Urtheil völlig entbehrlich machen (§ 303), so muß es gleichfalls das Daseyn eines Rechtsverhältnisses unmittelbar feststellen.
Diese Natur des Geständnisses wird denn auch in unsern Rechtsquellen geradezu anerkannt; der Beklagte ge- steht nämlich: se debere, oder fundum actoris esse(g), und es wird Niemand bezweifeln, daß Schuld und Eigen- thum reine Rechtsverhältnisse sind, wozu sich gewisse That- sachen nur als Entstehungsgründe verhalten können.
Indessen darf dabei nicht verkannt werden, daß in der Anerkennung des Rechtsverhältnisses stets auch die Aner- kennung der dazu nöthigen Thatsachen liegt, nur daß dabei die Auswahl unter mehreren gleich möglichen Thatsachen ungewiß bleiben kann. Eben so wird nicht selten die An- erkennung einer reinen Thatsache, z. B. des Empfanges eines Darlehens, zugleich die Anerkennung eines Rechts- verhältnisses (hier der Darlehensschuld) in sich schließen. Dadurch aber wird das Wesen der Sache nicht verändert.
Auch kommt in der That ein Fall vor, in welchem die Römischen Juristen das Geständniß auf eine reine Thatsache beziehen. Dieses darf aber nicht etwa als ein ungenauer, nachlässiger Ausdruck betrachtet werden, oder als Zeichen eines Schwankens jener Juristen über die hier zur Frage gestellten Ansichten. Vielmehr hat diese Beziehung ihren Grund in der eigenthümlichen Natur einer einzelnen Klage, und es muß gleich hier darauf näher eingegangen werden, weil damit wichtige andere Streitfragen zusammenhangen.
(g)L. 3. 5. 7 de confessis (42. 2), L. 6 § 2 eod.
VII. 2
§. 304. I. Geſtändniß. Confessio. (Fortſetzung.)
Urtheil völlig entbehrlich machen (§ 303), ſo muß es gleichfalls das Daſeyn eines Rechtsverhältniſſes unmittelbar feſtſtellen.
Dieſe Natur des Geſtändniſſes wird denn auch in unſern Rechtsquellen geradezu anerkannt; der Beklagte ge- ſteht nämlich: se debere, oder fundum actoris esse(g), und es wird Niemand bezweifeln, daß Schuld und Eigen- thum reine Rechtsverhältniſſe ſind, wozu ſich gewiſſe That- ſachen nur als Entſtehungsgründe verhalten können.
Indeſſen darf dabei nicht verkannt werden, daß in der Anerkennung des Rechtsverhältniſſes ſtets auch die Aner- kennung der dazu nöthigen Thatſachen liegt, nur daß dabei die Auswahl unter mehreren gleich möglichen Thatſachen ungewiß bleiben kann. Eben ſo wird nicht ſelten die An- erkennung einer reinen Thatſache, z. B. des Empfanges eines Darlehens, zugleich die Anerkennung eines Rechts- verhältniſſes (hier der Darlehensſchuld) in ſich ſchließen. Dadurch aber wird das Weſen der Sache nicht verändert.
Auch kommt in der That ein Fall vor, in welchem die Römiſchen Juriſten das Geſtändniß auf eine reine Thatſache beziehen. Dieſes darf aber nicht etwa als ein ungenauer, nachläſſiger Ausdruck betrachtet werden, oder als Zeichen eines Schwankens jener Juriſten über die hier zur Frage geſtellten Anſichten. Vielmehr hat dieſe Beziehung ihren Grund in der eigenthümlichen Natur einer einzelnen Klage, und es muß gleich hier darauf näher eingegangen werden, weil damit wichtige andere Streitfragen zuſammenhangen.
(g)L. 3. 5. 7 de confessis (42. 2), L. 6 § 2 eod.
