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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
der Restitution gegen die actio legis Aquiliae auch auf die
Fälle böswilliger Verletzung beschränkt werden (g).

2. Eine ganz gleichartige Ausnahme ist vorgeschrieben
für diejenigen Verbindlichkeiten aus Verträgen, bei welchen
dem Schuldner eine Unredlichkeit zur Last fällt (h). Als
Beispiel dieser Ausnahme wird der Fall angeführt, wenn
ein freier Minderjähriger sich unredlicherweise als Sklave
verkaufen ließ, um an dem Gewinn aus dem Kaufpreise
Theil zu nehmen (i).

3. Eine Restitution kann ferner nicht ertheilt werden,
wenn das zum Nachtheil veränderte Rechtsverhältniß, seiner
eigenthümlichen Beschaffenheit nach, einer Herstellung nicht
unterworfen werden kann. In Anwendung dieser Regel
sollte niemals eine ertheilte Freilassung durch Restitution
entkräftet werden können (k). -- Als Erweiterungen oder

(g) L. 9 § 2 de min. (4. 4).
Der innere Zusammenhang der
ganzen Stelle ist dieser beschrän-
kenden Erklärung günstig. -- Man
könnte noch einwenden, daß auch
das culpa divertere keine Resti-
tution zulasse. (L. 9 § 3 de min.)
Allein dieses erklärt sich aus der
Verbindung mit dem adulteriam
L. 37 § 1 eod.
); auch besteht das
culpa divertere meist in vorsätz-
lichen Handlungen, so daß hier
der Ausdruck culpa durchaus nicht
den Gegensatz gegen dolus be-
zeichnen soll. -- Bei dem Inceß
gilt die Entschuldigung durch Irr-
thum verbunden mit Jugend. L. 38
§ 7 ad L. J. de adult. (48. 5),
L. 4 C. de incest.
(5. 5).
(h) L. 9 § 2 de min. (4. 4).
Hier wird der dolus in contrac-
tibus
als ganz gleichartig mit den
Delicten behandelt.
(i) L. 9 § 4 de min. (4. 4).
(k) L. 9 § 6 de min. (4. 4).
L. 7 pr. de dolo
(4. 3) (am Ende
der Stelle). L. 1. 2. 3 C. si adv.
lib.
(2. 31). Nicht als Beschränkung
dieser Regel kann es gelten, wenn
in L. 10 de min. gesagt wird:
"nisi ex magna causa hoc a
principe fuerit consecutus";

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
der Reſtitution gegen die actio legis Aquiliae auch auf die
Fälle böswilliger Verletzung beſchränkt werden (g).

2. Eine ganz gleichartige Ausnahme iſt vorgeſchrieben
für diejenigen Verbindlichkeiten aus Verträgen, bei welchen
dem Schuldner eine Unredlichkeit zur Laſt fällt (h). Als
Beiſpiel dieſer Ausnahme wird der Fall angeführt, wenn
ein freier Minderjähriger ſich unredlicherweiſe als Sklave
verkaufen ließ, um an dem Gewinn aus dem Kaufpreiſe
Theil zu nehmen (i).

3. Eine Reſtitution kann ferner nicht ertheilt werden,
wenn das zum Nachtheil veränderte Rechtsverhältniß, ſeiner
eigenthümlichen Beſchaffenheit nach, einer Herſtellung nicht
unterworfen werden kann. In Anwendung dieſer Regel
ſollte niemals eine ertheilte Freilaſſung durch Reſtitution
entkräftet werden können (k). — Als Erweiterungen oder

(g) L. 9 § 2 de min. (4. 4).
Der innere Zuſammenhang der
ganzen Stelle iſt dieſer beſchrän-
kenden Erklärung günſtig. — Man
könnte noch einwenden, daß auch
das culpa divertere keine Reſti-
tution zulaſſe. (L. 9 § 3 de min.)
Allein dieſes erklärt ſich aus der
Verbindung mit dem adulteriam
L. 37 § 1 eod.
); auch beſteht das
culpa divertere meiſt in vorſätz-
lichen Handlungen, ſo daß hier
der Ausdruck culpa durchaus nicht
den Gegenſatz gegen dolus be-
zeichnen ſoll. — Bei dem Inceß
gilt die Entſchuldigung durch Irr-
thum verbunden mit Jugend. L. 38
§ 7 ad L. J. de adult. (48. 5),
L. 4 C. de incest.
(5. 5).
(h) L. 9 § 2 de min. (4. 4).
Hier wird der dolus in contrac-
tibus
als ganz gleichartig mit den
Delicten behandelt.
(i) L. 9 § 4 de min. (4. 4).
(k) L. 9 § 6 de min. (4. 4).
L. 7 pr. de dolo
(4. 3) (am Ende
der Stelle). L. 1. 2. 3 C. si adv.
lib.
(2. 31). Nicht als Beſchränkung
dieſer Regel kann es gelten, wenn
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principe fuerit consecutus“;
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[140/0162] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. der Reſtitution gegen die actio legis Aquiliae auch auf die Fälle böswilliger Verletzung beſchränkt werden (g). 2. Eine ganz gleichartige Ausnahme iſt vorgeſchrieben für diejenigen Verbindlichkeiten aus Verträgen, bei welchen dem Schuldner eine Unredlichkeit zur Laſt fällt (h). Als Beiſpiel dieſer Ausnahme wird der Fall angeführt, wenn ein freier Minderjähriger ſich unredlicherweiſe als Sklave verkaufen ließ, um an dem Gewinn aus dem Kaufpreiſe Theil zu nehmen (i). 3. Eine Reſtitution kann ferner nicht ertheilt werden, wenn das zum Nachtheil veränderte Rechtsverhältniß, ſeiner eigenthümlichen Beſchaffenheit nach, einer Herſtellung nicht unterworfen werden kann. In Anwendung dieſer Regel ſollte niemals eine ertheilte Freilaſſung durch Reſtitution entkräftet werden können (k). — Als Erweiterungen oder (g) L. 9 § 2 de min. (4. 4). Der innere Zuſammenhang der ganzen Stelle iſt dieſer beſchrän- kenden Erklärung günſtig. — Man könnte noch einwenden, daß auch das culpa divertere keine Reſti- tution zulaſſe. (L. 9 § 3 de min.) Allein dieſes erklärt ſich aus der Verbindung mit dem adulteriam L. 37 § 1 eod.); auch beſteht das culpa divertere meiſt in vorſätz- lichen Handlungen, ſo daß hier der Ausdruck culpa durchaus nicht den Gegenſatz gegen dolus be- zeichnen ſoll. — Bei dem Inceß gilt die Entſchuldigung durch Irr- thum verbunden mit Jugend. L. 38 § 7 ad L. J. de adult. (48. 5), L. 4 C. de incest. (5. 5). (h) L. 9 § 2 de min. (4. 4). Hier wird der dolus in contrac- tibus als ganz gleichartig mit den Delicten behandelt. (i) L. 9 § 4 de min. (4. 4). (k) L. 9 § 6 de min. (4. 4). L. 7 pr. de dolo (4. 3) (am Ende der Stelle). L. 1. 2. 3 C. si adv. lib. (2. 31). Nicht als Beſchränkung dieſer Regel kann es gelten, wenn in L. 10 de min. geſagt wird: „nisi ex magna causa hoc a principe fuerit consecutus“;

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/162>, abgerufen am 23.11.2024.