Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 271. Wirkung der L. C. -- Prozeßzinsen. (Forts.)
Heres steht hier für possessor hereditatis, wodurch beide
Stellen auf einen und denselben Fall bezogen werden.
Pecunia deposita heißt eine Geldsumme, welche der Ver-
storbene dazu bestimmt hatte, nicht in der Haushaltung
verbraucht, auch nicht ausgeliehen, sondern vielmehr als
ein Rothpfennig baar aufbewahrt zu werden, welcher Fall
anderwärts genau angegeben und mit dem ganz ver-
wandten Ausdruck: pecunia praesidii causa reposita
(oder auch seposita) bezeichnet wird (i). Solches Geld

Erben eines Depositars, gegen
welchen die actio depositi ange-
stellt wird. Nur müssen dann fol-
gende Voraussetzuugen hineinge-
tragen werden: 1. daß nicht schon
der Verstorbene in Mora war,
denn sonst würde die Mora (mit
der Zinsenverpflichtung) auf den
Erben übergegangen seyn, ohne
daß diesen das Nichtberühren des
Geldes schützen könnte (L. 87
§ 1 in f. de leg.
2); 2. daß auch
er selbst, nicht durch Mahnung
in Mora versetzt war, aus dem-
selben Grunde. Dieses letzte ließe
sich allerdings so denken, daß der
Erbe Nichts von dem Depositum
gewußt hätte, welches die Mora
abwendet (L. 42 de R. J.), und
daß er doch zugleich aus Gewis-
senhaftigkeit erklärte, er wolle das
Geld einstweilen unberührt lassen,
wodurch dieser Fall dem des vin-
dicirten Geldes ähnlich würde
(Note a). -- Daß nun aber bei
dieser Erklärung so Vieles hinzu-
gedacht werden muß, wenn der
Ausspruch nicht durch andere un-
zweifelhafte Rechtsregeln widerlegt
werden soll, macht diese Erklärung
sehr bedenklich, und giebt der ersten
den Vorzug, welche ohnehin durch
die wörtliche Ähnlichkeit bei-
der Stellen unterstützt wird.
(i) L. 79 § 1 de leg. 3 (32)
"His verbis: quae ibi mobilia
mea erunt do lego,
nummos
ibi repositos ut mutui darentur,
non esse legatos Proculus ait:
at eos, quos praesidii causa
repositos
habet, ut quidam bellis
civilibus factitassent, eoslegato
contineri: Et audisse se rusti-
cos senes ita dicentes, pecu-
niam sine peculio fragilem esse:
peculium appellantes, quod
praesidii causa seponeretur."
--
Diese Erklärung ist schon ange-
geben von Glück B. 8 S. 297.
298. Zur Unterstützung derselben
kann noch folgende Bemerkung
dienen. Die von Papinian an
zwei Orten erwähnte pecunia in-
venta (deposita) in hereditate
quam heres (possessor here-
ditatis) non attingit
hat offen-

§. 271. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen. (Fortſ.)
Heres ſteht hier für possessor hereditatis, wodurch beide
Stellen auf einen und denſelben Fall bezogen werden.
Pecunia deposita heißt eine Geldſumme, welche der Ver-
ſtorbene dazu beſtimmt hatte, nicht in der Haushaltung
verbraucht, auch nicht ausgeliehen, ſondern vielmehr als
ein Rothpfennig baar aufbewahrt zu werden, welcher Fall
anderwärts genau angegeben und mit dem ganz ver-
wandten Ausdruck: pecunia praesidii causa reposita
(oder auch seposita) bezeichnet wird (i). Solches Geld

Erben eines Depoſitars, gegen
welchen die actio depositi ange-
ſtellt wird. Nur müſſen dann fol-
gende Vorausſetzuugen hineinge-
tragen werden: 1. daß nicht ſchon
der Verſtorbene in Mora war,
denn ſonſt würde die Mora (mit
der Zinſenverpflichtung) auf den
Erben übergegangen ſeyn, ohne
daß dieſen das Nichtberühren des
Geldes ſchützen könnte (L. 87
§ 1 in f. de leg.
2); 2. daß auch
er ſelbſt, nicht durch Mahnung
in Mora verſetzt war, aus dem-
ſelben Grunde. Dieſes letzte ließe
ſich allerdings ſo denken, daß der
Erbe Nichts von dem Depoſitum
gewußt hätte, welches die Mora
abwendet (L. 42 de R. J.), und
daß er doch zugleich aus Gewiſ-
ſenhaftigkeit erklärte, er wolle das
Geld einſtweilen unberührt laſſen,
wodurch dieſer Fall dem des vin-
dicirten Geldes ähnlich würde
(Note a). — Daß nun aber bei
dieſer Erklärung ſo Vieles hinzu-
gedacht werden muß, wenn der
Ausſpruch nicht durch andere un-
zweifelhafte Rechtsregeln widerlegt
werden ſoll, macht dieſe Erklärung
ſehr bedenklich, und giebt der erſten
den Vorzug, welche ohnehin durch
die wörtliche Ähnlichkeit bei-
der Stellen unterſtützt wird.
(i) L. 79 § 1 de leg. 3 (32)
„His verbis: quae ibi mobilia
mea erunt do lego,
nummos
ibi repositos ut mutui darentur,
non esse legatos Proculus ait:
at eos, quos praesidii causa
repositos
habet, ut quidam bellis
civilibus factitassent, eoslegato
contineri: Et audisse se rusti-
cos senes ita dicentes, pecu-
niam sine peculio fragilem esse:
peculium appellantes, quod
praesidii causa seponeretur.“

Dieſe Erklärung iſt ſchon ange-
geben von Glück B. 8 S. 297.
298. Zur Unterſtützung derſelben
kann noch folgende Bemerkung
dienen. Die von Papinian an
zwei Orten erwähnte pecunia in-
venta (deposita) in hereditate
quam heres (possessor here-
ditatis) non attingit
hat offen-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0171" n="153"/><fw place="top" type="header">§. 271. Wirkung der L. C. &#x2014; Prozeßzin&#x017F;en. (Fort&#x017F;.)</fw><lb/><hi rendition="#aq">Heres</hi> &#x017F;teht hier für <hi rendition="#aq">possessor hereditatis,</hi> wodurch beide<lb/>
Stellen auf einen und den&#x017F;elben Fall bezogen werden.<lb/><hi rendition="#aq">Pecunia <hi rendition="#i">deposita</hi></hi> heißt eine Geld&#x017F;umme, welche der Ver-<lb/>
&#x017F;torbene dazu be&#x017F;timmt hatte, nicht in der Haushaltung<lb/>
verbraucht, auch nicht ausgeliehen, &#x017F;ondern vielmehr als<lb/>
ein Rothpfennig baar aufbewahrt zu werden, welcher Fall<lb/>
anderwärts genau angegeben und mit dem ganz ver-<lb/>
wandten Ausdruck: <hi rendition="#aq">pecunia praesidii causa <hi rendition="#i">reposita</hi></hi><lb/>
(oder auch <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">seposita</hi></hi>) bezeichnet wird <note xml:id="seg2pn_29_1" next="#seg2pn_29_2" place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 79 § 1 <hi rendition="#i">de leg.</hi> 3 (32)<lb/>
&#x201E;His verbis: <hi rendition="#i"><choice><sic>qaae</sic><corr>quae</corr></choice> ibi mobilia<lb/>
mea erunt do lego,</hi> nummos<lb/>
ibi <hi rendition="#i">repositos ut mutui darentur,</hi><lb/>
non esse legatos Proculus ait:<lb/>
at eos, quos <hi rendition="#i">praesidii causa<lb/>
repositos</hi> habet, ut quidam bellis<lb/>
civilibus factitassent, eoslegato<lb/>
contineri: Et audisse se rusti-<lb/>
cos senes ita dicentes, pecu-<lb/>
niam sine peculio fragilem esse:<lb/>
peculium appellantes, quod<lb/>
praesidii causa seponeretur.&#x201C;</hi> &#x2014;<lb/>
Die&#x017F;e Erklärung i&#x017F;t &#x017F;chon ange-<lb/>
geben von <hi rendition="#g">Glück</hi> B. 8 S. 297.<lb/>
298. Zur Unter&#x017F;tützung der&#x017F;elben<lb/>
kann noch folgende Bemerkung<lb/>
dienen. Die von <hi rendition="#g">Papinian</hi> an<lb/>
zwei Orten erwähnte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">pecunia</hi> in-<lb/>
venta (deposita) in hereditate<lb/>
quam heres (possessor here-<lb/>
ditatis) <hi rendition="#i">non attingit</hi></hi> hat offen-</note>. <hi rendition="#g">Solches</hi> Geld<lb/><note xml:id="seg2pn_28_2" prev="#seg2pn_28_1" place="foot" n="(h)">Erben eines Depo&#x017F;itars, gegen<lb/>
welchen die <hi rendition="#aq">actio depositi</hi> ange-<lb/>
&#x017F;tellt wird. Nur mü&#x017F;&#x017F;en dann fol-<lb/>
gende Voraus&#x017F;etzuugen hineinge-<lb/>
tragen werden: 1. daß nicht &#x017F;chon<lb/>
der Ver&#x017F;torbene in Mora war,<lb/>
denn &#x017F;on&#x017F;t würde die Mora (mit<lb/>
der Zin&#x017F;enverpflichtung) auf den<lb/>
Erben übergegangen &#x017F;eyn, ohne<lb/>
daß die&#x017F;en das Nichtberühren des<lb/>
Geldes &#x017F;chützen könnte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">(L.</hi> 87<lb/>
§ 1 <hi rendition="#i">in f. de leg.</hi></hi> 2<hi rendition="#i">)</hi>; 2. daß auch<lb/>
er &#x017F;elb&#x017F;t, nicht durch Mahnung<lb/>
in Mora ver&#x017F;etzt war, aus dem-<lb/>
&#x017F;elben Grunde. Die&#x017F;es letzte ließe<lb/>
&#x017F;ich allerdings &#x017F;o denken, daß der<lb/>
Erbe Nichts von dem Depo&#x017F;itum<lb/>
gewußt hätte, welches die Mora<lb/>
abwendet <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">(L.</hi> 42 <hi rendition="#i">de R. J.),</hi></hi> und<lb/>
daß er doch zugleich aus Gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enhaftigkeit erklärte, er wolle das<lb/>
Geld ein&#x017F;tweilen unberührt la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wodurch die&#x017F;er Fall dem des vin-<lb/>
dicirten Geldes ähnlich würde<lb/>
(Note <hi rendition="#aq">a</hi>). &#x2014; Daß nun aber bei<lb/>
die&#x017F;er Erklärung &#x017F;o Vieles hinzu-<lb/>
gedacht werden muß, wenn der<lb/>
Aus&#x017F;pruch nicht durch andere un-<lb/>
zweifelhafte Rechtsregeln widerlegt<lb/>
werden &#x017F;oll, macht die&#x017F;e Erklärung<lb/>
&#x017F;ehr bedenklich, und giebt der er&#x017F;ten<lb/>
den Vorzug, welche ohnehin durch<lb/>
die <hi rendition="#g">wörtliche Ähnlichkeit</hi> bei-<lb/>
der Stellen unter&#x017F;tützt wird.</note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0171] §. 271. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen. (Fortſ.) Heres ſteht hier für possessor hereditatis, wodurch beide Stellen auf einen und denſelben Fall bezogen werden. Pecunia deposita heißt eine Geldſumme, welche der Ver- ſtorbene dazu beſtimmt hatte, nicht in der Haushaltung verbraucht, auch nicht ausgeliehen, ſondern vielmehr als ein Rothpfennig baar aufbewahrt zu werden, welcher Fall anderwärts genau angegeben und mit dem ganz ver- wandten Ausdruck: pecunia praesidii causa reposita (oder auch seposita) bezeichnet wird (i). Solches Geld (h) (i) L. 79 § 1 de leg. 3 (32) „His verbis: quae ibi mobilia mea erunt do lego, nummos ibi repositos ut mutui darentur, non esse legatos Proculus ait: at eos, quos praesidii causa repositos habet, ut quidam bellis civilibus factitassent, eoslegato contineri: Et audisse se rusti- cos senes ita dicentes, pecu- niam sine peculio fragilem esse: peculium appellantes, quod praesidii causa seponeretur.“ — Dieſe Erklärung iſt ſchon ange- geben von Glück B. 8 S. 297. 298. Zur Unterſtützung derſelben kann noch folgende Bemerkung dienen. Die von Papinian an zwei Orten erwähnte pecunia in- venta (deposita) in hereditate quam heres (possessor here- ditatis) non attingit hat offen- (h) Erben eines Depoſitars, gegen welchen die actio depositi ange- ſtellt wird. Nur müſſen dann fol- gende Vorausſetzuugen hineinge- tragen werden: 1. daß nicht ſchon der Verſtorbene in Mora war, denn ſonſt würde die Mora (mit der Zinſenverpflichtung) auf den Erben übergegangen ſeyn, ohne daß dieſen das Nichtberühren des Geldes ſchützen könnte (L. 87 § 1 in f. de leg. 2); 2. daß auch er ſelbſt, nicht durch Mahnung in Mora verſetzt war, aus dem- ſelben Grunde. Dieſes letzte ließe ſich allerdings ſo denken, daß der Erbe Nichts von dem Depoſitum gewußt hätte, welches die Mora abwendet (L. 42 de R. J.), und daß er doch zugleich aus Gewiſ- ſenhaftigkeit erklärte, er wolle das Geld einſtweilen unberührt laſſen, wodurch dieſer Fall dem des vin- dicirten Geldes ähnlich würde (Note a). — Daß nun aber bei dieſer Erklärung ſo Vieles hinzu- gedacht werden muß, wenn der Ausſpruch nicht durch andere un- zweifelhafte Rechtsregeln widerlegt werden ſoll, macht dieſe Erklärung ſehr bedenklich, und giebt der erſten den Vorzug, welche ohnehin durch die wörtliche Ähnlichkeit bei- der Stellen unterſtützt wird.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/171
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/171>, abgerufen am 24.11.2024.