Alles kommt auf die Erklärung der hier cursiv gedruckten Worte an. Diese enthalten die Ausnahme von einer Regel, und es fragt sich, worin besteht diese Ausnahme? welches ist die Regel, worauf sie sich bezieht?
Die Ausnahme scheint ausgedrückt in den Worten: non adjuvatur, die Regel also scheint nur in einem adjuvatur, (oder was etwa gleichen Sinn giebt) bestehen zu können. Da nun in dem unmittelbar vorhergehenden Satz gesagt wird: auxilium cessat, welches eben so viel sagt als non adjuvatur, so scheint die Ausnahme darauf nicht zu passen. Sie würde aber passen auf den entfernteren Satz von dem verklagten Sohne; denn da es bei diesem heißt: postulet auxilium, so bildet dagegen das non adjuvatur allerdings einen Gegensatz, welcher als Ausnahme der Regel: postulet auxilium wohl gedacht werden könnte.
Durch diese Betrachtung sind ohne Zweifel alle bisherige Erklärer unsrer Stelle bewogen worden, sich zu zwei sehr bedenklichen Maaßregeln zu entschließen. Erstlich haben sie sich hinweg gesetzt über die oben entwickelten allgemeinen Rechtsgrundsätze, womit das Ergebniß dieser Erklärung geradezu in Widerspruch tritt, und sie haben sich über diesen Widerspruch durch die bereits angeführten, etwas abentheuerlichen Erwägungen beruhigt. Zweitens aber haben sie die Ausnahme nicht an die unmittelbar vorher- gehenden Worte angeschlossen, sondern, mit Ueberspringung dieser Worte, an den früheren, vom Sohne handelnden Satz; dieses letzte Verfahren ist sehr gezwungen, fast ge-
Beilage XVIII.
Alles kommt auf die Erklärung der hier curſiv gedruckten Worte an. Dieſe enthalten die Ausnahme von einer Regel, und es fragt ſich, worin beſteht dieſe Ausnahme? welches iſt die Regel, worauf ſie ſich bezieht?
Die Ausnahme ſcheint ausgedrückt in den Worten: non adjuvatur, die Regel alſo ſcheint nur in einem adjuvatur, (oder was etwa gleichen Sinn giebt) beſtehen zu können. Da nun in dem unmittelbar vorhergehenden Satz geſagt wird: auxilium cessat, welches eben ſo viel ſagt als non adjuvatur, ſo ſcheint die Ausnahme darauf nicht zu paſſen. Sie würde aber paſſen auf den entfernteren Satz von dem verklagten Sohne; denn da es bei dieſem heißt: postulet auxilium, ſo bildet dagegen das non adjuvatur allerdings einen Gegenſatz, welcher als Ausnahme der Regel: postulet auxilium wohl gedacht werden könnte.
Durch dieſe Betrachtung ſind ohne Zweifel alle bisherige Erklärer unſrer Stelle bewogen worden, ſich zu zwei ſehr bedenklichen Maaßregeln zu entſchließen. Erſtlich haben ſie ſich hinweg geſetzt über die oben entwickelten allgemeinen Rechtsgrundſätze, womit das Ergebniß dieſer Erklärung geradezu in Widerſpruch tritt, und ſie haben ſich über dieſen Widerſpruch durch die bereits angeführten, etwas abentheuerlichen Erwägungen beruhigt. Zweitens aber haben ſie die Ausnahme nicht an die unmittelbar vorher- gehenden Worte angeſchloſſen, ſondern, mit Ueberſpringung dieſer Worte, an den früheren, vom Sohne handelnden Satz; dieſes letzte Verfahren iſt ſehr gezwungen, faſt ge-
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Beilage XVIII.
Alles kommt auf die Erklärung der hier curſiv gedruckten
Worte an. Dieſe enthalten die Ausnahme von einer Regel,
und es fragt ſich, worin beſteht dieſe Ausnahme? welches
iſt die Regel, worauf ſie ſich bezieht?
Die Ausnahme ſcheint ausgedrückt in den Worten: non
adjuvatur, die Regel alſo ſcheint nur in einem adjuvatur,
(oder was etwa gleichen Sinn giebt) beſtehen zu können.
Da nun in dem unmittelbar vorhergehenden Satz geſagt
wird: auxilium cessat, welches eben ſo viel ſagt als non
adjuvatur, ſo ſcheint die Ausnahme darauf nicht zu paſſen.
Sie würde aber paſſen auf den entfernteren Satz von dem
verklagten Sohne; denn da es bei dieſem heißt: postulet
auxilium, ſo bildet dagegen das non adjuvatur allerdings
einen Gegenſatz, welcher als Ausnahme der Regel: postulet
auxilium wohl gedacht werden könnte.
Durch dieſe Betrachtung ſind ohne Zweifel alle bisherige
Erklärer unſrer Stelle bewogen worden, ſich zu zwei ſehr
bedenklichen Maaßregeln zu entſchließen. Erſtlich haben ſie
ſich hinweg geſetzt über die oben entwickelten allgemeinen
Rechtsgrundſätze, womit das Ergebniß dieſer Erklärung
geradezu in Widerſpruch tritt, und ſie haben ſich über
dieſen Widerſpruch durch die bereits angeführten, etwas
abentheuerlichen Erwägungen beruhigt. Zweitens aber
haben ſie die Ausnahme nicht an die unmittelbar vorher-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/304>, abgerufen am 17.07.2024.
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