Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.§. 287. Inhalt. Verurtheilung. geltend zu machen (i). Daß dieses sich so verhielt, ist jetztunmittelbar gewiß geworden durch die neuerlich bekannt gemachten, von dem Antecessor Stephanus herrührenden griechischen Scholien zu den Digesten, worin an fünf ver- schiedenen Stellen der lateinische Kunstausdruck Pronuntia- tio hervorgehoben, und in der hier angegebenen Weise aus- führlich erklärt wird (k). Damit stimmt zugleich eine be- deutende Zahl von Digestenstellen überein, die ganz in dem- selben Sinn die Pronuntiatio und das pronuntiare erwäh- nen (l). Auf den Grund dieser Stellen war auch schon vor der erwähnten neuen Entdeckung von mehreren Schrift- stellern das wahre Verhältniß der Sache im Ganzen rich- tig erkannt und dargestellt worden (m). Ja selbst wenn eine solche förmliche Handlung, wie sie hier unter dem Namen der Pronuntiatio anerkannt worden ist, nicht vor- gekommen wäre, so hätte dennoch aus dem Urtheil eine Einrede der Rechtskraft abgeleitet werden können, wenn nur aus dem Inhalt des Urtheils unzweifelhaft hervorging, daß (i) Ob diese Pronuntiatio ge- wöhnlich, oder auch nur zuweilen, den Namen einer sententia führte, kann dabei gleichgültig seyn. Auf den Zweifel über diesen Punkt habe ich früher mehr Gewicht gelegt, als ihm gebührt. (k) Zachariä v. Lingenthal von der Pronuntiatio, Zeitschrift f. geschichtl. Rechtswissenschaft B. 14 S. 95--126. (l) Vgl. oben Note a. und e. Mehrere andere Stellen dieser Art sind angeführt bei Zachariä S. 101. 102. (m) Keller § 27--31. Wet-
zell Vindicationsprozeß S. 107 bis 110. Dieser letzte Schriftsteller bezeichnet zu scharf den vorläufigen Ausspruch des Judex als ein eigent- liches Präjudicium, und identificirt dadurch zu sehr den Sponsions- prozeß mit der petitoria formula. Die Verschiedenheit liegt aber hier mehr in der Form und dem Aus- druck, als in dem Wesen der Sache. §. 287. Inhalt. Verurtheilung. geltend zu machen (i). Daß dieſes ſich ſo verhielt, iſt jetztunmittelbar gewiß geworden durch die neuerlich bekannt gemachten, von dem Anteceſſor Stephanus herrührenden griechiſchen Scholien zu den Digeſten, worin an fünf ver- ſchiedenen Stellen der lateiniſche Kunſtausdruck Pronuntia- tio hervorgehoben, und in der hier angegebenen Weiſe aus- führlich erklärt wird (k). Damit ſtimmt zugleich eine be- deutende Zahl von Digeſtenſtellen überein, die ganz in dem- ſelben Sinn die Pronuntiatio und das pronuntiare erwäh- nen (l). Auf den Grund dieſer Stellen war auch ſchon vor der erwähnten neuen Entdeckung von mehreren Schrift- ſtellern das wahre Verhältniß der Sache im Ganzen rich- tig erkannt und dargeſtellt worden (m). Ja ſelbſt wenn eine ſolche förmliche Handlung, wie ſie hier unter dem Namen der Pronuntiatio anerkannt worden iſt, nicht vor- gekommen wäre, ſo hätte dennoch aus dem Urtheil eine Einrede der Rechtskraft abgeleitet werden können, wenn nur aus dem Inhalt des Urtheils unzweifelhaft hervorging, daß (i) Ob dieſe Pronuntiatio ge- wöhnlich, oder auch nur zuweilen, den Namen einer sententia führte, kann dabei gleichgültig ſeyn. Auf den Zweifel über dieſen Punkt habe ich früher mehr Gewicht gelegt, als ihm gebührt. (k) Zachariä v. Lingenthal von der Pronuntiatio, Zeitſchrift f. geſchichtl. Rechtswiſſenſchaft B. 14 S. 95—126. (l) Vgl. oben Note a. und e. Mehrere andere Stellen dieſer Art ſind angeführt bei Zachariä S. 101. 102. (m) Keller § 27—31. Wet-
zell Vindicationsprozeß S. 107 bis 110. Dieſer letzte Schriftſteller bezeichnet zu ſcharf den vorläufigen Ausſpruch des Judex als ein eigent- liches Präjudicium, und identificirt dadurch zu ſehr den Sponſions- prozeß mit der petitoria formula. Die Verſchiedenheit liegt aber hier mehr in der Form und dem Aus- druck, als in dem Weſen der Sache. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0337" n="319"/><fw place="top" type="header">§. 287. Inhalt. Verurtheilung.</fw><lb/> geltend zu machen <note place="foot" n="(i)">Ob dieſe <hi rendition="#aq">Pronuntiatio</hi> ge-<lb/> wöhnlich, oder auch nur zuweilen,<lb/> den Namen einer <hi rendition="#aq">sententia</hi> führte,<lb/> kann dabei gleichgültig ſeyn. Auf<lb/> den Zweifel über dieſen Punkt habe<lb/> ich früher mehr Gewicht gelegt,<lb/> als ihm gebührt.