weil nur in diesem Zusammenhang seine eigenthümliche Ent- wicklung deutlich gemacht werden kann.
5. Die Selbsthülfe gehört in die Reihe der hier zusammengestellten Rechtsinstitute, insofern durch sie das vielleicht wirklich vorhandene Recht zur Strafe verloren, dann also zugleich jeder mögliche Rechtsstreit darüber auf unfreiwillige Weise vernichtet werden kann. Sie gehört in die Reihe der Obligationen welche aus Delicten entstehen.
Wenngleich nun alle hier angegebene Fälle die Natur wahrer Surrogate des Urtheils nicht an sich tragen, so ist doch bei einigen derselben eine wichtige Verwandtschaft mit dem Urtheil, die schon bei einer anderen Gelegenheit ange- deutet wurde, hier wieder in Erinnerung zu bringen. Die Fälle nämlich, welche die Natur wahrer Verträge haben (Num 1. 2.), heben nicht blos den gegenwärtigen Rechts- streit auf, sondern verhindern auch dessen Erneuerung für jede künftige Zeit. Dabei kann die Frage entstehen, ob ein späterhin versuchter Rechtsstreit in der That eine solche unzulässige Erneuerung des durch Vertrag beendigten in sich schließe, oder ob er als ein ganz neuer, von dem früheren unabhängiger, zu betrachten sey. Dieselbe Frage ist schon oben, bei den Folgen des rechtskräftigen Urtheils, ausführlich behandelt worden, und die dort aufgestellten Regeln finden auch hier ihre Anwendung. Wenn also die Frage nach der Identität eines versuchten Rechtsstreits mit
§. 302. Surrogate des Urtheils. Einleitung.
weil nur in dieſem Zuſammenhang ſeine eigenthümliche Ent- wicklung deutlich gemacht werden kann.
5. Die Selbſthülfe gehört in die Reihe der hier zuſammengeſtellten Rechtsinſtitute, inſofern durch ſie das vielleicht wirklich vorhandene Recht zur Strafe verloren, dann alſo zugleich jeder mögliche Rechtsſtreit darüber auf unfreiwillige Weiſe vernichtet werden kann. Sie gehört in die Reihe der Obligationen welche aus Delicten entſtehen.
Wenngleich nun alle hier angegebene Fälle die Natur wahrer Surrogate des Urtheils nicht an ſich tragen, ſo iſt doch bei einigen derſelben eine wichtige Verwandtſchaft mit dem Urtheil, die ſchon bei einer anderen Gelegenheit ange- deutet wurde, hier wieder in Erinnerung zu bringen. Die Fälle nämlich, welche die Natur wahrer Verträge haben (Num 1. 2.), heben nicht blos den gegenwärtigen Rechts- ſtreit auf, ſondern verhindern auch deſſen Erneuerung für jede künftige Zeit. Dabei kann die Frage entſtehen, ob ein ſpäterhin verſuchter Rechtsſtreit in der That eine ſolche unzuläſſige Erneuerung des durch Vertrag beendigten in ſich ſchließe, oder ob er als ein ganz neuer, von dem früheren unabhängiger, zu betrachten ſey. Dieſelbe Frage iſt ſchon oben, bei den Folgen des rechtskräftigen Urtheils, ausführlich behandelt worden, und die dort aufgeſtellten Regeln finden auch hier ihre Anwendung. Wenn alſo die Frage nach der Identität eines verſuchten Rechtsſtreits mit
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§. 302. Surrogate des Urtheils. Einleitung.
weil nur in dieſem Zuſammenhang ſeine eigenthümliche Ent-
wicklung deutlich gemacht werden kann.
5. Die Selbſthülfe gehört in die Reihe der hier
zuſammengeſtellten Rechtsinſtitute, inſofern durch ſie das
vielleicht wirklich vorhandene Recht zur Strafe verloren,
dann alſo zugleich jeder mögliche Rechtsſtreit darüber auf
unfreiwillige Weiſe vernichtet werden kann. Sie gehört in
die Reihe der Obligationen welche aus Delicten entſtehen.
Wenngleich nun alle hier angegebene Fälle die Natur
wahrer Surrogate des Urtheils nicht an ſich tragen, ſo iſt
doch bei einigen derſelben eine wichtige Verwandtſchaft mit
dem Urtheil, die ſchon bei einer anderen Gelegenheit ange-
deutet wurde, hier wieder in Erinnerung zu bringen. Die
Fälle nämlich, welche die Natur wahrer Verträge haben
(Num 1. 2.), heben nicht blos den gegenwärtigen Rechts-
ſtreit auf, ſondern verhindern auch deſſen Erneuerung für
jede künftige Zeit. Dabei kann die Frage entſtehen, ob ein
ſpäterhin verſuchter Rechtsſtreit in der That eine ſolche
unzuläſſige Erneuerung des durch Vertrag beendigten in
ſich ſchließe, oder ob er als ein ganz neuer, von dem
früheren unabhängiger, zu betrachten ſey. Dieſelbe Frage
iſt ſchon oben, bei den Folgen des rechtskräftigen Urtheils,
ausführlich behandelt worden, und die dort aufgeſtellten
Regeln finden auch hier ihre Anwendung. Wenn alſo die
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/27>, abgerufen am 17.02.2025.
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