Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

Bild:
<< vorherige Seite
Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Die hier dargestellte Ausnahme von der Zulässigkeit der
Restitution ist von Manchen so ausgedehnt worden, als ob
sie auf alle Verhältnisse des Familienrechts bezogen werden
müßte. Die Unrichtigkeit dieser Auffassung ergiebt sich
daraus, daß gegen die Arrogation unzweifelhaft allerdings
die Restitution zuzulassen ist (§ 319).

Dagegen muß allerdings die Zulässigkeit der Restitution
gegen die Schließung einer Ehe verneint werden (q). Im
Römischen Recht findet sich davon keine Spur, und obgleich
wegen der Leichtigkeit der Scheidung der Vortheil der Re-
stitution weniger groß war, als er in unserm heutigen
Recht seyn würde, so wäre doch auch für die Römer die
Wirkung einer durch Scheidung und einer durch Restitution
aufgehobenen Ehe in manchen Beziehungen verschieden ge-
wesen. -- In den Zusammenhang unsres heutigen Ehe-
rechts aber paßt die Restitution durchaus nicht, die hier
zwischen der Nichtigerklärung und der Scheidung gewisser-
maßen in der Mitte stehen würde. Besonders einleuchtend
wird Dieses, wenn man die einzelnen Restitutionsgründe
erwägt. In den Fällen des Zwanges und des Betrugs
nehmen wir die Nichtigkeit der Ehe an. Für die Restitution

ist sogar nothwendig, weil jene
Worte blos die buchstäbliche Wie-
derholung eines weit älteren Re-
scripts sind (L. 10 C. de admin.
5. 37), worin sie gar keinen anderen
Sinn haben können. Durch diese
Wiederholung des älteren Rescripts
sollte blos auf sehr überflüssige
Weise die gesuchte Belehrung nach
allen Seiten hin vervollständigt
werden.
(q) Burchardi S. 142, und
die daselbst angeführten Schrift-
steller. Puchta Pandekten § 107
Num. 2.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Die hier dargeſtellte Ausnahme von der Zuläſſigkeit der
Reſtitution iſt von Manchen ſo ausgedehnt worden, als ob
ſie auf alle Verhältniſſe des Familienrechts bezogen werden
müßte. Die Unrichtigkeit dieſer Auffaſſung ergiebt ſich
daraus, daß gegen die Arrogation unzweifelhaft allerdings
die Reſtitution zuzulaſſen iſt (§ 319).

Dagegen muß allerdings die Zuläſſigkeit der Reſtitution
gegen die Schließung einer Ehe verneint werden (q). Im
Römiſchen Recht findet ſich davon keine Spur, und obgleich
wegen der Leichtigkeit der Scheidung der Vortheil der Re-
ſtitution weniger groß war, als er in unſerm heutigen
Recht ſeyn würde, ſo wäre doch auch für die Römer die
Wirkung einer durch Scheidung und einer durch Reſtitution
aufgehobenen Ehe in manchen Beziehungen verſchieden ge-
weſen. — In den Zuſammenhang unſres heutigen Ehe-
rechts aber paßt die Reſtitution durchaus nicht, die hier
zwiſchen der Nichtigerklärung und der Scheidung gewiſſer-
maßen in der Mitte ſtehen würde. Beſonders einleuchtend
wird Dieſes, wenn man die einzelnen Reſtitutionsgründe
erwägt. In den Fällen des Zwanges und des Betrugs
nehmen wir die Nichtigkeit der Ehe an. Für die Reſtitution

