einer das materielle Recht, und zwar die Lehre von der Rechtskraft, betreffenden Frage.
Es wird nämlich von mehreren Seiten behauptet, aus jener strengen Lehre des Prozeßrechts folge, daß die von uns für die Klagen in rem behauptete Ausnahme im heu- tigen Recht zur allgemeinen Negel umgewandelt worden sey. Denn da nun jeder Kläger sogleich in der Klage den Entstehungsgrund seines Eigenthums angeben müsse, so sey jedesmal der Fall vorhanden, den unsre Ausnahme voraussetzt, und es könne daher jede abgewiesene Eigen- thumsklage wiederholt werden, sobald nur der Kläger einen anderen, als den früheren Entstehungsgrund des Eigen- thums, bei der neuen Klage angebe (z).
Diese Folgerung kann ich nun auf keine Weise als richtig anerkennen. Wenn der Kläger, so wie es jene strenge Lehre fordert, den Entstehungsgrund seines Eigen- thums angiebt, so ist Das noch sehr verschieden von der bindenden Erklärung, sich in diesem Rechtsstreit nur allein dieses Grundes bedienen zu wollen, auf welche Erklärung Alles ankommt, indem damit bestimmte Vortheile und Nachtheile verbunden sind (Num. III. IV.). Die bloße Angabe des Entstehungsgrundes ohne diese Erklärung würde etwa zu vergleichen seyn einer ähnlichen Erzählung der Thatsachen, die im Römischen Prozeß der Kläger vor
(z)Puchta Mus. II. S. 267. Wächter S. 445. -- Diese Meinung führt auf einem anderen Wege zu demselben Erfolg, welchen Kierulff aus der heutigen aequitas ableitet (S. 518. 519.)
Beilage XVII.
einer das materielle Recht, und zwar die Lehre von der Rechtskraft, betreffenden Frage.
Es wird nämlich von mehreren Seiten behauptet, aus jener ſtrengen Lehre des Prozeßrechts folge, daß die von uns für die Klagen in rem behauptete Ausnahme im heu- tigen Recht zur allgemeinen Negel umgewandelt worden ſey. Denn da nun jeder Kläger ſogleich in der Klage den Entſtehungsgrund ſeines Eigenthums angeben müſſe, ſo ſey jedesmal der Fall vorhanden, den unſre Ausnahme vorausſetzt, und es könne daher jede abgewieſene Eigen- thumsklage wiederholt werden, ſobald nur der Kläger einen anderen, als den früheren Entſtehungsgrund des Eigen- thums, bei der neuen Klage angebe (z).
Dieſe Folgerung kann ich nun auf keine Weiſe als richtig anerkennen. Wenn der Kläger, ſo wie es jene ſtrenge Lehre fordert, den Entſtehungsgrund ſeines Eigen- thums angiebt, ſo iſt Das noch ſehr verſchieden von der bindenden Erklärung, ſich in dieſem Rechtsſtreit nur allein dieſes Grundes bedienen zu wollen, auf welche Erklärung Alles ankommt, indem damit beſtimmte Vortheile und Nachtheile verbunden ſind (Num. III. IV.). Die bloße Angabe des Entſtehungsgrundes ohne dieſe Erklärung würde etwa zu vergleichen ſeyn einer ähnlichen Erzählung der Thatſachen, die im Römiſchen Prozeß der Kläger vor
(z)Puchta Muſ. II. S. 267. Wächter S. 445. — Dieſe Meinung führt auf einem anderen Wege zu demſelben Erfolg, welchen Kierulff aus der heutigen aequitas ableitet (S. 518. 519.)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0552"n="534"/><fwplace="top"type="header">Beilage <hirendition="#aq">XVII.</hi></fw><lb/>
einer das materielle Recht, und zwar die Lehre von der<lb/>
Rechtskraft, betreffenden Frage.</p><lb/><p>Es wird nämlich von mehreren Seiten behauptet, aus<lb/>