VII. 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0039"n="17"/><fwplace="top"type="header">§. 304. <hirendition="#aq">I.</hi> Geſtändniß. <hirendition="#aq">Confessio.</hi> (Fortſetzung.)</fw><lb/>
Urtheil völlig entbehrlich machen (§ 303), ſo muß es gleichfalls<lb/>
das Daſeyn eines Rechtsverhältniſſes unmittelbar feſtſtellen.</p><lb/><p>Dieſe Natur des Geſtändniſſes wird denn auch in<lb/>
unſern Rechtsquellen geradezu anerkannt; der Beklagte ge-<lb/>ſteht nämlich: <hirendition="#aq">se debere,</hi> oder <hirendition="#aq">fundum actoris esse</hi><noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 3. 5. 7 <hirendition="#i">de confessis</hi> (42. 2), <hirendition="#i">L.</hi> 6 § 2 <hirendition="#i">eod.</hi></hi></note>,<lb/>
und es wird Niemand bezweifeln, daß Schuld und Eigen-<lb/>
thum reine Rechtsverhältniſſe ſind, wozu ſich gewiſſe That-<lb/>ſachen nur als Entſtehungsgründe verhalten können.</p><lb/><p>Indeſſen darf dabei nicht verkannt werden, daß in der<lb/>
Anerkennung des Rechtsverhältniſſes ſtets auch die Aner-<lb/>
kennung der dazu nöthigen Thatſachen liegt, nur daß dabei<lb/>
die Auswahl unter mehreren gleich möglichen Thatſachen<lb/>
ungewiß bleiben kann. Eben ſo wird nicht ſelten die An-<lb/>
erkennung einer reinen Thatſache, z. B. des Empfanges<lb/>
eines Darlehens, zugleich die Anerkennung eines Rechts-<lb/>
verhältniſſes (hier der Darlehensſchuld) in ſich ſchließen.<lb/>
Dadurch aber wird das Weſen der Sache nicht verändert.</p><lb/><p>Auch kommt in der That ein Fall vor, in welchem die<lb/>
Römiſchen Juriſten das Geſtändniß auf eine reine Thatſache<lb/>
beziehen. Dieſes darf aber nicht etwa als ein ungenauer,<lb/>
nachläſſiger Ausdruck betrachtet werden, oder als Zeichen<lb/>
eines Schwankens jener Juriſten über die hier zur Frage<lb/>
geſtellten Anſichten. Vielmehr hat dieſe Beziehung ihren<lb/>
Grund in der eigenthümlichen Natur einer einzelnen Klage,<lb/>
und es muß gleich hier darauf näher eingegangen werden,<lb/>
weil damit wichtige andere Streitfragen zuſammenhangen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">VII.</hi> 2</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[17/0039]
§. 304. I. Geſtändniß. Confessio. (Fortſetzung.)
Urtheil völlig entbehrlich machen (§ 303), ſo muß es gleichfalls
das Daſeyn eines Rechtsverhältniſſes unmittelbar feſtſtellen.
Dieſe Natur des Geſtändniſſes wird denn auch in
unſern Rechtsquellen geradezu anerkannt; der Beklagte ge-
ſteht nämlich: se debere, oder fundum actoris esse (g),
und es wird Niemand bezweifeln, daß Schuld und Eigen-
thum reine Rechtsverhältniſſe ſind, wozu ſich gewiſſe That-
ſachen nur als Entſtehungsgründe verhalten können.
Indeſſen darf dabei nicht verkannt werden, daß in der
Anerkennung des Rechtsverhältniſſes ſtets auch die Aner-
kennung der dazu nöthigen Thatſachen liegt, nur daß dabei
die Auswahl unter mehreren gleich möglichen Thatſachen
ungewiß bleiben kann. Eben ſo wird nicht ſelten die An-
erkennung einer reinen Thatſache, z. B. des Empfanges
eines Darlehens, zugleich die Anerkennung eines Rechts-
verhältniſſes (hier der Darlehensſchuld) in ſich ſchließen.
Dadurch aber wird das Weſen der Sache nicht verändert.
Auch kommt in der That ein Fall vor, in welchem die
Römiſchen Juriſten das Geſtändniß auf eine reine Thatſache
beziehen. Dieſes darf aber nicht etwa als ein ungenauer,
nachläſſiger Ausdruck betrachtet werden, oder als Zeichen
eines Schwankens jener Juriſten über die hier zur Frage
geſtellten Anſichten. Vielmehr hat dieſe Beziehung ihren
Grund in der eigenthümlichen Natur einer einzelnen Klage,
und es muß gleich hier darauf näher eingegangen werden,
weil damit wichtige andere Streitfragen zuſammenhangen.
(g) L. 3. 5. 7 de confessis (42. 2), L. 6 § 2 eod.
VII. 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/39>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.