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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 287. Inhalt. Verurtheilung.
selbst abgesehen von diesen einzelnen Zeugnissen, geht die-
selbe Wahrheit aus dem ganzen Zusammenhang der Ein-
rede der Rechtskraft, so wie derselbe unten dargestellt
werden wird, mit voller Gewißheit hervor.

Endlich ist noch zu erwägen, daß es für die Klagen
aus Eigenthum und Erbrecht drei verschiedene Formen
gab, die nach Umständen eintreten konnten: Eine legis actio
vor den Centumvirn, eine Sponsionsklage, und die arbi-
traria actio,
die allein im neuesten Recht übrig geblieben
ist (f). Auf die beiden ersten Formen bezieht sich der
Zweifel gar nicht. Denn die erste Form stand ganz unter
den Regeln des ältesten Rechts, nicht des Formularprozesses.
Die zweite Form war gerade darauf berechnet, daß über
das Daseyn des Rechts, und über dieses allein, zunächst
geurtheilt werden sollte (g). Der ganze Zweifel beschränkt
sich also auf den Fall der arbitraria actio; d. h. der peti-
toria formula,
und er nimmt hier nunmehr folgende Gestalt
an, in welcher sich allerdings das Interesse der ganzen
Frage sehr vermindert.

Wir wissen ganz gewiß, daß das Endurtheil nur auf
eine Geldzahlung gerichtet war, nicht auf die streitige

(f) Gajus IV. § 91--95.
(g) Gajus IV. §. 93. 94. Es
wurde folgende Sponsion geschlos-
sen: Si homo, quo de agitur,
ex jure quiritium meus est,
sestertios XXV nummos dare
spondes?
Verurtheilte nun der
Judex auf diese Summe, so hatte
Das nicht die Folge, daß die Summe
gezahlt werden mußte, sondern daß
die Bedingung der Sponsion (das
Daseyn des Eigenthums)
rechtskräftig festgestellt war. Man
drückte Dieses so aus: Nec enim
poenalis est (sponsio), sed
praejudicialis.

§. 287. Inhalt. Verurtheilung.
ſelbſt abgeſehen von dieſen einzelnen Zeugniſſen, geht die-
ſelbe Wahrheit aus dem ganzen Zuſammenhang der Ein-
rede der Rechtskraft, ſo wie derſelbe unten dargeſtellt
werden wird, mit voller Gewißheit hervor.

Endlich iſt noch zu erwägen, daß es für die Klagen
aus Eigenthum und Erbrecht drei verſchiedene Formen
gab, die nach Umſtänden eintreten konnten: Eine legis actio
vor den Centumvirn, eine Sponſionsklage, und die arbi-
traria actio,
die allein im neueſten Recht übrig geblieben
iſt (f). Auf die beiden erſten Formen bezieht ſich der
Zweifel gar nicht. Denn die erſte Form ſtand ganz unter
den Regeln des älteſten Rechts, nicht des Formularprozeſſes.
Die zweite Form war gerade darauf berechnet, daß über
das Daſeyn des Rechts, und über dieſes allein, zunächſt
geurtheilt werden ſollte (g). Der ganze Zweifel beſchränkt
ſich alſo auf den Fall der arbitraria actio; d. h. der peti-
toria formula,
und er nimmt hier nunmehr folgende Geſtalt
an, in welcher ſich allerdings das Intereſſe der ganzen
Frage ſehr vermindert.

Wir wiſſen ganz gewiß, daß das Endurtheil nur auf
eine Geldzahlung gerichtet war, nicht auf die ſtreitige

(f) Gajus IV. § 91—95.
(g) Gajus IV. §. 93. 94. Es
wurde folgende Sponſion geſchloſ-
ſen: Si homo, quo de agitur,
ex jure quiritium meus est,
sestertios XXV nummos dare
spondes?
Verurtheilte nun der
Judex auf dieſe Summe, ſo hatte
Das nicht die Folge, daß die Summe
gezahlt werden mußte, ſondern daß
die Bedingung der Sponſion (das
Daſeyn des Eigenthums)
rechtskräftig feſtgeſtellt war. Man
drückte Dieſes ſo aus: Nec enim
poenalis est (sponsio), sed
praejudicialis.
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[317/0335] §. 287. Inhalt. Verurtheilung. ſelbſt abgeſehen von dieſen einzelnen Zeugniſſen, geht die- ſelbe Wahrheit aus dem ganzen Zuſammenhang der Ein- rede der Rechtskraft, ſo wie derſelbe unten dargeſtellt werden wird, mit voller Gewißheit hervor. Endlich iſt noch zu erwägen, daß es für die Klagen aus Eigenthum und Erbrecht drei verſchiedene Formen gab, die nach Umſtänden eintreten konnten: Eine legis actio vor den Centumvirn, eine Sponſionsklage, und die arbi- traria actio, die allein im neueſten Recht übrig geblieben iſt (f). Auf die beiden erſten Formen bezieht ſich der Zweifel gar nicht. Denn die erſte Form ſtand ganz unter den Regeln des älteſten Rechts, nicht des Formularprozeſſes. Die zweite Form war gerade darauf berechnet, daß über das Daſeyn des Rechts, und über dieſes allein, zunächſt geurtheilt werden ſollte (g). Der ganze Zweifel beſchränkt ſich alſo auf den Fall der arbitraria actio; d. h. der peti- toria formula, und er nimmt hier nunmehr folgende Geſtalt an, in welcher ſich allerdings das Intereſſe der ganzen Frage ſehr vermindert. Wir wiſſen ganz gewiß, daß das Endurtheil nur auf eine Geldzahlung gerichtet war, nicht auf die ſtreitige (f) Gajus IV. § 91—95. (g) Gajus IV. §. 93. 94. Es wurde folgende Sponſion geſchloſ- ſen: Si homo, quo de agitur, ex jure quiritium meus est, sestertios XXV nummos dare spondes? Verurtheilte nun der Judex auf dieſe Summe, ſo hatte Das nicht die Folge, daß die Summe gezahlt werden mußte, ſondern daß die Bedingung der Sponſion (das Daſeyn des Eigenthums) rechtskräftig feſtgeſtellt war. Man drückte Dieſes ſo aus: Nec enim poenalis est (sponsio), sed praejudicialis.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/335>, abgerufen am 26.11.2024.