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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
genügenden, die Verurtheilung abwendenden Restitution? (a)
Was gehört zu einer wahren Exhibition? (b)

So verschieden nun diese Fragen, ihrer wörtlichen
Fassung nach, lauten, so sind sie dennoch in der That
identisch, so daß die Antwort auf die eine Frage, ohne
Gefahr eines Irrthums, auch als Antwort auf die andere
Frage behandelt werden kann. Denn was der Beklagte
als genügende Restitution vornehmen muß um der Verur-
theilung zu entgehen, hat ganz denselben Umfang wie Das,
wozu er verurtheilt wird, wenn er die freiwillige Resti-
tution unterläßt (c), und eben so umgekehrt. -- Da wir
übrigens keine arbitrariae actiones mehr haben (§ 224),
so gewähren uns die Aussprüche über die wahre Resti-
tution und Exhibition nur den indirecten Vortheil, daß
wir daraus lernen, worauf die Verurtheilung gerichtet
werden muß, wenn es überhaupt zu einer solchen kommt (d).


(a) L. 35. 75. 246 § 1 de
V. S.
(50. 16), L. 20 L. 35 § 1
de rei vind.
(6. 1).
(b) L. 9 § 5. 6. 7. 8. ad exhib.
(10. 4)
(c) Allerdings mit dem Unter-
schied, daß das Urtheil nur auf
Geld gehen konnte, anstatt daß
die Restitution in Natur geschah.
Vergl. B. 5 § 221. Auch kann
im einzelnen Fall, nach thatsäch-
lichen Verhältnissen, in der Resti-
tution etwas Anderes nöthig seyn
und genügen, als das worauf später
das Urtheil gelautet hätte. Im
Allgemeinen aber ist die Identität
des Inhalts bei der Restitution
und dem Urtheil unverkennbar.
(d) In sofern steht allerdings
unser heutiges Recht dem älteren
R. R. gleich, daß auch bei uns
keine Verurtheilung erfolgt, wenn
der Beklagte während des Pro-
zesses das Verlangen des Klägers
vollständig erfüllt. Dieser Fall
ist aber in unsrem heutigen Recht
von keiner practischen Erheblichkeit,
anstatt daß im R. R. die arbi-
trariae actiones
künstlich darauf
berechnet waren, daß der Beklagte
freiwillig restituiren oder erhibiren
sollte, um größeren Nachtheilen
zu entgehen.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
genügenden, die Verurtheilung abwendenden Reſtitution? (a)
Was gehört zu einer wahren Exhibition? (b)

So verſchieden nun dieſe Fragen, ihrer wörtlichen
Faſſung nach, lauten, ſo ſind ſie dennoch in der That
identiſch, ſo daß die Antwort auf die eine Frage, ohne
Gefahr eines Irrthums, auch als Antwort auf die andere
Frage behandelt werden kann. Denn was der Beklagte
als genügende Reſtitution vornehmen muß um der Verur-
theilung zu entgehen, hat ganz denſelben Umfang wie Das,
wozu er verurtheilt wird, wenn er die freiwillige Reſti-
tution unterläßt (c), und eben ſo umgekehrt. — Da wir
übrigens keine arbitrariae actiones mehr haben (§ 224),
ſo gewähren uns die Ausſprüche über die wahre Reſti-
tution und Exhibition nur den indirecten Vortheil, daß
wir daraus lernen, worauf die Verurtheilung gerichtet
werden muß, wenn es überhaupt zu einer ſolchen kommt (d).


(a) L. 35. 75. 246 § 1 de
V. S.
(50. 16), L. 20 L. 35 § 1
de rei vind.
(6. 1).
(b) L. 9 § 5. 6. 7. 8. ad exhib.
(10. 4)
(c) Allerdings mit dem Unter-
ſchied, daß das Urtheil nur auf
Geld gehen konnte, anſtatt daß
die Reſtitution in Natur geſchah.
Vergl. B. 5 § 221. Auch kann
im einzelnen Fall, nach thatſäch-
lichen Verhältniſſen, in der Reſti-
tution etwas Anderes nöthig ſeyn
und genügen, als das worauf ſpäter
das Urtheil gelautet hätte. Im
Allgemeinen aber iſt die Identität
des Inhalts bei der Reſtitution
und dem Urtheil unverkennbar.
(d) In ſofern ſteht allerdings
unſer heutiges Recht dem älteren
R. R. gleich, daß auch bei uns
keine Verurtheilung erfolgt, wenn
der Beklagte während des Pro-
zeſſes das Verlangen des Klägers
vollſtändig erfüllt. Dieſer Fall
iſt aber in unſrem heutigen Recht
von keiner practiſchen Erheblichkeit,
anſtatt daß im R. R. die arbi-
trariae actiones
künſtlich darauf
berechnet waren, daß der Beklagte
freiwillig reſtituiren oder erhibiren
ſollte, um größeren Nachtheilen
zu entgehen.
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[50/0068] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. genügenden, die Verurtheilung abwendenden Reſtitution? (a) Was gehört zu einer wahren Exhibition? (b) So verſchieden nun dieſe Fragen, ihrer wörtlichen Faſſung nach, lauten, ſo ſind ſie dennoch in der That identiſch, ſo daß die Antwort auf die eine Frage, ohne Gefahr eines Irrthums, auch als Antwort auf die andere Frage behandelt werden kann. Denn was der Beklagte als genügende Reſtitution vornehmen muß um der Verur- theilung zu entgehen, hat ganz denſelben Umfang wie Das, wozu er verurtheilt wird, wenn er die freiwillige Reſti- tution unterläßt (c), und eben ſo umgekehrt. — Da wir übrigens keine arbitrariae actiones mehr haben (§ 224), ſo gewähren uns die Ausſprüche über die wahre Reſti- tution und Exhibition nur den indirecten Vortheil, daß wir daraus lernen, worauf die Verurtheilung gerichtet werden muß, wenn es überhaupt zu einer ſolchen kommt (d). (a) L. 35. 75. 246 § 1 de V. S. (50. 16), L. 20 L. 35 § 1 de rei vind. (6. 1). (b) L. 9 § 5. 6. 7. 8. ad exhib. (10. 4) (c) Allerdings mit dem Unter- ſchied, daß das Urtheil nur auf Geld gehen konnte, anſtatt daß die Reſtitution in Natur geſchah. Vergl. B. 5 § 221. Auch kann im einzelnen Fall, nach thatſäch- lichen Verhältniſſen, in der Reſti- tution etwas Anderes nöthig ſeyn und genügen, als das worauf ſpäter das Urtheil gelautet hätte. Im Allgemeinen aber iſt die Identität des Inhalts bei der Reſtitution und dem Urtheil unverkennbar. (d) In ſofern ſteht allerdings unſer heutiges Recht dem älteren R. R. gleich, daß auch bei uns keine Verurtheilung erfolgt, wenn der Beklagte während des Pro- zeſſes das Verlangen des Klägers vollſtändig erfüllt. Dieſer Fall iſt aber in unſrem heutigen Recht von keiner practiſchen Erheblichkeit, anſtatt daß im R. R. die arbi- trariae actiones künſtlich darauf berechnet waren, daß der Beklagte freiwillig reſtituiren oder erhibiren ſollte, um größeren Nachtheilen zu entgehen.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/68>, abgerufen am 26.11.2024.