Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.§. 284. Rechtskraft. Formelle Bedingungen. Wie diese Einrichtung im Römischen Staat Eingang Für das Daseyn derselben zur Zeit der freien Republik Daran freilich ist nicht zu zweifeln, daß auch in dieser (e) Hollweg Prozeß B. 1 S. 347 Note 1 widerlegt diese irrige Meinung, die u. a. von Zimmern B. 3 S. 500 Note 7 aus wenig haltbaren Gründen ver- theidigt wird. Besonders Cicero in Verrem II. 13 spricht gewiß mehr dagegen als dafür, indem er dem Verres einen schweren Vor- wurf daraus macht, daß er sich durch ein Edict vorbehalten habe, über die Richtigkeit der Urtheile der Judices hinterher selbst zu er- kennen. (f) Auf diesen Fall bezog sich ein besonderes Rechtsinstitut des älteren Rechts, die sententiae in duplum revocatio. Cicero pro Flacco C. 21. Paulus V. 5 A. § 5. 7. Auch in den Digesten wird dieser Fall erwähnt. L. 1 pr. quae sent. (49. 8). "Si quae- 19*
§. 284. Rechtskraft. Formelle Bedingungen. Wie dieſe Einrichtung im Römiſchen Staat Eingang Für das Daſeyn derſelben zur Zeit der freien Republik Daran freilich iſt nicht zu zweifeln, daß auch in dieſer (e) Hollweg Prozeß B. 1 S. 347 Note 1 widerlegt dieſe irrige Meinung, die u. a. von Zimmern B. 3 S. 500 Note 7 aus wenig haltbaren Gründen ver- theidigt wird. Beſonders Cicero in Verrem II. 13 ſpricht gewiß mehr dagegen als dafür, indem er dem Verres einen ſchweren Vor- wurf daraus macht, daß er ſich durch ein Edict vorbehalten habe, über die Richtigkeit der Urtheile der Judices hinterher ſelbſt zu er- kennen. (f) Auf dieſen Fall bezog ſich ein beſonderes Rechtsinſtitut des älteren Rechts, die sententiae in duplum revocatio. Cicero pro Flacco C. 21. Paulus V. 5 A. § 5. 7. Auch in den Digeſten wird dieſer Fall erwähnt. L. 1 pr. quae sent. (49. 8). „Si quae- 19*
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§. 284. Rechtskraft. Formelle Bedingungen.
Wie dieſe Einrichtung im Römiſchen Staat Eingang
gefunden hat, ſoll nunmehr nachgewieſen werden.
Für das Daſeyn derſelben zur Zeit der freien Republik
iſt durchaus kein Zeugniß vorhanden, und es beruht auf
unrichtiger Deutung, wenn man Spuren ſolcher Art in
dieſer Zeit wahrzunehmen geglaubt hat (e). Auch fehlte
dazu eine Hauptbedingung, verſchiedene Obrigkeiten der-
ſelben amtlichen Wirkſamkeit, deren eine der anderen unter-
geordnet geweſen wäre. Die Prätoren waren von gerin-
gerem Rang, als die Conſuln, jedoch in ihrem Amtskreiſe
von dieſen durchaus unabhängig. Wohl hätte es ſich
denken laſſen, daß von dem Urtheil eines Juder die Beru-
fung an das höhere Urtheil des Prätors, der ihn beſtellt
hatte, zugelaſſen worden wäre; aber gerade hierüber fehlt
es aus der Zeit der Republik an Zeugniſſen.
Daran freilich iſt nicht zu zweifeln, daß auch in dieſer
Zeit die Frage ſtreitig werden konnte, ob überhaupt ein
Urtheil, und zwar ein der Form nach gültiges Urtheil,
vorhanden ſey oder nicht (f), und dann mußte über dieſe
(e) Hollweg Prozeß B. 1
S. 347 Note 1 widerlegt dieſe
irrige Meinung, die u. a. von
Zimmern B. 3 S. 500 Note 7
aus wenig haltbaren Gründen ver-
theidigt wird. Beſonders Cicero
in Verrem II. 13 ſpricht gewiß
mehr dagegen als dafür, indem er
dem Verres einen ſchweren Vor-
wurf daraus macht, daß er ſich
durch ein Edict vorbehalten habe,
über die Richtigkeit der Urtheile
der Judices hinterher ſelbſt zu er-
kennen.
(f) Auf dieſen Fall bezog ſich
ein beſonderes Rechtsinſtitut des
älteren Rechts, die sententiae in
duplum revocatio. Cicero pro
Flacco C. 21. Paulus V. 5 A.
§ 5. 7. Auch in den Digeſten wird
dieſer Fall erwähnt. L. 1 pr.
quae sent. (49. 8). „Si quae-
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