Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 300. Einrede. Verschiedenheit des Erwerbsgrundes.
als auf die Eigenthumsklage, Anwendung findet. Eine Be-
stätigung dieser Behauptung findet sich in einer Stelle des
Paulus, die auf mancherlei Weise mißverstanden worden
ist (g). In einem Testament war für ein Sechstheil des
Vermögens zum Erben eingesetzt worden ein Verwandter
des Verstorbenen, der als Intestaterbe auf die Hälfte der
Erbschaft Anspruch gehabt haben würde. Dieser klagte als
Intestaterbe gegen einen gleichfalls eingesetzten Besitzer der
Erbschaft auf die Hälfte, indem er das Testament als un-
gültig anfocht; er wurde abgewiesen, und wollte nun als
Testamentserbe gegen denselben Besitzer das ihm angewie-
sene Sechstheil einklagen. Paulus sagt, diese zweite
Klage sey durch die Einrede der Rechtskraft ausgeschlossen.
Darin liegt die Anerkennung, daß diese Einrede anwendbar
ist, auch wenn beide Erbrechtsklagen auf verschiedenen Er-
werbsgründen der Erbschaft beruhen, die erste auf der Ver-
wandtschaft, die zweite auf einem Testament.

Nur aus Mißverständniß ist auf diese Regel eine Stelle
des Ulpian bezogen worden, die hier genau erklärt werden
muß, weil sich an die irrige Auffassung derselben manche
bedenkliche Irrthümer angeknüpft haben (h). Es war ein
Mann gestorben und hatte sowohl ein Testament für sich
selbst, als ein Pupillartestament für seinen unmündigen

(g) L. 30 pr. de exc. r. jud.
(44. 2). Vgl. Keller S. 288. 289.
-- In anderer Beziehung ist diese
Stelle schon oben benutzt worden.
§ 299. k.
(h) L. 11 pr. de exc. r. jud.
(44. 2). Von dieser Stelle handeln
Keller S. 290. 580. Puchta
Rhein. Museum II. 264. III. 483.
Kierulff S. 261. 262.

§. 300. Einrede. Verſchiedenheit des Erwerbsgrundes.
als auf die Eigenthumsklage, Anwendung findet. Eine Be-
ſtätigung dieſer Behauptung findet ſich in einer Stelle des
Paulus, die auf mancherlei Weiſe mißverſtanden worden
iſt (g). In einem Teſtament war für ein Sechstheil des
Vermögens zum Erben eingeſetzt worden ein Verwandter
des Verſtorbenen, der als Inteſtaterbe auf die Hälfte der
Erbſchaft Anſpruch gehabt haben würde. Dieſer klagte als
Inteſtaterbe gegen einen gleichfalls eingeſetzten Beſitzer der
Erbſchaft auf die Hälfte, indem er das Teſtament als un-
gültig anfocht; er wurde abgewieſen, und wollte nun als
Teſtamentserbe gegen denſelben Beſitzer das ihm angewie-
ſene Sechstheil einklagen. Paulus ſagt, dieſe zweite
Klage ſey durch die Einrede der Rechtskraft ausgeſchloſſen.
Darin liegt die Anerkennung, daß dieſe Einrede anwendbar
iſt, auch wenn beide Erbrechtsklagen auf verſchiedenen Er-
werbsgründen der Erbſchaft beruhen, die erſte auf der Ver-
wandtſchaft, die zweite auf einem Teſtament.

Nur aus Mißverſtändniß iſt auf dieſe Regel eine Stelle
des Ulpian bezogen worden, die hier genau erklärt werden
muß, weil ſich an die irrige Auffaſſung derſelben manche
bedenkliche Irrthümer angeknüpft haben (h). Es war ein
Mann geſtorben und hatte ſowohl ein Teſtament für ſich
ſelbſt, als ein Pupillarteſtament für ſeinen unmündigen

