Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 359. Origo und domicilium nach heutigem Recht. (Forts.)
Wohnsitz zusammen fällt, den zu dieser Zeit der Vater
hat (n).

Dieses nun ist die origo im Sinne unsers neueren
Rechts, und so ist auch die Sache, bei Gelegenheit des
forum originis, von besonnenen Rechtslehrern stets auf-
gefaßt worden (o), obgleich dabei oft die Verwechslung mit
dem bloßen Geburtsort (§ 350. a), oft auch eine unklare Vor-
stellung von dem Verhältniß dieses Begriffs zu dem Römischen
Begriff von origo, der richtigen Einsicht hinderlich gewesen
ist. Um in dieser letzten Beziehung jeder künftigen Ver-
wechslung sicherer vorzubeugen, will ich den Unterschied,
wie er aus der ganzen bisher geführten Untersuchung her-
vorgeht, hier kurz zusammenstellen. Die Römer nennen origo
das durch die Geburt eines Menschen erworbene Stadt-
bürgerrecht desselben. Wir nennen origo die Fiction des
Wohnsitzes eines Menschen an dem Ort, an welchem zur
Zeit der Geburt desselben der Wohnsitz des Vaters ge-
wesen ist.


(n) S. o. § 353. t. (mit der
daselbst hinzugefügten näheren Be-
stimmung). -- Mit dieser Ent-
scheidung stimmt überein Voetius
V.
1 § 92 (am Ende des §), der
auch den richtigen Grund angiebt.
-- Meier de conflictu legum
p.
14 will auf den Geburtsort
sehen, der aber als solcher ganz
gleichgültig ist. Thatsächlich wer-
den freilich beide Orte meist zu-
sammen treffen.
(o) Auch die Preußische Ge-
setzgebung faßt die Sache richtig
in diesem Sinne auf. Zwar ist
in dem A. L. R. Einl. § 25 der
Ausdruck: "Ort der Herkunft" un-
bestimmt, und könnte von dem
bloßen Geburtsort verstanden wer-
den. Allein die Allg. Ger. Ordn. I.
2 § 17. 18 erklärt die Herkunft
und das forum originis ganz
ausdrücklich von dem Gerichts-
stand der Eltern
.

§. 359. Origo und domicilium nach heutigem Recht. (Fortſ.)
Wohnſitz zuſammen fällt, den zu dieſer Zeit der Vater
hat (n).

Dieſes nun iſt die origo im Sinne unſers neueren
Rechts, und ſo iſt auch die Sache, bei Gelegenheit des
forum originis, von beſonnenen Rechtslehrern ſtets auf-
gefaßt worden (o), obgleich dabei oft die Verwechslung mit
dem bloßen Geburtsort (§ 350. a), oft auch eine unklare Vor-
ſtellung von dem Verhältniß dieſes Begriffs zu dem Römiſchen
Begriff von origo, der richtigen Einſicht hinderlich geweſen
iſt. Um in dieſer letzten Beziehung jeder künftigen Ver-
wechslung ſicherer vorzubeugen, will ich den Unterſchied,
wie er aus der ganzen bisher geführten Unterſuchung her-
vorgeht, hier kurz zuſammenſtellen. Die Römer nennen origo
das durch die Geburt eines Menſchen erworbene Stadt-
bürgerrecht deſſelben. Wir nennen origo die Fiction des
Wohnſitzes eines Menſchen an dem Ort, an welchem zur
Zeit der Geburt deſſelben der Wohnſitz des Vaters ge-
weſen iſt.


