vielleicht fremde anzusehen und zu verwalten, und dabei für seine Culpa einzustehen (d).
b) Daß der unredliche Besitzer, von der L. C. an, ebenso strenge Verpflichtungen hat wie der redliche, versteht sich von selbst. Bei ihm aber wird dieselbe Strenge auch für die ganze Dauer des Besitzes vor der L. C. geltend gemacht, so daß hierin an die L. C. gar keine praktische Wirkung mehr angeknüpft ist. -- Indessen war Dieses bei dem unredlichen Besitzer nicht der ursprüngliche Grund- satz; vielmehr sollte er vor der L. C., weil er noch in keinem obligatorischen Verhältniß stand, nicht für die ver- säumten Früchte einstehen. Erst das Sc. Juventianum verordnete, daß bei der Erbschaftsklage der unredliche Be- sitzer vom Anfang seines Besitzes an so beurtheilt werden sollte, als ob er in einem obligatorischen (offenbar delict- artigen) Verhältniß gestanden hätte. Man nannte dieses den dolus praeteritus(e), und folgerte daraus u. a. auch die Verpflichtung, für die vor der L. C. versäumten Früchte Entschädigung zu leisten (f). Diese gegen den unredlichen Besitzer neu eingeführte Strenge, wodurch für ihn die L. C. ihren practischen Einfluß verlor, wurde dann durch die
(d) § 2 J. de off. jud. (4. 17) "qui culpa possessoris percepti non sunt." -- Paulus I. 13 A. § 9: "Hi fructus in restitutione praestandi sunt petitori, quos unusquisque diligens paterfami- lias et honestus colligere po- tuisset."
(e)L. 20 § 6, L. 25 § 2. 7, L. 13 § 2 de her. pet. (5. 3).
(f)L. 25 § 4. 9 de her. pet. (5. 3).
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
vielleicht fremde anzuſehen und zu verwalten, und dabei für ſeine Culpa einzuſtehen (d).
b) Daß der unredliche Beſitzer, von der L. C. an, ebenſo ſtrenge Verpflichtungen hat wie der redliche, verſteht ſich von ſelbſt. Bei ihm aber wird dieſelbe Strenge auch für die ganze Dauer des Beſitzes vor der L. C. geltend gemacht, ſo daß hierin an die L. C. gar keine praktiſche Wirkung mehr angeknüpft iſt. — Indeſſen war Dieſes bei dem unredlichen Beſitzer nicht der urſprüngliche Grund- ſatz; vielmehr ſollte er vor der L. C., weil er noch in keinem obligatoriſchen Verhältniß ſtand, nicht für die ver- ſäumten Früchte einſtehen. Erſt das Sc. Juventianum verordnete, daß bei der Erbſchaftsklage der unredliche Be- ſitzer vom Anfang ſeines Beſitzes an ſo beurtheilt werden ſollte, als ob er in einem obligatoriſchen (offenbar delict- artigen) Verhältniß geſtanden hätte. Man nannte dieſes den dolus praeteritus(e), und folgerte daraus u. a. auch die Verpflichtung, für die vor der L. C. verſäumten Früchte Entſchädigung zu leiſten (f). Dieſe gegen den unredlichen Beſitzer neu eingeführte Strenge, wodurch für ihn die L. C. ihren practiſchen Einfluß verlor, wurde dann durch die
(d) § 2 J. de off. jud. (4. 17) „qui culpa possessoris percepti non sunt.“ — Paulus I. 13 A. § 9: „Hi fructus in restitutione praestandi sunt petitori, quos unusquisque diligens paterfami- lias et honestus colligere po- tuisset.“
(e)L. 20 § 6, L. 25 § 2. 7, L. 13 § 2 de her. pet. (5. 3).
(f)L. 25 § 4. 9 de her. pet. (5. 3).
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[108/0126]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
vielleicht fremde anzuſehen und zu verwalten, und dabei
für ſeine Culpa einzuſtehen (d).
b) Daß der unredliche Beſitzer, von der L. C. an,
ebenſo ſtrenge Verpflichtungen hat wie der redliche, verſteht
ſich von ſelbſt. Bei ihm aber wird dieſelbe Strenge auch
für die ganze Dauer des Beſitzes vor der L. C. geltend
gemacht, ſo daß hierin an die L. C. gar keine praktiſche
Wirkung mehr angeknüpft iſt. — Indeſſen war Dieſes
bei dem unredlichen Beſitzer nicht der urſprüngliche Grund-
ſatz; vielmehr ſollte er vor der L. C., weil er noch in
keinem obligatoriſchen Verhältniß ſtand, nicht für die ver-
ſäumten Früchte einſtehen. Erſt das Sc. Juventianum
verordnete, daß bei der Erbſchaftsklage der unredliche Be-
ſitzer vom Anfang ſeines Beſitzes an ſo beurtheilt werden
ſollte, als ob er in einem obligatoriſchen (offenbar delict-
artigen) Verhältniß geſtanden hätte. Man nannte dieſes
den dolus praeteritus (e), und folgerte daraus u. a. auch
die Verpflichtung, für die vor der L. C. verſäumten Früchte
Entſchädigung zu leiſten (f). Dieſe gegen den unredlichen
Beſitzer neu eingeführte Strenge, wodurch für ihn die L. C.
ihren practiſchen Einfluß verlor, wurde dann durch die
(d) § 2 J. de off. jud. (4. 17)
„qui culpa possessoris percepti
non sunt.“ — Paulus I. 13 A.
§ 9: „Hi fructus in restitutione
praestandi sunt petitori, quos
unusquisque diligens paterfami-
lias et honestus colligere po-
tuisset.“
(e) L. 20 § 6, L. 25 § 2. 7,
L. 13 § 2 de her. pet. (5. 3).
(f) L. 25 § 4. 9 de her. pet.
(5. 3).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/126>, abgerufen am 27.07.2024.
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