Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.§. 360. Uebergang zu den einzelnen Rechtsverhältnissen. Adels und mancher Korporationen, ihre eigenen Verhält-nisse durch eine Art innerer Gesetzgebung selbstständig zu ordnen (b). Hier ist der Ausdruck nicht wohl zu entbehren, und er wird in seiner eigenthümlichen Bedeutung nur ge- schwächt durch die überflüssige Anwendung auf die ganz ungleichartigen Verhältnisse unserer Lehre, welche an Klar- heit und Bestimmtheit dadurch gar Nichts gewinnt. Wollte man diese Anwendung etwa dadurch zu rechtfertigen suchen, daß sich auch hier die Parteien einem (schon bestehenden) Rechte unterwerfen, in diesem Sinne also sich selbst ein Gesetz geben, so gilt ja Dasselbe in noch höherem Grade von der freien Wahl des Wohnsitzes, und doch denkt Niemand daran, die Wahl des Wohnsitzes als Ausfluß der Autonomie zu bezeichnen. -- Hiernach scheint es gerathen, bei der freien Unterwerfung unter irgend ein örtliches Recht, eben so wie bei der Wahl des Wohnsitzes, und bei den unzähligen anderen freien Handlungen, woraus rechtliche Folgen entspringen, den Namen der Autonomie zu ver- meiden (c). 3. Wenn wir die Behandlung der hier vorliegenden (b) Eichhorn deutsches Recht §. 20. 25. 30, Rechtsgeschichte B. 2 § 346. -- Phillips deut- sches Recht B. 1 S. 89 B. 2 S. 73. -- Puchta Gewohnheits- recht B. 1 S. 155--160 B. 2 S. 107. (c) Vgl. auch Puchta Gewohn- heitsrecht B. 1 S. 158, B. 2 S. 107 Es liegt bei dem hier getadelten Sprachgebrauch eine ähnliche Ver- wechselung zum Grunde, wie die, durch welche die Entstehungsgründe der Rechtsverhältnisse mit den Rechtsquellen zusammengestellt wer- den, s. o. B. 1 § 6 Note b. VIII. 8
§. 360. Uebergang zu den einzelnen Rechtsverhältniſſen. Adels und mancher Korporationen, ihre eigenen Verhält-niſſe durch eine Art innerer Geſetzgebung ſelbſtſtändig zu ordnen (b). Hier iſt der Ausdruck nicht wohl zu entbehren, und er wird in ſeiner eigenthümlichen Bedeutung nur ge- ſchwächt durch die überflüſſige Anwendung auf die ganz ungleichartigen Verhältniſſe unſerer Lehre, welche an Klar- heit und Beſtimmtheit dadurch gar Nichts gewinnt. Wollte man dieſe Anwendung etwa dadurch zu rechtfertigen ſuchen, daß ſich auch hier die Parteien einem (ſchon beſtehenden) Rechte unterwerfen, in dieſem Sinne alſo ſich ſelbſt ein Geſetz geben, ſo gilt ja Daſſelbe in noch höherem Grade von der freien Wahl des Wohnſitzes, und doch denkt Niemand daran, die Wahl des Wohnſitzes als Ausfluß der Autonomie zu bezeichnen. — Hiernach ſcheint es gerathen, bei der freien Unterwerfung unter irgend ein örtliches Recht, eben ſo wie bei der Wahl des Wohnſitzes, und bei den unzähligen anderen freien Handlungen, woraus rechtliche Folgen entſpringen, den Namen der Autonomie zu ver- meiden (c). 3. Wenn wir die Behandlung der hier vorliegenden (b) Eichhorn deutſches Recht §. 20. 25. 30, Rechtsgeſchichte B. 2 § 346. — Phillips deut- ſches Recht B. 1 S. 89 B. 2 S. 73. — Puchta Gewohnheits- recht B. 1 S. 155—160 B. 2 S. 107. (c) Vgl. auch Puchta Gewohn- heitsrecht B. 1 S. 158, B. 2 S. 107 Es liegt bei dem hier getadelten Sprachgebrauch eine ähnliche Ver- wechſelung zum Grunde, wie die, durch welche die Entſtehungsgründe der Rechtsverhältniſſe mit den Rechtsquellen zuſammengeſtellt wer- den, ſ. o. B. 1 § 6 Note b. VIII. 8
