Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
schrift, auch wenn sie keine Spur einer thatsächlichen Er-
klärung enthält, eine L. C. fingiren. Nur ist dieses Alles
völlig willkührlich, und es ist eine bloße Illusion, wenn
man glaubt, damit das R. R., oder die Reichsgesetze, oder
auch nur die neuere Praxis wirklich anzuwenden. --
Wenn von allen diesen Schwierigkeiten in vielen Ländern
keine merkliche Beschwerde empfunden worden ist, so liegt
dieses theils an der guten Aufsicht der Gerichte, theils
darin daß die Praxis nicht bei der L. C. als Grund und
Zeitpunkt der materiellen Veränderungen während des
Prozesses stehen geblieben ist, wovon am Schluß dieser
ganzen Lehre gehandelt werden wird.

Wie weit aber hierin der Misbrauch und die Gefähr-
dung des Rechts getrieben werden kann, davon giebt der
Sächsische Prozeß Zeugniß. In diesem kommt es sehr
gewöhnlich vor, daß eine ganze Instanz hindurch über die
Verbindlichkeit des Beklagten zur L. C. gestritten, und am
Ende durch Urtheil festgestellt wird, daß Beklagter, Ein-
wendens ungeachtet, auf die erhobene Klage sich einzulassen
schuldig; dieses Urtheil kann dann wieder durch Rechts-
mittel angegriffen und durch die Instanzen verfolgt werden.

§. 260.
Wirkungen der Litis Contestation. -- Einleitung.

Indem nunmehr die Wirkungen der L. C. dargestellt
werden sollen, sind dieselben an den oben angegebenen
Grundsatz anzuknüpfen, nach welchem die Aufgabe dieses

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
ſchrift, auch wenn ſie keine Spur einer thatſächlichen Er-
klärung enthält, eine L. C. fingiren. Nur iſt dieſes Alles
völlig willkührlich, und es iſt eine bloße Illuſion, wenn
man glaubt, damit das R. R., oder die Reichsgeſetze, oder
auch nur die neuere Praxis wirklich anzuwenden. —
Wenn von allen dieſen Schwierigkeiten in vielen Ländern
keine merkliche Beſchwerde empfunden worden iſt, ſo liegt
dieſes theils an der guten Aufſicht der Gerichte, theils
darin daß die Praxis nicht bei der L. C. als Grund und
Zeitpunkt der materiellen Veränderungen während des
Prozeſſes ſtehen geblieben iſt, wovon am Schluß dieſer
ganzen Lehre gehandelt werden wird.

Wie weit aber hierin der Misbrauch und die Gefähr-
dung des Rechts getrieben werden kann, davon giebt der
Sächſiſche Prozeß Zeugniß. In dieſem kommt es ſehr
gewöhnlich vor, daß eine ganze Inſtanz hindurch über die
Verbindlichkeit des Beklagten zur L. C. geſtritten, und am
Ende durch Urtheil feſtgeſtellt wird, daß Beklagter, Ein-
wendens ungeachtet, auf die erhobene Klage ſich einzulaſſen
ſchuldig; dieſes Urtheil kann dann wieder durch Rechts-
mittel angegriffen und durch die Inſtanzen verfolgt werden.

§. 260.
Wirkungen der Litis Conteſtation. — Einleitung.

