck. Wir wollen einräumen, ſagt er,
daß jeder Richter zunächſt die Geſetze ſeines Landes anzu-
wenden habe. Aber er ſoll ſie doch gewiß nur anwenden
auf die Perſonen und die Fälle, für welche ſie gegeben ſind;
ob nun aber der Geſetzgeber ſein Geſetz hat gelten laſſen
wollen für die an ſich zweideutigen Rechtsverhältniſſe, bei
welchen eine Colliſion örtlicher Rechte eintritt, dieſes her-
auszufinden (ſagt jener Schriftſteller), iſt der allein ſchwie-
rige Punkt (m).
Wenn wir nun die oben angeregte Frage unbefangen
erwägen, ſo müſſen wir uns überzeugen, daß der vorherr-
ſchende Geſichtspunkt der neueren Geſetzgebung und Praxis
nicht in der eiferſüchtigen Handhabung der ausſchließenden
eigenen Herrſchaft beſteht, ja daß ſie vielmehr gerade um-
gekehrt auf die Förderung einer wahren Rechtsgemeinſchaft
gerichtet iſt, alſo auf die Beurtheilung der Colliſionsfälle
nach dem inneren Weſen und Bedürfniß eines jeden ein-
zelnen Rechtsverhältniſſes, ohne Rückſicht auf die Gränzen
der Staaten und ihrer Rechtsgebiete (§ 348).
Erkennen wir aber dieſen vorherrſchenden Geſichtspunkt
der neueren Rechtsentwickelung (in Geſetzgebung und
(l) Dieſen Geſichtspunkt er-
kennt auch der Vertheidiger des
hier zu prüfenden Grundſatzes,
als wahr an. Wächter I. S. 262.
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