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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 267. Wirkung der L. C. -- Versäumte Früchte.
winnen können (e); allein in noch mehreren Stellen wird
die Frage so gestellt, ob der Beklagte Dieses thun
konnte oder sollte (f). Beide Arten des Ausdrucks
haben aber ganz denselben Sinn, und werden daher mit
Recht in willkührlicher, zufälliger Abwechslung gebraucht.

Daß in der That diese beide Arten die Frage aufzu-
fassen gar nicht verschieden sind, folgt daraus, daß beide,
verglichen mit dem allgemeinen Princip der Culpa keinen
anderen Sinn haben als den: was in diesem Fall ein be-
sonnener Hausvater wirklich gethan hätte. Da wo in
unsren Rechtsquellen die für den Kläger vorhandene
Möglichkeit der Fruchtgewinnung erwähnt wird, steht
sie als Gegensatz gegen das, was der Beklagte wirklich
gewonnen hat
, welches dann für gleichgültig erklärt
wird (g). In keiner Stelle wird die Möglichkeit für
den Kläger der Möglichkeit für den Beklagten als etwas
Verschiedenes gegenüber gestellt (h), sowie es die neueren
Schriftsteller in ihrer Controverse fälschlich voraussetzen.


(e) L. 62 § 1 de rei vind.
(6. 1), L. 39 § 1 de leg. 1. (30),
L. 4 C. unde vi
(8. 4).
(f) L. 25 § 4 de her. pet. (5. 3),
L. 2 C. de fruct. (7. 51), L. 5
C. de rei vind. (3. 32), L. 1
§ 1 C. de her. pet. (3. 31), L. 3
C. de pign. act.
(4. 24).
(g) L. 4 C. unde vi (8. 4)
"fructus etiam quos vetus pos-
sessor percipere potuit, non
tantum quos praedo percepit."
(h) Allerdings ist in diesem
Sinn aufgefaßt worden L. 62 § 1
de rei vind. (6. 1) "constat ani-
madverti debere, non an ma-
lae fidei possessor fruiturus
sit, sed an petitor frui potue-
rit, si ei possidere licuisset,"

und diese Stelle scheint fast allein
das Misverständniß veranlaßt zu
haben, als ob die Geschicklichkeit
des Klägers mit der des Beklag-
ten abzuwägen, und zwischen bei-
den Geschicklichkeiten als Maaß-
stab der Beurtheilung zu wählen
wäre. Allein die Florentinische
Leseart fruiturus sit, ist ohnehin
8*

§. 267. Wirkung der L. C. — Verſäumte Früchte.
winnen können (e); allein in noch mehreren Stellen wird
die Frage ſo geſtellt, ob der Beklagte Dieſes thun
konnte oder ſollte (f). Beide Arten des Ausdrucks
haben aber ganz denſelben Sinn, und werden daher mit
Recht in willkührlicher, zufälliger Abwechslung gebraucht.

Daß in der That dieſe beide Arten die Frage aufzu-
faſſen gar nicht verſchieden ſind, folgt daraus, daß beide,
verglichen mit dem allgemeinen Princip der Culpa keinen
anderen Sinn haben als den: was in dieſem Fall ein be-
ſonnener Hausvater wirklich gethan hätte. Da wo in
unſren Rechtsquellen die für den Kläger vorhandene
Möglichkeit der Fruchtgewinnung erwähnt wird, ſteht
ſie als Gegenſatz gegen das, was der Beklagte wirklich
gewonnen hat
, welches dann für gleichgültig erklärt
wird (g). In keiner Stelle wird die Möglichkeit für
den Kläger der Möglichkeit für den Beklagten als etwas
Verſchiedenes gegenüber geſtellt (h), ſowie es die neueren
Schriftſteller in ihrer Controverſe fälſchlich vorausſetzen.


(e) L. 62 § 1 de rei vind.
(6. 1), L. 39 § 1 de leg. 1. (30),
L. 4 C. unde vi
(8. 4).
(f) L. 25 § 4 de her. pet. (5. 3),
L. 2 C. de fruct. (7. 51), L. 5
C. de rei vind. (3. 32), L. 1
§ 1 C. de her. pet. (3. 31), L. 3
C. de pign. act.
(4. 24).
(g) L. 4 C. unde vi (8. 4)
„fructus etiam quos vetus pos-
sessor percipere potuit, non
tantum quos praedo percepit.“
(h) Allerdings iſt in dieſem
Sinn aufgefaßt worden L. 62 § 1
de rei vind. (6. 1) „constat ani-
madverti debere, non an ma-
lae fidei possessor fruiturus
sit, sed an petitor frui potue-
rit, si ei possidere licuisset,“

und dieſe Stelle ſcheint faſt allein
das Misverſtändniß veranlaßt zu
haben, als ob die Geſchicklichkeit
des Klägers mit der des Beklag-
ten abzuwägen, und zwiſchen bei-
den Geſchicklichkeiten als Maaß-
ſtab der Beurtheilung zu wählen
wäre. Allein die Florentiniſche
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[115/0133] §. 267. Wirkung der L. C. — Verſäumte Früchte. winnen können (e); allein in noch mehreren Stellen wird die Frage ſo geſtellt, ob der Beklagte Dieſes thun konnte oder ſollte (f). Beide Arten des Ausdrucks haben aber ganz denſelben Sinn, und werden daher mit Recht in willkührlicher, zufälliger Abwechslung gebraucht. Daß in der That dieſe beide Arten die Frage aufzu- faſſen gar nicht verſchieden ſind, folgt daraus, daß beide, verglichen mit dem allgemeinen Princip der Culpa keinen anderen Sinn haben als den: was in dieſem Fall ein be- ſonnener Hausvater wirklich gethan hätte. Da wo in unſren Rechtsquellen die für den Kläger vorhandene Möglichkeit der Fruchtgewinnung erwähnt wird, ſteht ſie als Gegenſatz gegen das, was der Beklagte wirklich gewonnen hat, welches dann für gleichgültig erklärt wird (g). In keiner Stelle wird die Möglichkeit für den Kläger der Möglichkeit für den Beklagten als etwas Verſchiedenes gegenüber geſtellt (h), ſowie es die neueren Schriftſteller in ihrer Controverſe fälſchlich vorausſetzen. (e) L. 62 § 1 de rei vind. (6. 1), L. 39 § 1 de leg. 1. (30), L. 4 C. unde vi (8. 4). (f) L. 25 § 4 de her. pet. (5. 3), L. 2 C. de fruct. (7. 51), L. 5 C. de rei vind. (3. 32), L. 1 § 1 C. de her. pet. (3. 31), L. 3 C. de pign. act. (4. 24). (g) L. 4 C. unde vi (8. 4) „fructus etiam quos vetus pos- sessor percipere potuit, non tantum quos praedo percepit.“ (h) Allerdings iſt in dieſem Sinn aufgefaßt worden L. 62 § 1 de rei vind. (6. 1) „constat ani- madverti debere, non an ma- lae fidei possessor fruiturus sit, sed an petitor frui potue- rit, si ei possidere licuisset,“ und dieſe Stelle ſcheint faſt allein das Misverſtändniß veranlaßt zu haben, als ob die Geſchicklichkeit des Klägers mit der des Beklag- ten abzuwägen, und zwiſchen bei- den Geſchicklichkeiten als Maaß- ſtab der Beurtheilung zu wählen wäre. Allein die Florentiniſche Leſeart fruiturus sit, iſt ohnehin 8*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/133>, abgerufen am 26.11.2024.