sula die Restitution um so leichter zu ertheilen geneigt seyn, je nothwendiger oder je löblicher ihm die Abwesenheit im einzelnen Fall gerade erscheine.
Die zweite Streitfrage geht noch über die Fälle der eigentlichen Abwesenheit hinaus. Diese ganze Art der Re- stitution soll solche Personen schützen, die außer Stand waren, ihre Rechte durch eigene Handlungen zu erhalten. Dabei entsteht aber sogleich die Frage, ob sie denn nicht diese Erhaltung durch fremde Handlungen, durch Stell- vertreter, bewirken konnten, in welchem Fall ein künstlicher Schutz durch Restitution gar nicht nöthig gewesen wäre. Ueber diese Frage sind die Meinungen neuerer Schriftsteller sehr getheilt, und sie verdienen derhalb keinen Vorwurf, weil auch die Aeußerungen unsrer Rechtsquellen hierüber in hohem Grade schwankend erscheinen.
Ich will zuerst die Streitfrage in etwas engere Gränzen einzuschließen suchen. Unsere Rechtsquellen unterscheiden den defensus (oder qui habet procuratorem) von dem in- defensus (qui procuratorem non habet). Unter dem de- fensus nun ist gewiß nicht blos Der zu verstehen, welchen der bestellte Procurator wirklich, und zwar gut und zweck- mäßig, vertheidigt, sondern Jeder, der durch denselben ver- treten werden kann(d); was der Procurator vernachlässigt,
(d)L. 39 ex qu. c. (4. 6). "... si procuratorem reliquerit, per quem defendi potuit."
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
sula die Reſtitution um ſo leichter zu ertheilen geneigt ſeyn, je nothwendiger oder je löblicher ihm die Abweſenheit im einzelnen Fall gerade erſcheine.
Die zweite Streitfrage geht noch über die Fälle der eigentlichen Abweſenheit hinaus. Dieſe ganze Art der Re- ſtitution ſoll ſolche Perſonen ſchützen, die außer Stand waren, ihre Rechte durch eigene Handlungen zu erhalten. Dabei entſteht aber ſogleich die Frage, ob ſie denn nicht dieſe Erhaltung durch fremde Handlungen, durch Stell- vertreter, bewirken konnten, in welchem Fall ein künſtlicher Schutz durch Reſtitution gar nicht nöthig geweſen wäre. Ueber dieſe Frage ſind die Meinungen neuerer Schriftſteller ſehr getheilt, und ſie verdienen derhalb keinen Vorwurf, weil auch die Aeußerungen unſrer Rechtsquellen hierüber in hohem Grade ſchwankend erſcheinen.
Ich will zuerſt die Streitfrage in etwas engere Gränzen einzuſchließen ſuchen. Unſere Rechtsquellen unterſcheiden den defensus (oder qui habet procuratorem) von dem in- defensus (qui procuratorem non habet). Unter dem de- fensus nun iſt gewiß nicht blos Der zu verſtehen, welchen der beſtellte Procurator wirklich, und zwar gut und zweck- mäßig, vertheidigt, ſondern Jeder, der durch denſelben ver- treten werden kann(d); was der Procurator vernachläſſigt,
(d)L. 39 ex qu. c. (4. 6). „… si procuratorem reliquerit, per quem defendi potuit.“
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
sula die Reſtitution um ſo leichter zu ertheilen geneigt ſeyn,
je nothwendiger oder je löblicher ihm die Abweſenheit im
einzelnen Fall gerade erſcheine.
Die zweite Streitfrage geht noch über die Fälle der
eigentlichen Abweſenheit hinaus. Dieſe ganze Art der Re-
ſtitution ſoll ſolche Perſonen ſchützen, die außer Stand
waren, ihre Rechte durch eigene Handlungen zu erhalten.
Dabei entſteht aber ſogleich die Frage, ob ſie denn nicht
dieſe Erhaltung durch fremde Handlungen, durch Stell-
vertreter, bewirken konnten, in welchem Fall ein künſtlicher
Schutz durch Reſtitution gar nicht nöthig geweſen wäre.
Ueber dieſe Frage ſind die Meinungen neuerer Schriftſteller
ſehr getheilt, und ſie verdienen derhalb keinen Vorwurf,
weil auch die Aeußerungen unſrer Rechtsquellen hierüber
in hohem Grade ſchwankend erſcheinen.
Ich will zuerſt die Streitfrage in etwas engere Gränzen
einzuſchließen ſuchen. Unſere Rechtsquellen unterſcheiden
den defensus (oder qui habet procuratorem) von dem in-
defensus (qui procuratorem non habet). Unter dem de-
fensus nun iſt gewiß nicht blos Der zu verſtehen, welchen
der beſtellte Procurator wirklich, und zwar gut und zweck-
mäßig, vertheidigt, ſondern Jeder, der durch denſelben ver-
treten werden kann (d); was der Procurator vernachläſſigt,
(d) L. 39 ex qu. c. (4. 6). „… si procuratorem reliquerit,
per quem defendi potuit.“
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/198>, abgerufen am 24.07.2024.
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