(n) S. o. § 353. t. (mit der
daſelbſt hinzugefügten näheren Be-
ſtimmung). — Mit dieſer Ent-
ſcheidung ſtimmt überein Voetius
V.
1 § 92 (am Ende des §), der
auch den richtigen Grund angiebt.
Meier de conflictu legum
p.
14 will auf den Geburtsort
ſehen, der aber als ſolcher ganz
gleichgültig iſt. Thatſächlich wer-
den freilich beide Orte meiſt zu-
ſammen treffen.
(o) Auch die Preußiſche Ge-
ſetzgebung faßt die Sache richtig
in dieſem Sinne auf. Zwar iſt
in dem A. L. R. Einl. § 25 der
Ausdruck: „Ort der Herkunft“ un-
beſtimmt, und könnte von dem
bloßen Geburtsort verſtanden wer-
den. Allein die Allg. Ger. Ordn. I.
2 § 17. 18 erklärt die Herkunft
und das forum originis ganz
ausdrücklich von dem Gerichts-
ſtand der Eltern
.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0125" n="103"/><fw place="top" type="header">§. 359. <hi rendition="#aq">Origo</hi> und <hi rendition="#aq">domicilium</hi> nach heutigem Recht. (Fort&#x017F;.)</fw><lb/>
Wohn&#x017F;itz zu&#x017F;ammen fällt, den zu die&#x017F;er Zeit der Vater<lb/>
hat <note place="foot" n="(n)">S. o. § 353. <hi rendition="#aq">t.</hi> (mit der<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t hinzugefügten näheren Be-<lb/>
&#x017F;timmung). &#x2014; Mit die&#x017F;er Ent-<lb/>
&#x017F;cheidung &#x017F;timmt überein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Voetius</hi><lb/>
V.</hi> 1 § 92 (am Ende des §), der<lb/>
auch den richtigen Grund angiebt.<lb/>
&#x2014; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Meier</hi> de conflictu legum<lb/>
p.</hi> 14 will auf den Geburtsort<lb/>
&#x017F;ehen, der aber als &#x017F;olcher ganz<lb/>
gleichgültig i&#x017F;t. That&#x017F;ächlich wer-<lb/>
den freilich beide Orte mei&#x017F;t zu-<lb/>
&#x017F;ammen treffen.</note>.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;es nun i&#x017F;t die <hi rendition="#aq">origo</hi> im Sinne un&#x017F;ers neueren<lb/>
Rechts, und &#x017F;o i&#x017F;t auch die Sache, bei Gelegenheit des<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">forum</hi> originis,</hi> von be&#x017F;onnenen Rechtslehrern &#x017F;tets auf-<lb/>
gefaßt worden <note place="foot" n="(o)">Auch die Preußi&#x017F;che Ge-<lb/>
&#x017F;etzgebung faßt die Sache richtig<lb/>
in die&#x017F;em Sinne auf. Zwar i&#x017F;t<lb/>
in dem A. L. R. Einl. § 25 der<lb/>
Ausdruck: &#x201E;Ort der Herkunft&#x201C; un-<lb/>
be&#x017F;timmt, und könnte von dem<lb/>
bloßen Geburtsort ver&#x017F;tanden wer-<lb/>
den. Allein die Allg. Ger. Ordn. <hi rendition="#aq">I.</hi><lb/>
2 § 17. 18 erklärt die Herkunft<lb/>
und das <hi rendition="#aq">forum originis</hi> ganz<lb/>
ausdrücklich von dem <hi rendition="#g">Gerichts-<lb/>
&#x017F;tand der Eltern</hi>.</note>, obgleich dabei oft die Verwechslung mit<lb/>
dem bloßen Geburtsort (§ 350. <hi rendition="#aq">a</hi>), oft auch eine unklare Vor-<lb/>
&#x017F;tellung von dem Verhältniß die&#x017F;es Begriffs zu dem Römi&#x017F;chen<lb/>
Begriff von <hi rendition="#aq">origo,</hi> der richtigen Ein&#x017F;icht hinderlich gewe&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t. Um in die&#x017F;er letzten Beziehung jeder künftigen Ver-<lb/>
wechslung &#x017F;icherer vorzubeugen, will ich den Unter&#x017F;chied,<lb/>
wie er aus der ganzen bisher geführten Unter&#x017F;uchung her-<lb/>
vorgeht, hier kurz zu&#x017F;ammen&#x017F;tellen. Die Römer nennen <hi rendition="#aq">origo</hi><lb/>
das durch die Geburt eines Men&#x017F;chen erworbene Stadt-<lb/>
bürgerrecht de&#x017F;&#x017F;elben. Wir nennen <hi rendition="#aq">origo</hi> die Fiction des<lb/>
Wohn&#x017F;itzes eines Men&#x017F;chen an dem Ort, an welchem zur<lb/>
Zeit der Geburt de&#x017F;&#x017F;elben der Wohn&#x017F;itz des Vaters ge-<lb/>
we&#x017F;en i&#x017F;t.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0125] §. 359. Origo und domicilium nach heutigem Recht. (Fortſ.) Wohnſitz zuſammen fällt, den zu dieſer Zeit der Vater hat (n). Dieſes nun iſt die origo im Sinne unſers neueren Rechts, und ſo iſt auch die Sache, bei Gelegenheit des forum originis, von beſonnenen Rechtslehrern ſtets auf- gefaßt worden (o), obgleich dabei oft die Verwechslung mit dem bloßen Geburtsort (§ 350. a), oft auch eine unklare Vor- ſtellung von dem Verhältniß dieſes Begriffs zu dem Römiſchen Begriff von origo, der richtigen Einſicht hinderlich geweſen iſt. Um in dieſer letzten Beziehung jeder künftigen Ver- wechslung ſicherer vorzubeugen, will ich den Unterſchied, wie er aus der ganzen bisher geführten Unterſuchung her- vorgeht, hier kurz zuſammenſtellen. Die Römer nennen origo das durch die Geburt eines Menſchen erworbene Stadt- bürgerrecht deſſelben. Wir nennen origo die Fiction des Wohnſitzes eines Menſchen an dem Ort, an welchem zur Zeit der Geburt deſſelben der Wohnſitz des Vaters ge- weſen iſt. (n) S. o. § 353. t. (mit der daſelbſt hinzugefügten näheren Be- ſtimmung). — Mit dieſer Ent- ſcheidung ſtimmt überein Voetius V. 1 § 92 (am Ende des §), der auch den richtigen Grund angiebt. — Meier de conflictu legum p. 14 will auf den Geburtsort ſehen, der aber als ſolcher ganz gleichgültig iſt. Thatſächlich wer- den freilich beide Orte meiſt zu- ſammen treffen. (o) Auch die Preußiſche Ge- ſetzgebung faßt die Sache richtig in dieſem Sinne auf. Zwar iſt in dem A. L. R. Einl. § 25 der Ausdruck: „Ort der Herkunft“ un- beſtimmt, und könnte von dem bloßen Geburtsort verſtanden wer- den. Allein die Allg. Ger. Ordn. I. 2 § 17. 18 erklärt die Herkunft und das forum originis ganz ausdrücklich von dem Gerichts- ſtand der Eltern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/125
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/125>, abgerufen am 24.11.2024.