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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
sachen der Klagen untergeschoben, und dadurch den ur-
sprünglichen Begriff wesentlich eingeschränkt hat. Diese
einschränkende Verwandlung bezweckte recht eigentlich, das
Eintreten der L. C. zu erleichtern und früher herbeizuführen.

Dasselbe Bedürfniß offenbarte sich aber ferner in der
Annahme, daß schon das neue R. R. selbst die L. C. rück-
wärts in einen früheren Zeitpunkt versetzt habe. Es ist oben
gezeigt worden, daß diese Annahme mit historischen Mis-
verständnissen in der Lehre von der Erbschaftsklage zusam-
menhängt (§ 264). Möge man aber auch hierüber denken
wie man wolle, so beschränken sich doch ohne Zweifel die
Stellen des R. R., welche man jener Annahme zum Grunde
legt, allein auf die Erbschaftsklage, während bei den zahl-
reichen übrigen Klagen im R. R. stets nur von der L. C.
als dem entscheidenden Zeitpunkt die Rede ist. Daß man
nun dieses Verhältniß der Quellenzeugnisse so allgemein
übersah oder ignorirte, und den Aussprüchen über die Erb-
rechtsklage eine allgemeine Bedeutung, im Widerspruch mit
so vielen anderen Aussprüchen einräumte, erklärt sich lediglich
aus dem richtigen Gefühl des oben erwähnten Bedürfnisses,
dem man nur nicht auf dem richtigen Wege, sondern auf
unkritische Weise, Befriedigung zu verschaffen suchte.

Ich will es nunmehr versuchen, eine Übersicht zu geben
über den Stand der sehr auseinandergehenden Meinungen
über die hier behandelte Frage.

Einige nehmen als Regel an, daß das ursprüngliche
Princip des R. R. noch jetzt gelte, daß also die materiellen
Wirkungen stets auf den Zeitpunkt der L. C. zurückzuführen

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
ſachen der Klagen untergeſchoben, und dadurch den ur-
ſprünglichen Begriff weſentlich eingeſchränkt hat. Dieſe
einſchränkende Verwandlung bezweckte recht eigentlich, das
Eintreten der L. C. zu erleichtern und früher herbeizuführen.

Daſſelbe Bedürfniß offenbarte ſich aber ferner in der
Annahme, daß ſchon das neue R. R. ſelbſt die L. C. rück-
wärts in einen früheren Zeitpunkt verſetzt habe. Es iſt oben
gezeigt worden, daß dieſe Annahme mit hiſtoriſchen Mis-
verſtändniſſen in der Lehre von der Erbſchaftsklage zuſam-
menhängt (§ 264). Möge man aber auch hierüber denken
wie man wolle, ſo beſchränken ſich doch ohne Zweifel die
Stellen des R. R., welche man jener Annahme zum Grunde
legt, allein auf die Erbſchaftsklage, während bei den zahl-
reichen übrigen Klagen im R. R. ſtets nur von der L. C.
als dem entſcheidenden Zeitpunkt die Rede iſt. Daß man
nun dieſes Verhältniß der Quellenzeugniſſe ſo allgemein
überſah oder ignorirte, und den Ausſprüchen über die Erb-
rechtsklage eine allgemeine Bedeutung, im Widerſpruch mit
ſo vielen anderen Ausſprüchen einräumte, erklärt ſich lediglich
aus dem richtigen Gefühl des oben erwähnten Bedürfniſſes,
dem man nur nicht auf dem richtigen Wege, ſondern auf
unkritiſche Weiſe, Befriedigung zu verſchaffen ſuchte.

Ich will es nunmehr verſuchen, eine Überſicht zu geben
über den Stand der ſehr auseinandergehenden Meinungen
über die hier behandelte Frage.

Einige nehmen als Regel an, daß das urſprüngliche
Princip des R. R. noch jetzt gelte, daß alſo die materiellen
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[242/0260] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. ſachen der Klagen untergeſchoben, und dadurch den ur- ſprünglichen Begriff weſentlich eingeſchränkt hat. Dieſe einſchränkende Verwandlung bezweckte recht eigentlich, das Eintreten der L. C. zu erleichtern und früher herbeizuführen. Daſſelbe Bedürfniß offenbarte ſich aber ferner in der Annahme, daß ſchon das neue R. R. ſelbſt die L. C. rück- wärts in einen früheren Zeitpunkt verſetzt habe. Es iſt oben gezeigt worden, daß dieſe Annahme mit hiſtoriſchen Mis- verſtändniſſen in der Lehre von der Erbſchaftsklage zuſam- menhängt (§ 264). Möge man aber auch hierüber denken wie man wolle, ſo beſchränken ſich doch ohne Zweifel die Stellen des R. R., welche man jener Annahme zum Grunde legt, allein auf die Erbſchaftsklage, während bei den zahl- reichen übrigen Klagen im R. R. ſtets nur von der L. C. als dem entſcheidenden Zeitpunkt die Rede iſt. Daß man nun dieſes Verhältniß der Quellenzeugniſſe ſo allgemein überſah oder ignorirte, und den Ausſprüchen über die Erb- rechtsklage eine allgemeine Bedeutung, im Widerſpruch mit ſo vielen anderen Ausſprüchen einräumte, erklärt ſich lediglich aus dem richtigen Gefühl des oben erwähnten Bedürfniſſes, dem man nur nicht auf dem richtigen Wege, ſondern auf unkritiſche Weiſe, Befriedigung zu verſchaffen ſuchte. Ich will es nunmehr verſuchen, eine Überſicht zu geben über den Stand der ſehr auseinandergehenden Meinungen über die hier behandelte Frage. Einige nehmen als Regel an, daß das urſprüngliche Princip des R. R. noch jetzt gelte, daß alſo die materiellen Wirkungen ſtets auf den Zeitpunkt der L. C. zurückzuführen

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/260>, abgerufen am 22.11.2024.