Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. Jahrhunderte bei den Schriftstellern, in der gerichtlichenPraxis, und selbst in der Gesetzgebung verschiedener Na- tionen erscheint, so erscheint uns darin eine unverkennbare Umänderung, und zwar ein Fortschritt, nach einer und der- selben Richtung hin. In früherer Zeit war eine scharfe Absonderung der einzelnen Staaten gegen einander vor- herrschend, an deren Stelle im Laufe der Zeit eine stets wachsende Annäherung getreten ist. Uebereinstimmend damit hat sich auch unter den Schriftstellern der verschiedenen Nationen eine merkliche Verminderung der früheren Mei- nungsverschiedenheiten gezeigt. Von dieser veränderten Richtung geben zwei schon oben (§ 348) bemerkte That- sachen Zeugniß: die stets allgemeiner anerkannte gleiche Rechtsfähigkeit unter Inländern und Ausländern, so wie das zunehmende Einverständniß über manche Sätze eines allgemeinen Gewohnheitsrechts über unsere Fragen. Wird diese bereits angefangene Entwickelung des Rechts nicht durch unvorhergesehene äußere Umstände gestört, so läßt sich erwarten, daß sie zuletzt zu einer völlig übereinstim- menden Behandlung unserer Lehre in allen Staaten führen wird. Eine solche Uebereinstimmung könnte herbeigeführt werden auf dem Wege der Wissenschaft und der durch diese geleiteten Praxis der Gerichte. Sie könnte auch bewirkt werden durch ein unter allen Staaten vereinbartes Gesetz über die Collision der örtlichen Rechte. Ich sage nicht, daß ein solches wahrscheinlich wäre, oder auch nur räthlicher und heilsamer, als die blos wissenschaftliche Vereinbarung. Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. Jahrhunderte bei den Schriftſtellern, in der gerichtlichenPraxis, und ſelbſt in der Geſetzgebung verſchiedener Na- tionen erſcheint, ſo erſcheint uns darin eine unverkennbare Umänderung, und zwar ein Fortſchritt, nach einer und der- ſelben Richtung hin. In früherer Zeit war eine ſcharfe Abſonderung der einzelnen Staaten gegen einander vor- herrſchend, an deren Stelle im Laufe der Zeit eine ſtets wachſende Annäherung getreten iſt. Uebereinſtimmend damit hat ſich auch unter den Schriftſtellern der verſchiedenen Nationen eine merkliche Verminderung der früheren Mei- nungsverſchiedenheiten gezeigt. Von dieſer veränderten Richtung geben zwei ſchon oben (§ 348) bemerkte That- ſachen Zeugniß: die ſtets allgemeiner anerkannte gleiche Rechtsfähigkeit unter Inländern und Ausländern, ſo wie das zunehmende Einverſtändniß über manche Sätze eines allgemeinen Gewohnheitsrechts über unſere Fragen. Wird dieſe bereits angefangene Entwickelung des Rechts nicht durch unvorhergeſehene äußere Umſtände geſtört, ſo läßt ſich erwarten, daß ſie zuletzt zu einer völlig übereinſtim- menden Behandlung unſerer Lehre in allen Staaten führen wird. Eine ſolche Uebereinſtimmung könnte herbeigeführt werden auf dem Wege der Wiſſenſchaft und der durch dieſe geleiteten Praxis der Gerichte. Sie könnte auch bewirkt werden durch ein unter allen Staaten vereinbartes Geſetz über die Colliſion der örtlichen Rechte. Ich ſage nicht, daß ein ſolches wahrſcheinlich wäre, oder auch nur räthlicher und heilſamer, als die blos wiſſenſchaftliche Vereinbarung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0136" n="114"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">III.</hi> Herrſchaft der Rechtsregeln. 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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Jahrhunderte bei den Schriftſtellern, in der gerichtlichen
Praxis, und ſelbſt in der Geſetzgebung verſchiedener Na-
tionen erſcheint, ſo erſcheint uns darin eine unverkennbare
Umänderung, und zwar ein Fortſchritt, nach einer und der-
ſelben Richtung hin. In früherer Zeit war eine ſcharfe
Abſonderung der einzelnen Staaten gegen einander vor-
herrſchend, an deren Stelle im Laufe der Zeit eine ſtets
wachſende Annäherung getreten iſt. Uebereinſtimmend damit
hat ſich auch unter den Schriftſtellern der verſchiedenen
Nationen eine merkliche Verminderung der früheren Mei-
nungsverſchiedenheiten gezeigt. Von dieſer veränderten
Richtung geben zwei ſchon oben (§ 348) bemerkte That-
ſachen Zeugniß: die ſtets allgemeiner anerkannte gleiche
Rechtsfähigkeit unter Inländern und Ausländern, ſo wie
das zunehmende Einverſtändniß über manche Sätze eines
allgemeinen Gewohnheitsrechts über unſere Fragen. Wird
dieſe bereits angefangene Entwickelung des Rechts nicht
durch unvorhergeſehene äußere Umſtände geſtört, ſo läßt
ſich erwarten, daß ſie zuletzt zu einer völlig übereinſtim-
menden Behandlung unſerer Lehre in allen Staaten führen
wird. Eine ſolche Uebereinſtimmung könnte herbeigeführt
werden auf dem Wege der Wiſſenſchaft und der durch dieſe
geleiteten Praxis der Gerichte. Sie könnte auch bewirkt
werden durch ein unter allen Staaten vereinbartes Geſetz
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