Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 305. Surrogate. I. Geständniß. Interrogatio.
konnte. Wir haben daher keine Ursache, auch nur in den
Worten der alten Juristen irgend eine erhebliche Interpola-
tion vorauszusetzen (t).



Es bleibt nun noch übrig, die praktischen Regeln anzu-
geben, die ursprünglich für die interrogatio in jure ein-
treten sollten, dann aber, und zwar schon zur Zeit der
alten Juristen, auf die interrogatio in judicio übertragen
worden sind.

Der Beklagte kann über jeden, seine persönlichen Ver-
hältnisse betreffenden Präjudicialpunkt sowohl von der
Richterbehörde, als von dem Gegner, befragt werden, und
er ist in beiden Fällen zur Antwort verpflichtet (u). Nun-
mehr können folgende Fälle eintreten.

A. Er antwortet. Dadurch wird der Gegner zunächst
berechtigt, den Inhalt der Antwort als förmliche
Wahrheit
(wie aus einem Urtheil) gegen ihn
geltend zu machen. Seine Antwort hat in dieser
Hinsicht die Natur eines Quasicontracts (v).

(t) Höchstens ist eine solche,
und zwar sehr unschuldige und
ungefährliche, anzunehmen in fol-
genden Worten des Ulpian (L. 4
pr. eod.) "Voluit Praetor ad-
stringere eum, qui convenitur,
ex sua in judicio respon-
sione"
.... Hier mag wohl
Ulpian geschrieben haben: in
jure.
(u) L. 9 pr. § 1, L. 11 § 9
eod.
(v) L. 11 § 9 eod.

§. 305. Surrogate. I. Geſtändniß. Interrogatio.
konnte. Wir haben daher keine Urſache, auch nur in den
Worten der alten Juriſten irgend eine erhebliche Interpola-
tion vorauszuſetzen (t).



Es bleibt nun noch übrig, die praktiſchen Regeln anzu-
geben, die urſprünglich für die interrogatio in jure ein-
treten ſollten, dann aber, und zwar ſchon zur Zeit der
alten Juriſten, auf die interrogatio in judicio übertragen
worden ſind.

Der Beklagte kann über jeden, ſeine perſönlichen Ver-
hältniſſe betreffenden Präjudicialpunkt ſowohl von der
Richterbehörde, als von dem Gegner, befragt werden, und
er iſt in beiden Fällen zur Antwort verpflichtet (u). Nun-
mehr können folgende Fälle eintreten.

A. Er antwortet. Dadurch wird der Gegner zunächſt
berechtigt, den Inhalt der Antwort als förmliche
Wahrheit
(wie aus einem Urtheil) gegen ihn
geltend zu machen. Seine Antwort hat in dieſer
Hinſicht die Natur eines Quaſicontracts (v).