jener ſtrengen Lehre des Prozeßrechts folge, daß die von<lb/>
uns für die Klagen <hirendition="#aq">in rem</hi> behauptete Ausnahme im heu-<lb/>
tigen Recht zur allgemeinen Negel umgewandelt worden<lb/>ſey. Denn da nun jeder Kläger ſogleich in der Klage den<lb/>
Entſtehungsgrund ſeines Eigenthums angeben müſſe, ſo<lb/>ſey jedesmal der Fall vorhanden, den unſre Ausnahme<lb/>
vorausſetzt, und es könne daher jede abgewieſene Eigen-<lb/>
thumsklage wiederholt werden, ſobald nur der Kläger einen<lb/>
anderen, als den früheren Entſtehungsgrund des Eigen-<lb/>
thums, bei der neuen Klage angebe <noteplace="foot"n="(z)"><hirendition="#g">Puchta</hi> Muſ. <hirendition="#aq">II.</hi> S. 267.<lb/><hirendition="#g">Wächter</hi> S. 445. — Dieſe<lb/>
Meinung führt auf einem anderen<lb/>
Wege zu demſelben Erfolg, welchen<lb/>
Kierulff aus der heutigen <hirendition="#aq">aequitas</hi><lb/>
ableitet (S. 518. 519.)</note>.</p><lb/><p>Dieſe Folgerung kann ich nun auf keine Weiſe als<lb/>
richtig anerkennen. Wenn der Kläger, ſo wie es jene<lb/>ſtrenge Lehre fordert, den Entſtehungsgrund ſeines Eigen-<lb/>
thums angiebt, ſo iſt Das noch ſehr verſchieden von der<lb/>
bindenden Erklärung, ſich in dieſem Rechtsſtreit nur allein<lb/>
dieſes Grundes bedienen zu wollen, auf welche Erklärung<lb/>
Alles ankommt, indem damit beſtimmte Vortheile und<lb/>
Nachtheile verbunden ſind (Num. <hirendition="#aq">III. IV.</hi>). Die bloße<lb/>
Angabe des Entſtehungsgrundes ohne dieſe Erklärung<lb/>
würde etwa zu vergleichen ſeyn einer ähnlichen Erzählung<lb/>
der Thatſachen, die im Römiſchen Prozeß der Kläger vor<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[534/0552]
Beilage XVII.
einer das materielle Recht, und zwar die Lehre von der
Rechtskraft, betreffenden Frage.
Es wird nämlich von mehreren Seiten behauptet, aus
jener ſtrengen Lehre des Prozeßrechts folge, daß die von
uns für die Klagen in rem behauptete Ausnahme im heu-
tigen Recht zur allgemeinen Negel umgewandelt worden
ſey. Denn da nun jeder Kläger ſogleich in der Klage den
Entſtehungsgrund ſeines Eigenthums angeben müſſe, ſo
ſey jedesmal der Fall vorhanden, den unſre Ausnahme
vorausſetzt, und es könne daher jede abgewieſene Eigen-
thumsklage wiederholt werden, ſobald nur der Kläger einen
anderen, als den früheren Entſtehungsgrund des Eigen-
thums, bei der neuen Klage angebe (z).
Dieſe Folgerung kann ich nun auf keine Weiſe als
richtig anerkennen. Wenn der Kläger, ſo wie es jene
ſtrenge Lehre fordert, den Entſtehungsgrund ſeines Eigen-
thums angiebt, ſo iſt Das noch ſehr verſchieden von der
bindenden Erklärung, ſich in dieſem Rechtsſtreit nur allein
dieſes Grundes bedienen zu wollen, auf welche Erklärung
Alles ankommt, indem damit beſtimmte Vortheile und
Nachtheile verbunden ſind (Num. III. IV.). Die bloße
Angabe des Entſtehungsgrundes ohne dieſe Erklärung
würde etwa zu vergleichen ſeyn einer ähnlichen Erzählung
der Thatſachen, die im Römiſchen Prozeß der Kläger vor
(z) Puchta Muſ. II. S. 267.
Wächter S. 445. — Dieſe
Meinung führt auf einem anderen
Wege zu demſelben Erfolg, welchen
Kierulff aus der heutigen aequitas
ableitet (S. 518. 519.)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/552>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.