Indem nunmehr die Wirkungen der L. C. dargeſtellt
werden ſollen, ſind dieſelben an den oben angegebenen
Grundſatz anzuknüpfen, nach welchem die Aufgabe dieſes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0066" n="48"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
&#x017F;chrift, auch wenn &#x017F;ie keine Spur einer that&#x017F;ächlichen Er-<lb/>
klärung enthält, eine L. C. fingiren. Nur i&#x017F;t die&#x017F;es Alles<lb/>
völlig willkührlich, und es i&#x017F;t eine bloße Illu&#x017F;ion, wenn<lb/>
man glaubt, damit das R. R., oder die Reichsge&#x017F;etze, oder<lb/>
auch nur die neuere Praxis wirklich anzuwenden. &#x2014;<lb/>
Wenn von allen die&#x017F;en Schwierigkeiten in vielen Ländern<lb/>
keine merkliche Be&#x017F;chwerde empfunden worden i&#x017F;t, &#x017F;o liegt<lb/>
die&#x017F;es theils an der guten Auf&#x017F;icht der Gerichte, theils<lb/>
darin daß die Praxis nicht bei der L. C. als Grund und<lb/>
Zeitpunkt der materiellen Veränderungen während des<lb/>
Proze&#x017F;&#x017F;es &#x017F;tehen geblieben i&#x017F;t, wovon am Schluß die&#x017F;er<lb/>
ganzen Lehre gehandelt werden wird.</p><lb/>
            <p>Wie weit aber hierin der Misbrauch und die Gefähr-<lb/>
dung des Rechts getrieben werden kann, davon giebt der<lb/>
Säch&#x017F;i&#x017F;che Prozeß Zeugniß. In die&#x017F;em kommt es &#x017F;ehr<lb/>
gewöhnlich vor, daß eine ganze In&#x017F;tanz hindurch über die<lb/>
Verbindlichkeit des Beklagten zur L. C. ge&#x017F;tritten, und am<lb/>
Ende durch Urtheil fe&#x017F;tge&#x017F;tellt wird, daß Beklagter, Ein-<lb/>
wendens ungeachtet, auf die erhobene Klage &#x017F;ich einzula&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;chuldig; die&#x017F;es Urtheil kann dann wieder durch Rechts-<lb/>
mittel angegriffen und durch die In&#x017F;tanzen verfolgt werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 260.<lb/><hi rendition="#g">Wirkungen der Litis Conte&#x017F;tation. &#x2014; Einleitung</hi>.</head><lb/>
            <p>Indem nunmehr die Wirkungen der L. C. darge&#x017F;tellt<lb/>
werden &#x017F;ollen, &#x017F;ind die&#x017F;elben an den oben angegebenen<lb/>
Grund&#x017F;atz anzuknüpfen, nach welchem die Aufgabe die&#x017F;es<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0066] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. ſchrift, auch wenn ſie keine Spur einer thatſächlichen Er- klärung enthält, eine L. C. fingiren. Nur iſt dieſes Alles völlig willkührlich, und es iſt eine bloße Illuſion, wenn man glaubt, damit das R. R., oder die Reichsgeſetze, oder auch nur die neuere Praxis wirklich anzuwenden. — Wenn von allen dieſen Schwierigkeiten in vielen Ländern keine merkliche Beſchwerde empfunden worden iſt, ſo liegt dieſes theils an der guten Aufſicht der Gerichte, theils darin daß die Praxis nicht bei der L. C. als Grund und Zeitpunkt der materiellen Veränderungen während des Prozeſſes ſtehen geblieben iſt, wovon am Schluß dieſer ganzen Lehre gehandelt werden wird. Wie weit aber hierin der Misbrauch und die Gefähr- dung des Rechts getrieben werden kann, davon giebt der Sächſiſche Prozeß Zeugniß. In dieſem kommt es ſehr gewöhnlich vor, daß eine ganze Inſtanz hindurch über die Verbindlichkeit des Beklagten zur L. C. geſtritten, und am Ende durch Urtheil feſtgeſtellt wird, daß Beklagter, Ein- wendens ungeachtet, auf die erhobene Klage ſich einzulaſſen ſchuldig; dieſes Urtheil kann dann wieder durch Rechts- mittel angegriffen und durch die Inſtanzen verfolgt werden. §. 260. Wirkungen der Litis Conteſtation. — Einleitung. Indem nunmehr die Wirkungen der L. C. dargeſtellt werden ſollen, ſind dieſelben an den oben angegebenen Grundſatz anzuknüpfen, nach welchem die Aufgabe dieſes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/66
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/66>, abgerufen am 22.12.2024.