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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Wird einer persönlichen Klage die Einrede der Compen-
sation entgegengesetzt, und diese deswegen verworfen, weil
der Richter die Gegenforderung als unbegründet ansieht,
so könnte späterhin diese Gegenforderung als selbstständige
Klage geltend gemacht werden. Dann aber würde die Ein-
rede der Rechtskraft diese Klage ausschließen müssen, weil
der frühere Richter das Daseyn der Gegenforderung rechts-
kräftig verneint hat (i).

In den beiden zuletzt angeführten Fällen konnte nicht
blos die Verschiedenheit der Parteirolle einen Zweifel an
der Anwendbarkeit jener Einrede erregen, sondern auch die
ungleichnamige Klage, die dem ersten und zweiten Rechts-
streit zum Grunde liegt. Da nun auch dieser Umstand
kein Hinderniß für die Anwendbarkeit ist, so liegt darin
eine unzweifelhafte Bestätigung der im Anfang dieses
Paragraphen aufgestellten Regel.

Einen Zweifel an der Richtigkeit der hier aufgestellten
Regel könnte man aus der Äußerung des Paulus über
folgenden Rechtsfall herleiten (k). Der Verkäufer einer
fremden Sache erwirbt später das Eigenthum, und vindicirt
nun gegen den Käufer; dieser kann sich gegen die Klage
schützen durch eine exceptio doli (oder rei venditae et tra-
ditae
). Er kann auch den Gebrauch der Einrede unter-
lassen, und hinterher mit der actio emti das Interesse, oder

(i) L. 8 § 2 de neg. gestis
(3. 5), L. 7 § 1 de compens.
(16. 2), L. 1 § 4 de contr. tut.

(27. 4). -- Vgl. oben § 291. d.
(k) L. 18 de evict. (21. 2),
verbunden mit L. 17 eod.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Wird einer perſönlichen Klage die Einrede der Compen-
ſation entgegengeſetzt, und dieſe deswegen verworfen, weil
der Richter die Gegenforderung als unbegründet anſieht,
ſo könnte ſpäterhin dieſe Gegenforderung als ſelbſtſtändige
Klage geltend gemacht werden. Dann aber würde die Ein-
rede der Rechtskraft dieſe Klage ausſchließen müſſen, weil
der frühere Richter das Daſeyn der Gegenforderung rechts-
kräftig verneint hat (i).

In den beiden zuletzt angeführten Fällen konnte nicht
blos die Verſchiedenheit der Parteirolle einen Zweifel an
der Anwendbarkeit jener Einrede erregen, ſondern auch die
ungleichnamige Klage, die dem erſten und zweiten Rechts-
ſtreit zum Grunde liegt. Da nun auch dieſer Umſtand
kein Hinderniß für die Anwendbarkeit iſt, ſo liegt darin
eine unzweifelhafte Beſtätigung der im Anfang dieſes
Paragraphen aufgeſtellten Regel.

Einen Zweifel an der Richtigkeit der hier aufgeſtellten
Regel könnte man aus der Äußerung des Paulus über
folgenden Rechtsfall herleiten (k). Der Verkäufer einer
fremden Sache erwirbt ſpäter das Eigenthum, und vindicirt
nun gegen den Käufer; dieſer kann ſich gegen die Klage
ſchützen durch eine exceptio doli (oder rei venditae et tra-
ditae
). Er kann auch den Gebrauch der Einrede unter-
laſſen, und hinterher mit der actio emti das Intereſſe, oder

(i) L. 8 § 2 de neg. gestis
(3. 5), L. 7 § 1 de compens.
(16. 2), L. 1 § 4 de contr. tut.

(27. 4). — Vgl. oben § 291. d.
(k) L. 18 de evict. (21. 2),
verbunden mit L. 17 eod.
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[428/0446] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Wird einer perſönlichen Klage die Einrede der Compen- ſation entgegengeſetzt, und dieſe deswegen verworfen, weil der Richter die Gegenforderung als unbegründet anſieht, ſo könnte ſpäterhin dieſe Gegenforderung als ſelbſtſtändige Klage geltend gemacht werden. Dann aber würde die Ein- rede der Rechtskraft dieſe Klage ausſchließen müſſen, weil der frühere Richter das Daſeyn der Gegenforderung rechts- kräftig verneint hat (i). In den beiden zuletzt angeführten Fällen konnte nicht blos die Verſchiedenheit der Parteirolle einen Zweifel an der Anwendbarkeit jener Einrede erregen, ſondern auch die ungleichnamige Klage, die dem erſten und zweiten Rechts- ſtreit zum Grunde liegt. Da nun auch dieſer Umſtand kein Hinderniß für die Anwendbarkeit iſt, ſo liegt darin eine unzweifelhafte Beſtätigung der im Anfang dieſes Paragraphen aufgeſtellten Regel. Einen Zweifel an der Richtigkeit der hier aufgeſtellten Regel könnte man aus der Äußerung des Paulus über folgenden Rechtsfall herleiten (k). Der Verkäufer einer fremden Sache erwirbt ſpäter das Eigenthum, und vindicirt nun gegen den Käufer; dieſer kann ſich gegen die Klage ſchützen durch eine exceptio doli (oder rei venditae et tra- ditae). Er kann auch den Gebrauch der Einrede unter- laſſen, und hinterher mit der actio emti das Intereſſe, oder (i) L. 8 § 2 de neg. gestis (3. 5), L. 7 § 1 de compens. (16. 2), L. 1 § 4 de contr. tut. (27. 4). — Vgl. oben § 291. d. (k) L. 18 de evict. (21. 2), verbunden mit L. 17 eod.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/446>, abgerufen am 25.11.2024.