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0135" n="113"/><fw place="top" type="header">§. 360. Uebergang zu den einzelnen Rechtsverhältniſſen.</fw><lb/> Adels und mancher Korporationen, ihre eigenen Verhält-<lb/> niſſe durch eine Art innerer Geſetzgebung ſelbſtſtändig zu<lb/> ordnen <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#g">Eichhorn</hi> deutſches Recht<lb/> §. 20. 25. 30, Rechtsgeſchichte<lb/> B. 2 § 346. — <hi rendition="#g">Phillips</hi> deut-<lb/> ſches Recht B. 1 S. 89 B. 2<lb/> S. 73. — <hi rendition="#g">Puchta</hi> Gewohnheits-<lb/> recht B. 1 S. 155—160 B. 2<lb/> S. 107.</note>. Hier iſt der Ausdruck nicht wohl zu entbehren,<lb/> und er wird in ſeiner eigenthümlichen Bedeutung nur ge-<lb/> ſchwächt durch die überflüſſige Anwendung auf die ganz<lb/> ungleichartigen Verhältniſſe unſerer Lehre, welche an Klar-<lb/> heit und Beſtimmtheit dadurch gar Nichts gewinnt. Wollte<lb/> man dieſe Anwendung etwa dadurch zu rechtfertigen ſuchen,<lb/> daß ſich auch hier die Parteien einem (ſchon beſtehenden)<lb/> Rechte unterwerfen, in dieſem Sinne alſo ſich ſelbſt ein<lb/> Geſetz geben, ſo gilt ja Daſſelbe in noch höherem Grade<lb/> von der freien Wahl des Wohnſitzes, und doch denkt<lb/> Niemand daran, die Wahl des Wohnſitzes als Ausfluß der<lb/> Autonomie zu bezeichnen. — Hiernach ſcheint es gerathen,<lb/> bei der freien Unterwerfung unter irgend ein örtliches Recht,<lb/> eben ſo wie bei der Wahl des Wohnſitzes, und bei den<lb/> unzähligen anderen freien Handlungen, woraus rechtliche<lb/> Folgen entſpringen, den Namen der Autonomie zu ver-<lb/> meiden <note place="foot" n="(c)">Vgl. auch <hi rendition="#g">Puchta</hi> Gewohn-<lb/> heitsrecht B. 1 S. 158, B. 2 S. 107<lb/> Es liegt bei dem hier getadelten<lb/> Sprachgebrauch eine ähnliche Ver-<lb/> wechſelung zum Grunde, wie die,<lb/> durch welche die Entſtehungsgründe<lb/> der Rechtsverhältniſſe mit den<lb/> Rechtsquellen zuſammengeſtellt wer-<lb/> den, ſ. o. B. 1 § 6 Note <hi rendition="#aq">b.</hi></note>.</p><lb/> <p>3. Wenn wir die Behandlung der hier vorliegenden<lb/> Fragen im Großen betrachten, wie ſie im Laufe mehrerer<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> 8</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0135]
§. 360. Uebergang zu den einzelnen Rechtsverhältniſſen.
Adels und mancher Korporationen, ihre eigenen Verhält-
niſſe durch eine Art innerer Geſetzgebung ſelbſtſtändig zu
ordnen (b). Hier iſt der Ausdruck nicht wohl zu entbehren,
und er wird in ſeiner eigenthümlichen Bedeutung nur ge-
ſchwächt durch die überflüſſige Anwendung auf die ganz
ungleichartigen Verhältniſſe unſerer Lehre, welche an Klar-
heit und Beſtimmtheit dadurch gar Nichts gewinnt. Wollte
man dieſe Anwendung etwa dadurch zu rechtfertigen ſuchen,
daß ſich auch hier die Parteien einem (ſchon beſtehenden)
Rechte unterwerfen, in dieſem Sinne alſo ſich ſelbſt ein
Geſetz geben, ſo gilt ja Daſſelbe in noch höherem Grade
von der freien Wahl des Wohnſitzes, und doch denkt
Niemand daran, die Wahl des Wohnſitzes als Ausfluß der
Autonomie zu bezeichnen. — Hiernach ſcheint es gerathen,
bei der freien Unterwerfung unter irgend ein örtliches Recht,
eben ſo wie bei der Wahl des Wohnſitzes, und bei den
unzähligen anderen freien Handlungen, woraus rechtliche
Folgen entſpringen, den Namen der Autonomie zu ver-
meiden (c).
3. Wenn wir die Behandlung der hier vorliegenden
Fragen im Großen betrachten, wie ſie im Laufe mehrerer
(b) Eichhorn deutſches Recht
§. 20. 25. 30, Rechtsgeſchichte
B. 2 § 346. — Phillips deut-
ſches Recht B. 1 S. 89 B. 2
S. 73. — Puchta Gewohnheits-
recht B. 1 S. 155—160 B. 2
S. 107.
(c) Vgl. auch Puchta Gewohn-
heitsrecht B. 1 S. 158, B. 2 S. 107
Es liegt bei dem hier getadelten
Sprachgebrauch eine ähnliche Ver-
wechſelung zum Grunde, wie die,
durch welche die Entſtehungsgründe
der Rechtsverhältniſſe mit den
Rechtsquellen zuſammengeſtellt wer-
den, ſ. o. B. 1 § 6 Note b.
VIII. 8
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |