Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.§. 274. Wirkung der L. C. -- Verminderungen. (Forts.) Beweis führen, daß der Kläger gewiß nicht verkaufthaben würde, so wäre durch diesen Beweis (der freilich nur höchst selten zu führen seyn wird und darum practisch ziemlich unerheblich ist) die Möglichkeit des Verkaufs ausgeschlossen, worauf doch die ganze Verpflichtung beruhen soll. Diese Einschränkung könnte dann ohne Gefahr auch in die anderen Fälle hinein getragen werden, in welchen die Möglichkeit nur als Motiv, nicht als Bedingung aus- gedrückt ist. Daß sie bei diesen Fällen nicht erwähnt wird, erklärt sich befriedigend aus der schon erwähnten seltenen Anwendbarkeit. Aus demselben Umstand erklärt es sich auch, daß so viele Stellen über die Mora in Obligationen die Verpflichtung des Schuldners zur Vergütung des zufälligen Untergangs unbedingt aussprechen, dadurch also gar keinen Raum für irgend eine Art der Einschränkung zu lassen scheinen. -- Zugleich würde diese Erklärung auch auf die schwierige Stelle des Ulpian über die actio quod metus causa (Note d) Anwendung finden, und jeden Schein eines Widerspruchs derselben mit den übrigen Stellen beseitigen. -- Ein Beispiel des (immerhin höchst seltenen) Beweises des Beklagten wäre etwa Folgendes. Ein Lehn- oder Fidei- commißgut oder auch ein fundus dotalis wird gegen einen unredlichen Besitzer vindicirt. Ein Blitzstrahl (also der Zufall) verzehrt die Gebäude durch Feuer. Hier läßt sich die Möglichkeit des Verkaufs durch die unveräußerliche Natur des Grundstücks widerlegen. Aber selbst ohne die Vor- aussetzung eines aus Rechtsgründen unveräußerlichen Ge- §. 274. Wirkung der L. C. — Verminderungen. (Fortſ.) Beweis führen, daß der Kläger gewiß nicht verkaufthaben würde, ſo wäre durch dieſen Beweis (der freilich nur höchſt ſelten zu führen ſeyn wird und darum practiſch ziemlich unerheblich iſt) die Möglichkeit des Verkaufs ausgeſchloſſen, worauf doch die ganze Verpflichtung beruhen ſoll. Dieſe Einſchränkung könnte dann ohne Gefahr auch in die anderen Fälle hinein getragen werden, in welchen die Möglichkeit nur als Motiv, nicht als Bedingung aus- gedrückt iſt. Daß ſie bei dieſen Fällen nicht erwähnt wird, erklärt ſich befriedigend aus der ſchon erwähnten ſeltenen Anwendbarkeit. Aus demſelben Umſtand erklärt es ſich auch, daß ſo viele Stellen über die Mora in Obligationen die Verpflichtung des Schuldners zur Vergütung des zufälligen Untergangs unbedingt ausſprechen, dadurch alſo gar keinen Raum für irgend eine Art der Einſchränkung zu laſſen ſcheinen. — Zugleich würde dieſe Erklärung auch auf die ſchwierige Stelle des Ulpian über die actio quod metus causa (Note d) Anwendung finden, und jeden Schein eines Widerſpruchs derſelben mit den übrigen Stellen beſeitigen. — Ein Beiſpiel des (immerhin höchſt ſeltenen) Beweiſes des Beklagten wäre etwa Folgendes. Ein Lehn- oder Fidei- commißgut oder auch ein fundus dotalis wird gegen einen unredlichen Beſitzer vindicirt. Ein Blitzſtrahl (alſo der Zufall) verzehrt die Gebäude durch Feuer. Hier läßt ſich die Möglichkeit des Verkaufs durch die unveräußerliche Natur des Grundſtücks widerlegen. Aber ſelbſt ohne die Vor- ausſetzung eines aus Rechtsgründen unveräußerlichen Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0207" n="189"/><fw place="top" type="header">§. 274. Wirkung der L. C. — Verminderungen. (Fortſ.)</fw><lb/> Beweis führen, daß der Kläger <hi rendition="#g">gewiß nicht</hi> verkauft<lb/> haben würde, ſo wäre durch dieſen Beweis (der freilich<lb/> nur höchſt ſelten zu führen ſeyn wird und darum practiſch<lb/> ziemlich unerheblich iſt) die <hi rendition="#g">Möglichkeit des Verkaufs</hi><lb/> ausgeſchloſſen, worauf doch die ganze Verpflichtung beruhen<lb/> ſoll. Dieſe Einſchränkung könnte dann ohne Gefahr auch<lb/> in die anderen Fälle hinein getragen werden, in welchen<lb/> die Möglichkeit nur als Motiv, nicht als Bedingung aus-<lb/> gedrückt iſt. Daß ſie bei dieſen Fällen nicht erwähnt wird,<lb/> erklärt ſich befriedigend aus der ſchon erwähnten ſeltenen<lb/> Anwendbarkeit. 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§. 274. Wirkung der L. C. — Verminderungen. (Fortſ.)
Beweis führen, daß der Kläger gewiß nicht verkauft
haben würde, ſo wäre durch dieſen Beweis (der freilich
nur höchſt ſelten zu führen ſeyn wird und darum practiſch
ziemlich unerheblich iſt) die Möglichkeit des Verkaufs
ausgeſchloſſen, worauf doch die ganze Verpflichtung beruhen
ſoll. Dieſe Einſchränkung könnte dann ohne Gefahr auch
in die anderen Fälle hinein getragen werden, in welchen
die Möglichkeit nur als Motiv, nicht als Bedingung aus-
gedrückt iſt. Daß ſie bei dieſen Fällen nicht erwähnt wird,
erklärt ſich befriedigend aus der ſchon erwähnten ſeltenen
Anwendbarkeit. Aus demſelben Umſtand erklärt es ſich auch,
daß ſo viele Stellen über die Mora in Obligationen die
Verpflichtung des Schuldners zur Vergütung des zufälligen
Untergangs unbedingt ausſprechen, dadurch alſo gar keinen
Raum für irgend eine Art der Einſchränkung zu laſſen
ſcheinen. — Zugleich würde dieſe Erklärung auch auf die
ſchwierige Stelle des Ulpian über die actio quod metus
causa (Note d) Anwendung finden, und jeden Schein eines
Widerſpruchs derſelben mit den übrigen Stellen beſeitigen. —
Ein Beiſpiel des (immerhin höchſt ſeltenen) Beweiſes des
Beklagten wäre etwa Folgendes. Ein Lehn- oder Fidei-
commißgut oder auch ein fundus dotalis wird gegen einen
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Zufall) verzehrt die Gebäude durch Feuer. Hier läßt ſich
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des Grundſtücks widerlegen. Aber ſelbſt ohne die Vor-
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