iſt ſogar nothwendig, weil jene
Worte blos die buchſtäbliche Wie-
derholung eines weit älteren Re-
ſcripts ſind (L. 10 C. de admin.
5. 37), worin ſie gar keinen anderen
Sinn haben können. Durch dieſe
Wiederholung des älteren Reſcripts
ſollte blos auf ſehr überflüſſige
Weiſe die geſuchte Belehrung nach
allen Seiten hin vervollſtändigt
werden.
(q) Burchardi S. 142, und
die daſelbſt angeführten Schrift-
ſteller. Puchta Pandekten § 107
Num. 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0164" n="142"/>
            <fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
            <p>Die hier darge&#x017F;tellte Ausnahme von der Zulä&#x017F;&#x017F;igkeit der<lb/>
Re&#x017F;titution i&#x017F;t von Manchen &#x017F;o ausgedehnt worden, als ob<lb/>
&#x017F;ie auf alle Verhältni&#x017F;&#x017F;e des Familienrechts bezogen werden<lb/>
müßte. Die Unrichtigkeit die&#x017F;er Auffa&#x017F;&#x017F;ung ergiebt &#x017F;ich<lb/>
daraus, daß gegen die Arrogation unzweifelhaft allerdings<lb/>
die Re&#x017F;titution zuzula&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t (§ 319).</p><lb/>
            <p>Dagegen muß allerdings die Zulä&#x017F;&#x017F;igkeit der Re&#x017F;titution<lb/>
gegen die Schließung einer Ehe verneint werden <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#g">Burchardi</hi> S. 142, und<lb/>
die da&#x017F;elb&#x017F;t angeführten Schrift-<lb/>
&#x017F;teller. <hi rendition="#g">Puchta</hi> Pandekten § 107<lb/>
Num. 2.</note>. Im<lb/>
Römi&#x017F;chen Recht findet &#x017F;ich davon keine Spur, und obgleich<lb/>
wegen der Leichtigkeit der Scheidung der Vortheil der Re-<lb/>
&#x017F;titution weniger groß war, als er in un&#x017F;erm heutigen<lb/>
Recht &#x017F;eyn würde, &#x017F;o wäre doch auch für die Römer die<lb/>
Wirkung einer durch Scheidung und einer durch Re&#x017F;titution<lb/>
aufgehobenen Ehe in manchen Beziehungen ver&#x017F;chieden ge-<lb/>
we&#x017F;en. &#x2014; In den Zu&#x017F;ammenhang un&#x017F;res heutigen Ehe-<lb/>
rechts aber paßt die Re&#x017F;titution durchaus nicht, die hier<lb/>
zwi&#x017F;chen der Nichtigerklärung und der Scheidung gewi&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
maßen in der Mitte &#x017F;tehen würde. Be&#x017F;onders einleuchtend<lb/>
wird Die&#x017F;es, wenn man die einzelnen Re&#x017F;titutionsgründe<lb/>
erwägt. In den Fällen des Zwanges und des Betrugs<lb/>
nehmen wir die Nichtigkeit der Ehe an. Für die Re&#x017F;titution<lb/><note xml:id="seg2pn_6_2" prev="#seg2pn_6_1" place="foot" n="(p)">i&#x017F;t &#x017F;ogar nothwendig, weil jene<lb/>
Worte blos die buch&#x017F;täbliche Wie-<lb/>
derholung eines weit älteren Re-<lb/>
&#x017F;cripts &#x017F;ind (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 10 <hi rendition="#i">C. de admin.</hi></hi><lb/>
5. 37), worin &#x017F;ie gar keinen anderen<lb/>
Sinn haben können. Durch die&#x017F;e<lb/>
Wiederholung des älteren Re&#x017F;cripts<lb/>
&#x017F;ollte blos auf &#x017F;ehr überflü&#x017F;&#x017F;ige<lb/>
Wei&#x017F;e die ge&#x017F;uchte Belehrung nach<lb/>
allen Seiten hin vervoll&#x017F;tändigt<lb/>
werden.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0164] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Die hier dargeſtellte Ausnahme von der Zuläſſigkeit der Reſtitution iſt von Manchen ſo ausgedehnt worden, als ob ſie auf alle Verhältniſſe des Familienrechts bezogen werden müßte. Die Unrichtigkeit dieſer Auffaſſung ergiebt ſich daraus, daß gegen die Arrogation unzweifelhaft allerdings die Reſtitution zuzulaſſen iſt (§ 319). Dagegen muß allerdings die Zuläſſigkeit der Reſtitution gegen die Schließung einer Ehe verneint werden (q). Im Römiſchen Recht findet ſich davon keine Spur, und obgleich wegen der Leichtigkeit der Scheidung der Vortheil der Re- ſtitution weniger groß war, als er in unſerm heutigen Recht ſeyn würde, ſo wäre doch auch für die Römer die Wirkung einer durch Scheidung und einer durch Reſtitution aufgehobenen Ehe in manchen Beziehungen verſchieden ge- weſen. — In den Zuſammenhang unſres heutigen Ehe- rechts aber paßt die Reſtitution durchaus nicht, die hier zwiſchen der Nichtigerklärung und der Scheidung gewiſſer- maßen in der Mitte ſtehen würde. Beſonders einleuchtend wird Dieſes, wenn man die einzelnen Reſtitutionsgründe erwägt. In den Fällen des Zwanges und des Betrugs nehmen wir die Nichtigkeit der Ehe an. Für die Reſtitution (p) (q) Burchardi S. 142, und die daſelbſt angeführten Schrift- ſteller. Puchta Pandekten § 107 Num. 2. (p) iſt ſogar nothwendig, weil jene Worte blos die buchſtäbliche Wie- derholung eines weit älteren Re- ſcripts ſind (L. 10 C. de admin. 5. 37), worin ſie gar keinen anderen Sinn haben können. Durch dieſe Wiederholung des älteren Reſcripts ſollte blos auf ſehr überflüſſige Weiſe die geſuchte Belehrung nach allen Seiten hin vervollſtändigt werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/164
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/164>, abgerufen am 27.11.2024.