als die oben erwähnte Annahme, daß er überhaupt verkauft haben könnte (S. 184. 190). Für den gerechten Anspruch des Klägers ist genug gethan, wenn demselben zwischen zwei Zeitpunkten die Wahl gelassen wird, insbesondere da es ja immer von seinem freien Entschluß abhängt, die Klage zu der Zeit anzustellen, worin er es gerade am vortheilhaftesten findet.
Dagegen hat die hier vertheidigte Unterscheidung zwischen dem Diebe und allen übrigen Schuldnern folgenden inneren Grund. Der Dieb ist so zu betrachten, als ob er in jedem Augenblick seinen Diebstahl wiederholte. Dies ist nicht so zu verstehen, als ob die gegen ihn geltenden Klagen ins Unendliche vervielfältigt, und dadurch zu einem völlig schrankenlosen Ertrag gebracht werden dürften, welches widersinnig seyn würde. Es hat vielmehr den Sinn, daß er in jedem Augenblick denselben (nicht einen neuen) Dieb- stahl wirklich begeht, so daß der Bestohlene völlig in seinem Rechte ist, wenn er sich den vortheilhaftesten Zeitpunkt aussucht, um zu behaupten, daß der Diebstahl gerade damals begangen worden sey. Dies ist der wahre Sinn der so eben mitgetheilten Worte: semper enim moram fur facere videtur. Diese Worte sollen eine eigenthümliche Verpflich- tung des Diebes bemerklich machen. Deswegen dürfen sie nicht verstanden werden von der stetigen Fortdauer und Wirksamkeit der Mora überhaupt; denn diese Natur hat die Mora auch bei allen übrigen Schuldnern. Sie bekommt ihre wahre Bedeutung durch die eben gegebene Erklärung,
§. 275. Wirkung der L. C. — Schätzungszeit.
als die oben erwähnte Annahme, daß er überhaupt verkauft haben könnte (S. 184. 190). Für den gerechten Anſpruch des Klägers iſt genug gethan, wenn demſelben zwiſchen zwei Zeitpunkten die Wahl gelaſſen wird, insbeſondere da es ja immer von ſeinem freien Entſchluß abhängt, die Klage zu der Zeit anzuſtellen, worin er es gerade am vortheilhafteſten findet.
Dagegen hat die hier vertheidigte Unterſcheidung zwiſchen dem Diebe und allen übrigen Schuldnern folgenden inneren Grund. Der Dieb iſt ſo zu betrachten, als ob er in jedem Augenblick ſeinen Diebſtahl wiederholte. Dies iſt nicht ſo zu verſtehen, als ob die gegen ihn geltenden Klagen ins Unendliche vervielfältigt, und dadurch zu einem völlig ſchrankenloſen Ertrag gebracht werden dürften, welches widerſinnig ſeyn würde. Es hat vielmehr den Sinn, daß er in jedem Augenblick denſelben (nicht einen neuen) Dieb- ſtahl wirklich begeht, ſo daß der Beſtohlene völlig in ſeinem Rechte iſt, wenn er ſich den vortheilhafteſten Zeitpunkt ausſucht, um zu behaupten, daß der Diebſtahl gerade damals begangen worden ſey. Dies iſt der wahre Sinn der ſo eben mitgetheilten Worte: semper enim moram fur facere videtur. Dieſe Worte ſollen eine eigenthümliche Verpflich- tung des Diebes bemerklich machen. Deswegen dürfen ſie nicht verſtanden werden von der ſtetigen Fortdauer und Wirkſamkeit der Mora überhaupt; denn dieſe Natur hat die Mora auch bei allen übrigen Schuldnern. Sie bekommt ihre wahre Bedeutung durch die eben gegebene Erklärung,
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§. 275. Wirkung der L. C. — Schätzungszeit.
als die oben erwähnte Annahme, daß er überhaupt verkauft
haben könnte (S. 184. 190). Für den gerechten Anſpruch
des Klägers iſt genug gethan, wenn demſelben zwiſchen zwei
Zeitpunkten die Wahl gelaſſen wird, insbeſondere da es ja
immer von ſeinem freien Entſchluß abhängt, die Klage zu
der Zeit anzuſtellen, worin er es gerade am vortheilhafteſten
findet.
Dagegen hat die hier vertheidigte Unterſcheidung zwiſchen
dem Diebe und allen übrigen Schuldnern folgenden inneren
Grund. Der Dieb iſt ſo zu betrachten, als ob er in jedem
Augenblick ſeinen Diebſtahl wiederholte. Dies iſt nicht ſo
zu verſtehen, als ob die gegen ihn geltenden Klagen ins
Unendliche vervielfältigt, und dadurch zu einem völlig
ſchrankenloſen Ertrag gebracht werden dürften, welches
widerſinnig ſeyn würde. Es hat vielmehr den Sinn, daß
er in jedem Augenblick denſelben (nicht einen neuen) Dieb-
ſtahl wirklich begeht, ſo daß der Beſtohlene völlig in ſeinem
Rechte iſt, wenn er ſich den vortheilhafteſten Zeitpunkt
ausſucht, um zu behaupten, daß der Diebſtahl gerade damals
begangen worden ſey. Dies iſt der wahre Sinn der ſo
eben mitgetheilten Worte: semper enim moram fur facere
videtur. Dieſe Worte ſollen eine eigenthümliche Verpflich-
tung des Diebes bemerklich machen. Deswegen dürfen ſie
nicht verſtanden werden von der ſtetigen Fortdauer und
Wirkſamkeit der Mora überhaupt; denn dieſe Natur hat
die Mora auch bei allen übrigen Schuldnern. Sie bekommt
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/231>, abgerufen am 23.11.2024.
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