</note>. Daß dieſes ſich ſo verhielt, iſt jetzt<lb/> unmittelbar gewiß geworden durch die neuerlich bekannt<lb/> gemachten, von dem Anteceſſor <hi rendition="#g">Stephanus</hi> herrührenden<lb/> griechiſchen Scholien zu den Digeſten, worin an fünf ver-<lb/> ſchiedenen Stellen der lateiniſche Kunſtausdruck <hi rendition="#aq">Pronuntia-<lb/> tio</hi> hervorgehoben, und in der hier angegebenen Weiſe aus-<lb/> führlich erklärt wird <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#g">Zachariä v. Lingenthal</hi><lb/> von der <hi rendition="#aq">Pronuntiatio,</hi> Zeitſchrift<lb/> f. geſchichtl. Rechtswiſſenſchaft B. 14<lb/> S. 95—126.</note>. Damit ſtimmt zugleich eine be-<lb/> deutende Zahl von Digeſtenſtellen überein, die ganz in dem-<lb/> ſelben Sinn die <hi rendition="#aq">Pronuntiatio</hi> und das <hi rendition="#aq">pronuntiare</hi> erwäh-<lb/> nen <note place="foot" n="(l)">Vgl. oben Note <hi rendition="#aq">a.</hi> und <hi rendition="#aq">e.</hi><lb/> Mehrere andere Stellen dieſer Art<lb/> ſind angeführt bei <hi rendition="#g">Zachariä</hi><lb/> S. 101. 102.</note>. Auf den Grund dieſer Stellen war auch ſchon<lb/> vor der erwähnten neuen Entdeckung von mehreren Schrift-<lb/> ſtellern das wahre Verhältniß der Sache im Ganzen rich-<lb/> tig erkannt und dargeſtellt worden <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#g">Keller</hi> § 27—31. <hi rendition="#g">Wet-<lb/> zell</hi> Vindicationsprozeß S. 107<lb/> bis 110. Dieſer letzte Schriftſteller<lb/> bezeichnet zu ſcharf den vorläufigen<lb/> Ausſpruch des Judex als ein eigent-<lb/> liches Präjudicium, und identificirt<lb/> dadurch zu ſehr den Sponſions-<lb/> prozeß mit der <hi rendition="#aq">petitoria formula.</hi><lb/> Die Verſchiedenheit liegt aber hier<lb/> mehr in der Form und dem Aus-<lb/> druck, als in dem Weſen der Sache.</note>. Ja ſelbſt wenn<lb/> eine ſolche förmliche Handlung, wie ſie hier unter dem<lb/> Namen der <hi rendition="#aq">Pronuntiatio</hi> anerkannt worden iſt, nicht vor-<lb/> gekommen wäre, ſo hätte dennoch aus dem Urtheil eine<lb/> Einrede der Rechtskraft abgeleitet werden können, wenn nur<lb/> aus dem Inhalt des Urtheils unzweifelhaft hervorging, daß<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [319/0337]
§. 287. Inhalt. Verurtheilung.
geltend zu machen (i). Daß dieſes ſich ſo verhielt, iſt jetzt
unmittelbar gewiß geworden durch die neuerlich bekannt
gemachten, von dem Anteceſſor Stephanus herrührenden
griechiſchen Scholien zu den Digeſten, worin an fünf ver-
ſchiedenen Stellen der lateiniſche Kunſtausdruck Pronuntia-
tio hervorgehoben, und in der hier angegebenen Weiſe aus-
führlich erklärt wird (k). Damit ſtimmt zugleich eine be-
deutende Zahl von Digeſtenſtellen überein, die ganz in dem-
ſelben Sinn die Pronuntiatio und das pronuntiare erwäh-
nen (l). Auf den Grund dieſer Stellen war auch ſchon
vor der erwähnten neuen Entdeckung von mehreren Schrift-
ſtellern das wahre Verhältniß der Sache im Ganzen rich-
tig erkannt und dargeſtellt worden (m). Ja ſelbſt wenn
eine ſolche förmliche Handlung, wie ſie hier unter dem
Namen der Pronuntiatio anerkannt worden iſt, nicht vor-
gekommen wäre, ſo hätte dennoch aus dem Urtheil eine
Einrede der Rechtskraft abgeleitet werden können, wenn nur
aus dem Inhalt des Urtheils unzweifelhaft hervorging, daß
(i) Ob dieſe Pronuntiatio ge-
wöhnlich, oder auch nur zuweilen,
den Namen einer sententia führte,
kann dabei gleichgültig ſeyn. Auf
den Zweifel über dieſen Punkt habe
ich früher mehr Gewicht gelegt,
als ihm gebührt.
(k) Zachariä v. Lingenthal
von der Pronuntiatio, Zeitſchrift
f. geſchichtl. Rechtswiſſenſchaft B. 14
S. 95—126.
(l) Vgl. oben Note a. und e.
Mehrere andere Stellen dieſer Art
ſind angeführt bei Zachariä
S. 101. 102.
(m) Keller § 27—31. Wet-
zell Vindicationsprozeß S. 107
bis 110. Dieſer letzte Schriftſteller
bezeichnet zu ſcharf den vorläufigen
Ausſpruch des Judex als ein eigent-
liches Präjudicium, und identificirt
dadurch zu ſehr den Sponſions-
prozeß mit der petitoria formula.
Die Verſchiedenheit liegt aber hier
mehr in der Form und dem Aus-
druck, als in dem Weſen der Sache.
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