§. 279. Stellung der L. C. im heutigen Recht. (Forts.)
Hier behaupten die Meisten, daß noch jetzt die L. C. als Anfang des Übergangs festgehalten werden müsse (c). Gerade hier aber ist die practische Unhaltbarkeit dieser An- sicht recht augenscheinlich. Wenn Jemand durch ein Delict zur Entschädigung verpflichtet ist, so soll die hierauf gerich- tete Pönalklage nur mit großen Beschränkungen auf die Erben des Beklagten übergehen (§ 211); dagegen läßt das R. R., von der L. C. an, den Uebergang unbedingt zu. Es ist aber wohl einleuchtend, daß es einem solchen Beklagten am wenigsten zukommen darf, durch absichtliche Verzögerung der L. C. den Übergang auf die Erben zu vereiteln. -- Auch liegt der Grund, der hier eine so viel- stimmige Vertheidigung des alten Rechtssatzes veranlaßt, nicht etwa in einem inneren Bedürfniß dieses besonderen Falles, welches von keinem behauptet wird; er liegt viel- mehr nur darin, daß viele Stellen des R. R. die L. C. als Zeitpunkt des Übergangs anerkennen. Dieses nun soll gewiß nicht bezweifelt werden, aber es ist in diesem Fall nicht mehr wahr, als in manchen anderen Anwen- dungen, worin doch jene Vertheidiger selbst (ohne gehörige Consequenz) die L. C. Preis geben.
Einige Schriftsteller dagegen behaupten gerade für diesen Fall den Übergang von der Zeit der Insinuation an, jedoch aus einem irrigen Grunde (d). Ein Reichs-
(c)Carpzov jurispr. for. P. 4 Const. 46 Def. 6. -- Winck- ler p. 357. -- Pufendorf obs. IV. 94. -- Glück B. 6 S. 205. -- Martin Prozeß § 156. -- Linde Prozeß § 206. -- Bayer Civil- prozeß S. 248. -- Wächter H. 3 S. 112--114.
(d)Francke Beiträge S. 43. -- Sintenis Erläuterungen S. 148; dieser will sogar auf die Zeit der Einreichung der Klage zurückgehen.
§. 279. Stellung der L. C. im heutigen Recht. (Fortſ.)
Hier behaupten die Meiſten, daß noch jetzt die L. C. als Anfang des Übergangs feſtgehalten werden müſſe (c). Gerade hier aber iſt die practiſche Unhaltbarkeit dieſer An- ſicht recht augenſcheinlich. Wenn Jemand durch ein Delict zur Entſchädigung verpflichtet iſt, ſo ſoll die hierauf gerich- tete Pönalklage nur mit großen Beſchränkungen auf die Erben des Beklagten übergehen (§ 211); dagegen läßt das R. R., von der L. C. an, den Uebergang unbedingt zu. Es iſt aber wohl einleuchtend, daß es einem ſolchen Beklagten am wenigſten zukommen darf, durch abſichtliche Verzögerung der L. C. den Übergang auf die Erben zu vereiteln. — Auch liegt der Grund, der hier eine ſo viel- ſtimmige Vertheidigung des alten Rechtsſatzes veranlaßt, nicht etwa in einem inneren Bedürfniß dieſes beſonderen Falles, welches von keinem behauptet wird; er liegt viel- mehr nur darin, daß viele Stellen des R. R. die L. C. als Zeitpunkt des Übergangs anerkennen. Dieſes nun ſoll gewiß nicht bezweifelt werden, aber es iſt in dieſem Fall nicht mehr wahr, als in manchen anderen Anwen- dungen, worin doch jene Vertheidiger ſelbſt (ohne gehörige Conſequenz) die L. C. Preis geben.
Einige Schriftſteller dagegen behaupten gerade für dieſen Fall den Übergang von der Zeit der Inſinuation an, jedoch aus einem irrigen Grunde (d). Ein Reichs-
(c)Carpzov jurispr. for. P. 4 Const. 46 Def. 6. — Winck- ler p. 357. — Pufendorf obs. IV. 94. — Glück B. 6 S. 205. — Martin Prozeß § 156. — Linde Prozeß § 206. — Bayer Civil- prozeß S. 248. — Wächter H. 3 S. 112—114.
(d)Francke Beiträge S. 43. — Sintenis Erläuterungen S. 148; dieſer will ſogar auf die Zeit der Einreichung der Klage zurückgehen.
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§. 279. Stellung der L. C. im heutigen Recht. (Fortſ.)
Hier behaupten die Meiſten, daß noch jetzt die L. C.
als Anfang des Übergangs feſtgehalten werden müſſe (c).
Gerade hier aber iſt die practiſche Unhaltbarkeit dieſer An-
ſicht recht augenſcheinlich. Wenn Jemand durch ein Delict
zur Entſchädigung verpflichtet iſt, ſo ſoll die hierauf gerich-
tete Pönalklage nur mit großen Beſchränkungen auf die
Erben des Beklagten übergehen (§ 211); dagegen läßt
das R. R., von der L. C. an, den Uebergang unbedingt
zu. Es iſt aber wohl einleuchtend, daß es einem ſolchen
Beklagten am wenigſten zukommen darf, durch abſichtliche
Verzögerung der L. C. den Übergang auf die Erben zu
vereiteln. — Auch liegt der Grund, der hier eine ſo viel-
ſtimmige Vertheidigung des alten Rechtsſatzes veranlaßt,
nicht etwa in einem inneren Bedürfniß dieſes beſonderen
Falles, welches von keinem behauptet wird; er liegt viel-
mehr nur darin, daß viele Stellen des R. R. die L. C.
als Zeitpunkt des Übergangs anerkennen. Dieſes nun
ſoll gewiß nicht bezweifelt werden, aber es iſt in dieſem
Fall nicht mehr wahr, als in manchen anderen Anwen-
dungen, worin doch jene Vertheidiger ſelbſt (ohne gehörige
Conſequenz) die L. C. Preis geben.
Einige Schriftſteller dagegen behaupten gerade für
dieſen Fall den Übergang von der Zeit der Inſinuation
an, jedoch aus einem irrigen Grunde (d). Ein Reichs-
(c) Carpzov jurispr. for.
P. 4 Const. 46 Def. 6. — Winck-
ler p. 357. — Pufendorf obs. IV.
94. — Glück B. 6 S. 205. —
Martin Prozeß § 156. — Linde
Prozeß § 206. — Bayer Civil-
prozeß S. 248. — Wächter H. 3
S. 112—114.
(d) Francke Beiträge S. 43. —
Sintenis Erläuterungen S. 148;
dieſer will ſogar auf die Zeit der
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/267>, abgerufen am 25.11.2024.
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