(t) Höchſtens iſt eine ſolche,
und zwar ſehr unſchuldige und
ungefährliche, anzunehmen in fol-
genden Worten des Ulpian (L. 4
pr. eod.) „Voluit Praetor ad-
stringere eum, qui convenitur,
ex sua in judicio respon-
sione“
.... Hier mag wohl
Ulpian geſchrieben haben: in
jure.
(u) L. 9 pr. § 1, L. 11 § 9
eod.
(v) L. 11 § 9 eod.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0049" n="27"/><fw place="top" type="header">§. 305. Surrogate. <hi rendition="#aq">I.</hi> Ge&#x017F;tändniß. <hi rendition="#aq">Interrogatio.</hi></fw><lb/>
konnte. Wir haben daher keine Ur&#x017F;ache, auch nur in den<lb/>
Worten der alten Juri&#x017F;ten irgend eine erhebliche Interpola-<lb/>
tion vorauszu&#x017F;etzen <note place="foot" n="(t)">Höch&#x017F;tens i&#x017F;t eine &#x017F;olche,<lb/>
und zwar &#x017F;ehr un&#x017F;chuldige und<lb/>
ungefährliche, anzunehmen in fol-<lb/>
genden Worten des <hi rendition="#g">Ulpian</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">L.</hi> 4<lb/><hi rendition="#i">pr. eod.</hi>) &#x201E;Voluit Praetor ad-<lb/>
stringere eum, qui convenitur,<lb/>
ex sua <hi rendition="#i">in judicio</hi> respon-<lb/>
sione&#x201C;</hi> .... Hier mag wohl<lb/><hi rendition="#g">Ulpian</hi> ge&#x017F;chrieben haben: <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">in<lb/>
jure.</hi></hi></note>.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Es bleibt nun noch übrig, die prakti&#x017F;chen Regeln anzu-<lb/>
geben, die ur&#x017F;prünglich für die <hi rendition="#aq">interrogatio in jure</hi> ein-<lb/>
treten &#x017F;ollten, dann aber, und zwar &#x017F;chon zur Zeit der<lb/>
alten Juri&#x017F;ten, auf die <hi rendition="#aq">interrogatio in judicio</hi> übertragen<lb/>
worden &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Der Beklagte kann über jeden, &#x017F;eine per&#x017F;önlichen Ver-<lb/>
hältni&#x017F;&#x017F;e betreffenden Präjudicialpunkt &#x017F;owohl von der<lb/>
Richterbehörde, als von dem Gegner, befragt werden, und<lb/>
er i&#x017F;t in beiden Fällen zur Antwort verpflichtet <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 9 <hi rendition="#i">pr.</hi> § 1, <hi rendition="#i">L.</hi> 11 § 9<lb/><hi rendition="#i">eod.</hi></hi></note>. Nun-<lb/>
mehr können folgende Fälle eintreten.</p><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#aq">A.</hi> Er antwortet. Dadurch wird der Gegner zunäch&#x017F;t<lb/>
berechtigt, den Inhalt der Antwort als <hi rendition="#g">förmliche<lb/>
Wahrheit</hi> (wie aus einem Urtheil) gegen ihn<lb/>
geltend zu machen. Seine Antwort hat in die&#x017F;er<lb/>
Hin&#x017F;icht die Natur eines Qua&#x017F;icontracts <note place="foot" n="(v)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 11 § 9 <hi rendition="#i">eod.</hi></hi></note>.</item>
            </list><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0049] §. 305. Surrogate. I. Geſtändniß. Interrogatio. konnte. Wir haben daher keine Urſache, auch nur in den Worten der alten Juriſten irgend eine erhebliche Interpola- tion vorauszuſetzen (t). Es bleibt nun noch übrig, die praktiſchen Regeln anzu- geben, die urſprünglich für die interrogatio in jure ein- treten ſollten, dann aber, und zwar ſchon zur Zeit der alten Juriſten, auf die interrogatio in judicio übertragen worden ſind. Der Beklagte kann über jeden, ſeine perſönlichen Ver- hältniſſe betreffenden Präjudicialpunkt ſowohl von der Richterbehörde, als von dem Gegner, befragt werden, und er iſt in beiden Fällen zur Antwort verpflichtet (u). Nun- mehr können folgende Fälle eintreten. A. Er antwortet. Dadurch wird der Gegner zunächſt berechtigt, den Inhalt der Antwort als förmliche Wahrheit (wie aus einem Urtheil) gegen ihn geltend zu machen. Seine Antwort hat in dieſer Hinſicht die Natur eines Quaſicontracts (v). (t) Höchſtens iſt eine ſolche, und zwar ſehr unſchuldige und ungefährliche, anzunehmen in fol- genden Worten des Ulpian (L. 4 pr. eod.) „Voluit Praetor ad- stringere eum, qui convenitur, ex sua in judicio respon- sione“ .... Hier mag wohl Ulpian geſchrieben haben: in jure. (u) L. 9 pr. § 1, L. 11 § 9 eod. (v) L. 11 § 9 eod.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/49
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/49>, abgerufen am 27.11.2024.