keine Klage consumirt hatte, so konnte ihm die oben be- schriebene Einrede nicht entgegen gesetzt werden, und es war nun ein neues Urtheil möglich, wodurch das frühere in seiner Wirkung zerstört wurde. -- Aber auch dem Be- klagten gab jenes Rechtsmittel für solche Fälle keinen Schutz, in welchen der Kläger den Erfolg des früheren Urtheils nicht gerade durch Wiederholung der früheren Klage, son- dern bei Gelegenheit eines anderen Rechtsstreits, also auf mehr indirecte Weise zu vereiteln suchte. -- Ja es konnte sogar geschehen, daß jene Einrede bei etwas verwickelten Rechtsverhältnissen dazu misbraucht wurde, den durch das frühere Urtheil beabsichtigten Vortheil einer Partei zu zer- stören, also seiner eigentlichen Bestimmung gerade entgegen zu wirken.
Auf der anderen Seite aber war dieses Rechtsinstitut in seinen Folgen mit manchen Härten verknüpft, die ganz außer dem Zweck desselben lagen, und durch die bloße Con- sequenz herbeigeführt, also praktisch in keiner Weise gerecht- fertigt waren. Die Einrede war nämlich auch dann be- gründet, wenn der Beklagte freigesprochen war, nicht weil das Recht des Klägers verneint werden mußte, sondern wegen einer blos dilatorischen Einrede, die vielleicht auf einem ganz untergeordneten und vorübergehenden Grunde beruhte (b); dann ging also das wirklich vorhandene Recht des Klägers aus einem ganz zufälligen Grunde unter. --
(b)Gajus. IV. § 123. -- S. o. § 227.
§. 281. Rechtskraft. Geſchichte.
keine Klage conſumirt hatte, ſo konnte ihm die oben be- ſchriebene Einrede nicht entgegen geſetzt werden, und es war nun ein neues Urtheil möglich, wodurch das frühere in ſeiner Wirkung zerſtört wurde. — Aber auch dem Be- klagten gab jenes Rechtsmittel für ſolche Fälle keinen Schutz, in welchen der Kläger den Erfolg des früheren Urtheils nicht gerade durch Wiederholung der früheren Klage, ſon- dern bei Gelegenheit eines anderen Rechtsſtreits, alſo auf mehr indirecte Weiſe zu vereiteln ſuchte. — Ja es konnte ſogar geſchehen, daß jene Einrede bei etwas verwickelten Rechtsverhältniſſen dazu misbraucht wurde, den durch das frühere Urtheil beabſichtigten Vortheil einer Partei zu zer- ſtören, alſo ſeiner eigentlichen Beſtimmung gerade entgegen zu wirken.
Auf der anderen Seite aber war dieſes Rechtsinſtitut in ſeinen Folgen mit manchen Härten verknüpft, die ganz außer dem Zweck deſſelben lagen, und durch die bloße Con- ſequenz herbeigeführt, alſo praktiſch in keiner Weiſe gerecht- fertigt waren. Die Einrede war nämlich auch dann be- gründet, wenn der Beklagte freigeſprochen war, nicht weil das Recht des Klägers verneint werden mußte, ſondern wegen einer blos dilatoriſchen Einrede, die vielleicht auf einem ganz untergeordneten und vorübergehenden Grunde beruhte (b); dann ging alſo das wirklich vorhandene Recht des Klägers aus einem ganz zufälligen Grunde unter. —
(b)Gajus. IV. § 123. — S. o. § 227.
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§. 281. Rechtskraft. Geſchichte.
keine Klage conſumirt hatte, ſo konnte ihm die oben be-
ſchriebene Einrede nicht entgegen geſetzt werden, und es
war nun ein neues Urtheil möglich, wodurch das frühere
in ſeiner Wirkung zerſtört wurde. — Aber auch dem Be-
klagten gab jenes Rechtsmittel für ſolche Fälle keinen Schutz,
in welchen der Kläger den Erfolg des früheren Urtheils
nicht gerade durch Wiederholung der früheren Klage, ſon-
dern bei Gelegenheit eines anderen Rechtsſtreits, alſo auf
mehr indirecte Weiſe zu vereiteln ſuchte. — Ja es konnte
ſogar geſchehen, daß jene Einrede bei etwas verwickelten
Rechtsverhältniſſen dazu misbraucht wurde, den durch das
frühere Urtheil beabſichtigten Vortheil einer Partei zu zer-
ſtören, alſo ſeiner eigentlichen Beſtimmung gerade entgegen
zu wirken.
Auf der anderen Seite aber war dieſes Rechtsinſtitut
in ſeinen Folgen mit manchen Härten verknüpft, die ganz
außer dem Zweck deſſelben lagen, und durch die bloße Con-
ſequenz herbeigeführt, alſo praktiſch in keiner Weiſe gerecht-
fertigt waren. Die Einrede war nämlich auch dann be-
gründet, wenn der Beklagte freigeſprochen war, nicht weil
das Recht des Klägers verneint werden mußte, ſondern
wegen einer blos dilatoriſchen Einrede, die vielleicht auf
einem ganz untergeordneten und vorübergehenden Grunde
beruhte (b); dann ging alſo das wirklich vorhandene Recht
des Klägers aus einem ganz zufälligen Grunde unter. —
(b) Gajus. IV. § 123. — S. o. § 227.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/287>, abgerufen am 16.02.2025.
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