Eigenthum bewiesen, oder weil blos der Kläger das seinige nicht bewiesen hat.
Die Wahrheit dieser Behauptung folgt aus den so eben für alle Klagen aufgestellten allgemeinen Gründen, insbe- sondere aus der ausschließenden Alternative in der Römi- schen formula: Si paret, condemna, si non paret, absolve, die völlig gleichlautend war bei Klagen in rem, wie bei persönlichen Klagen.
Eine unmittelbare Bestätigung dieses Satzes liegt aber auch in einer wichtigen Stelle des Gajus(a), deren In- halt und Gedankengang ich hier darlegen will, um den entscheidenden Theil derselben für den angegebenen Zweck benutzen zu können.
Zwischen mir und dir (sagt Gajus) ist Streit über eine Erbschaft; jeder von uns behauptet, allein Erbe zu seyn, und jeder besitzt einige Sachen aus der Erbschaft. Daraus folgt, daß ich gegen dich die Erbschaftsklage an- stellen kann, eben so aber auch du gegen mich. Wenn nun zuerst ich gegen dich geklagt habe, und ein rechtskräf- tiges Urtheil gesprochen ist, dann aber du gegen mich klagen willst: so fragt es sich, ob Dieses zulässig ist, oder vielmehr durch die Einrede der Rechtskraft verhindert wird. Alles kommt auf den Inhalt des gesprochenen Urtheils an; bist darin du verurtheilt, so wirst du jetzt durch die Ein- rede ausgeschlossen, weil aus dem mir zuerkannten Erbrecht
(a)L. 15 de exc. r. j. (44. 2). (Gajus Lib. 30 ad ed. prov.). -- Vgl. über diese Stelle Keller S. 224.
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§. 288. Inhalt. Freiſprechung.
Eigenthum bewieſen, oder weil blos der Kläger das ſeinige nicht bewieſen hat.
Die Wahrheit dieſer Behauptung folgt aus den ſo eben für alle Klagen aufgeſtellten allgemeinen Gründen, insbe- ſondere aus der ausſchließenden Alternative in der Römi- ſchen formula: Si paret, condemna, si non paret, absolve, die völlig gleichlautend war bei Klagen in rem, wie bei perſönlichen Klagen.
Eine unmittelbare Beſtätigung dieſes Satzes liegt aber auch in einer wichtigen Stelle des Gajus(a), deren In- halt und Gedankengang ich hier darlegen will, um den entſcheidenden Theil derſelben für den angegebenen Zweck benutzen zu können.
Zwiſchen mir und dir (ſagt Gajus) iſt Streit über eine Erbſchaft; jeder von uns behauptet, allein Erbe zu ſeyn, und jeder beſitzt einige Sachen aus der Erbſchaft. Daraus folgt, daß ich gegen dich die Erbſchaftsklage an- ſtellen kann, eben ſo aber auch du gegen mich. Wenn nun zuerſt ich gegen dich geklagt habe, und ein rechtskräf- tiges Urtheil geſprochen iſt, dann aber du gegen mich klagen willſt: ſo fragt es ſich, ob Dieſes zuläſſig iſt, oder vielmehr durch die Einrede der Rechtskraft verhindert wird. Alles kommt auf den Inhalt des geſprochenen Urtheils an; biſt darin du verurtheilt, ſo wirſt du jetzt durch die Ein- rede ausgeſchloſſen, weil aus dem mir zuerkannten Erbrecht
(a)L. 15 de exc. r. j. (44. 2). (Gajus Lib. 30 ad ed. prov.). — Vgl. über dieſe Stelle Keller S. 224.
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§. 288. Inhalt. Freiſprechung.
Eigenthum bewieſen, oder weil blos der Kläger das ſeinige
nicht bewieſen hat.
Die Wahrheit dieſer Behauptung folgt aus den ſo eben
für alle Klagen aufgeſtellten allgemeinen Gründen, insbe-
ſondere aus der ausſchließenden Alternative in der Römi-
ſchen formula: Si paret, condemna, si non paret, absolve,
die völlig gleichlautend war bei Klagen in rem, wie bei
perſönlichen Klagen.
Eine unmittelbare Beſtätigung dieſes Satzes liegt aber
auch in einer wichtigen Stelle des Gajus (a), deren In-
halt und Gedankengang ich hier darlegen will, um den
entſcheidenden Theil derſelben für den angegebenen Zweck
benutzen zu können.
Zwiſchen mir und dir (ſagt Gajus) iſt Streit über
eine Erbſchaft; jeder von uns behauptet, allein Erbe zu
ſeyn, und jeder beſitzt einige Sachen aus der Erbſchaft.
Daraus folgt, daß ich gegen dich die Erbſchaftsklage an-
ſtellen kann, eben ſo aber auch du gegen mich. Wenn
nun zuerſt ich gegen dich geklagt habe, und ein rechtskräf-
tiges Urtheil geſprochen iſt, dann aber du gegen mich
klagen willſt: ſo fragt es ſich, ob Dieſes zuläſſig iſt, oder
vielmehr durch die Einrede der Rechtskraft verhindert wird.
Alles kommt auf den Inhalt des geſprochenen Urtheils an;
biſt darin du verurtheilt, ſo wirſt du jetzt durch die Ein-
rede ausgeſchloſſen, weil aus dem mir zuerkannten Erbrecht
(a) L. 15 de exc. r. j. (44. 2). (Gajus Lib. 30 ad ed. prov.). —
Vgl. über dieſe Stelle Keller S. 224.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/341>, abgerufen am 25.11.2024.
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