(g) L. 30 pr. de exc. r. jud.
(44. 2). Vgl. Keller S. 288. 289.
— In anderer Beziehung iſt dieſe
Stelle ſchon oben benutzt worden.
§ 299. k.
(h) L. 11 pr. de exc. r. jud.
(44. 2). Von dieſer Stelle handeln
Keller S. 290. 580. Puchta
Rhein. Muſeum II. 264. III. 483.
Kierulff S. 261. 262.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0477" n="459"/><fw place="top" type="header">§. 300. Einrede. Ver&#x017F;chiedenheit des Erwerbsgrundes.</fw><lb/>
als auf die Eigenthumsklage, Anwendung findet. Eine Be-<lb/>
&#x017F;tätigung die&#x017F;er Behauptung findet &#x017F;ich in einer Stelle des<lb/><hi rendition="#g">Paulus</hi>, die auf mancherlei Wei&#x017F;e mißver&#x017F;tanden worden<lb/>
i&#x017F;t <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 30 <hi rendition="#i">pr. de exc. r. jud.</hi></hi><lb/>
(44. 2). Vgl. <hi rendition="#g">Keller</hi> S. 288. 289.<lb/>
&#x2014; In anderer Beziehung i&#x017F;t die&#x017F;e<lb/>
Stelle &#x017F;chon oben benutzt worden.<lb/>
§ 299. <hi rendition="#aq">k.</hi></note>. In einem Te&#x017F;tament war für ein Sechstheil des<lb/>
Vermögens zum Erben einge&#x017F;etzt worden ein Verwandter<lb/>
des Ver&#x017F;torbenen, der als Inte&#x017F;taterbe auf die Hälfte der<lb/>
Erb&#x017F;chaft An&#x017F;pruch gehabt haben würde. Die&#x017F;er klagte als<lb/>
Inte&#x017F;taterbe gegen einen gleichfalls einge&#x017F;etzten Be&#x017F;itzer der<lb/>
Erb&#x017F;chaft auf die Hälfte, indem er das Te&#x017F;tament als un-<lb/>
gültig anfocht; er wurde abgewie&#x017F;en, und wollte nun als<lb/>
Te&#x017F;tamentserbe gegen den&#x017F;elben Be&#x017F;itzer das ihm angewie-<lb/>
&#x017F;ene Sechstheil einklagen. <hi rendition="#g">Paulus</hi> &#x017F;agt, die&#x017F;e zweite<lb/>
Klage &#x017F;ey durch die Einrede der Rechtskraft ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Darin liegt die Anerkennung, daß die&#x017F;e Einrede anwendbar<lb/>
i&#x017F;t, auch wenn beide Erbrechtsklagen auf ver&#x017F;chiedenen Er-<lb/>
werbsgründen der Erb&#x017F;chaft beruhen, die er&#x017F;te auf der Ver-<lb/>
wandt&#x017F;chaft, die zweite auf einem Te&#x017F;tament.</p><lb/>
            <p>Nur aus Mißver&#x017F;tändniß i&#x017F;t auf die&#x017F;e Regel eine Stelle<lb/>
des <hi rendition="#g">Ulpian</hi> bezogen worden, die hier genau erklärt werden<lb/>
muß, weil &#x017F;ich an die irrige Auffa&#x017F;&#x017F;ung der&#x017F;elben manche<lb/>
bedenkliche Irrthümer angeknüpft haben <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 11 <hi rendition="#i">pr. de exc. r. jud.</hi></hi><lb/>
(44. 2). Von die&#x017F;er Stelle handeln<lb/><hi rendition="#g">Keller</hi> S. 290. 580. <hi rendition="#g">Puchta</hi><lb/>
Rhein. Mu&#x017F;eum <hi rendition="#aq">II.</hi> 264. <hi rendition="#aq">III.</hi> 483.<lb/><hi rendition="#g">Kierulff</hi> S. 261. 262.</note>. Es war ein<lb/>
Mann ge&#x017F;torben und hatte &#x017F;owohl ein Te&#x017F;tament für &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, als ein Pupillarte&#x017F;tament für &#x017F;einen unmündigen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[459/0477] §. 300. Einrede. Verſchiedenheit des Erwerbsgrundes. als auf die Eigenthumsklage, Anwendung findet. Eine Be- ſtätigung dieſer Behauptung findet ſich in einer Stelle des Paulus, die auf mancherlei Weiſe mißverſtanden worden iſt (g). In einem Teſtament war für ein Sechstheil des Vermögens zum Erben eingeſetzt worden ein Verwandter des Verſtorbenen, der als Inteſtaterbe auf die Hälfte der Erbſchaft Anſpruch gehabt haben würde. Dieſer klagte als Inteſtaterbe gegen einen gleichfalls eingeſetzten Beſitzer der Erbſchaft auf die Hälfte, indem er das Teſtament als un- gültig anfocht; er wurde abgewieſen, und wollte nun als Teſtamentserbe gegen denſelben Beſitzer das ihm angewie- ſene Sechstheil einklagen. Paulus ſagt, dieſe zweite Klage ſey durch die Einrede der Rechtskraft ausgeſchloſſen. Darin liegt die Anerkennung, daß dieſe Einrede anwendbar iſt, auch wenn beide Erbrechtsklagen auf verſchiedenen Er- werbsgründen der Erbſchaft beruhen, die erſte auf der Ver- wandtſchaft, die zweite auf einem Teſtament. Nur aus Mißverſtändniß iſt auf dieſe Regel eine Stelle des Ulpian bezogen worden, die hier genau erklärt werden muß, weil ſich an die irrige Auffaſſung derſelben manche bedenkliche Irrthümer angeknüpft haben (h). Es war ein Mann geſtorben und hatte ſowohl ein Teſtament für ſich ſelbſt, als ein Pupillarteſtament für ſeinen unmündigen (g) L. 30 pr. de exc. r. jud. (44. 2). Vgl. Keller S. 288. 289. — In anderer Beziehung iſt dieſe Stelle ſchon oben benutzt worden. § 299. k. (h) L. 11 pr. de exc. r. jud. (44. 2). Von dieſer Stelle handeln Keller S. 290. 580. Puchta Rhein. Muſeum II. 264. III. 483. Kierulff S. 261. 262.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/477
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/477>, abgerufen am 22.11.2024.