§. 300. Einrede. Verschiedenheit des Erwerbsgrundes.
Miethvertrag, und aus dem beschädigten Eigenthum (a. L. Aquiliae). Wird daher die eine dieser Klagen abgewiesen, so könnte man glauben, die andere sey nicht ausgeschlossen, weil in dieser das Recht aus einem anderen Entstehungs- grunde abgeleitet werde. Allein die causa proxima actionis ist die Beschädigung. Wird diese rechtskräftig verneint, so ist diese Verneinung auch für die zweite Klage entscheidend. Die wahre Gränze für die Zulässigkeit der Einrede kann daher hier, wie überall, nur danach beurtheilt werden, ob in beiden Klagen dieselbe Rechtsfrage zum Grunde liegt.
Der folgende, von Ulpian erzählte Rechtsfall hat unbe- gründete Zweifel an der allgemeinen Anerkennung der hier abgehandelten Regel veranlaßt. Ein Sclave hatte von seinem Herrn Auftrag zur Führung von zweierlei Ge- schäften erhalten: zum Betrieb eines Oelhandels, und zur Aufnahme von Darlehnen. Ein Gläubiger hatte ihm ein Darlehen gegeben, indem er irrigerweise annahm, daß dasselbe zum Oelhandel verwendet werden sollte, und hatte nun gegen den Herrn die institoria actio wegen des Auf- trags zu diesem Handelsbetrieb angestellt. Nachdem er ab- gewiesen worden war, wollte er von Neuem klagen, indem er sich darauf bezog, daß der Sclave auch zur Aufnahme von Darlehnen überhaupt ermächtigt war. Eigentlich, sagt Ulpian, ist die Klage consumirt; dennoch muß ihm, nach Julian's (richtiger) Bemerkung, eine utilis actio gestattet werden (e). -- Der Grundsatz der Consumtion führte hier
(e)L. 13 pr. de instit. act. (14. 3).
§. 300. Einrede. Verſchiedenheit des Erwerbsgrundes.
Miethvertrag, und aus dem beſchädigten Eigenthum (a. L. Aquiliae). Wird daher die eine dieſer Klagen abgewieſen, ſo könnte man glauben, die andere ſey nicht ausgeſchloſſen, weil in dieſer das Recht aus einem anderen Entſtehungs- grunde abgeleitet werde. Allein die causa proxima actionis iſt die Beſchädigung. Wird dieſe rechtskräftig verneint, ſo iſt dieſe Verneinung auch für die zweite Klage entſcheidend. Die wahre Gränze für die Zuläſſigkeit der Einrede kann daher hier, wie überall, nur danach beurtheilt werden, ob in beiden Klagen dieſelbe Rechtsfrage zum Grunde liegt.
Der folgende, von Ulpian erzählte Rechtsfall hat unbe- gründete Zweifel an der allgemeinen Anerkennung der hier abgehandelten Regel veranlaßt. Ein Sclave hatte von ſeinem Herrn Auftrag zur Führung von zweierlei Ge- ſchäften erhalten: zum Betrieb eines Oelhandels, und zur Aufnahme von Darlehnen. Ein Gläubiger hatte ihm ein Darlehen gegeben, indem er irrigerweiſe annahm, daß daſſelbe zum Oelhandel verwendet werden ſollte, und hatte nun gegen den Herrn die institoria actio wegen des Auf- trags zu dieſem Handelsbetrieb angeſtellt. Nachdem er ab- gewieſen worden war, wollte er von Neuem klagen, indem er ſich darauf bezog, daß der Sclave auch zur Aufnahme von Darlehnen überhaupt ermächtigt war. Eigentlich, ſagt Ulpian, iſt die Klage conſumirt; dennoch muß ihm, nach Julian’s (richtiger) Bemerkung, eine utilis actio geſtattet werden (e). — Der Grundſatz der Conſumtion führte hier
(e)L. 13 pr. de instit. act. (14. 3).
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§. 300. Einrede. Verſchiedenheit des Erwerbsgrundes.
Miethvertrag, und aus dem beſchädigten Eigenthum (a. L.
Aquiliae). Wird daher die eine dieſer Klagen abgewieſen,
ſo könnte man glauben, die andere ſey nicht ausgeſchloſſen,
weil in dieſer das Recht aus einem anderen Entſtehungs-
grunde abgeleitet werde. Allein die causa proxima actionis
iſt die Beſchädigung. Wird dieſe rechtskräftig verneint, ſo
iſt dieſe Verneinung auch für die zweite Klage entſcheidend.
Die wahre Gränze für die Zuläſſigkeit der Einrede kann
daher hier, wie überall, nur danach beurtheilt werden, ob
in beiden Klagen dieſelbe Rechtsfrage zum Grunde liegt.
Der folgende, von Ulpian erzählte Rechtsfall hat unbe-
gründete Zweifel an der allgemeinen Anerkennung der hier
abgehandelten Regel veranlaßt. Ein Sclave hatte von
ſeinem Herrn Auftrag zur Führung von zweierlei Ge-
ſchäften erhalten: zum Betrieb eines Oelhandels, und zur
Aufnahme von Darlehnen. Ein Gläubiger hatte ihm ein
Darlehen gegeben, indem er irrigerweiſe annahm, daß
daſſelbe zum Oelhandel verwendet werden ſollte, und hatte
nun gegen den Herrn die institoria actio wegen des Auf-
trags zu dieſem Handelsbetrieb angeſtellt. Nachdem er ab-
gewieſen worden war, wollte er von Neuem klagen, indem
er ſich darauf bezog, daß der Sclave auch zur Aufnahme
von Darlehnen überhaupt ermächtigt war. Eigentlich, ſagt
Ulpian, iſt die Klage conſumirt; dennoch muß ihm, nach
Julian’s (richtiger) Bemerkung, eine utilis actio geſtattet
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(e) L. 13 pr. de instit. act. (14. 3).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/475>, abgerufen am 16.02.2025.
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