Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
etwas Anderes stehen durfte als baares Geld (r), anstatt
daß die Intentio sehr viele andere genau bestimmte Gegen-
stände enthalten konnte. Zum Beyspiel kann die Formel
der Eigenthumsklage dienen, worin auf die Intentio: Si
paret Stichum A. Agerii esse,
diese Condemnatio folgte:
quanti ea res erit, tantam pecuniam N. Negidium A. Age-
rio condemna
(s). Diese war incerta, denn es war aus
ihren Worten nicht zu erkennen, wie hoch der Judex den
Beklagten verurtheilen würde.

Es ist nun vor Allem wichtig, diese Verschiedenheit der
Fälle, als wirklich vorkommend, deutlich in's Auge zu fas-
sen. Im älteren Prozeß knüpfte sich daran ein sehr
großes praktisches Interesse. War die Intentio certa, so
mußte sich der Kläger hüten, Mehr zu fordern als ihm
zukam; fehlte er hierin, so verlor er plus petendo auch
das, was ihm wirklich gebührte (t). Bey der incerta In-
tentio
war dieser Fehler und die damit verbundene Gefahr
unmöglich, da in dem unbestimmten quidquid dare opor-
tet
niemals eine übertriebene Quantität liegen konnte (u).
In der Demonstratio und Condemnatio waren zwar auch
Übertreibungen möglich, sie hatten aber niemals jene ge-
fährliche Folge für den Kläger (v).

Bisher wurde blos die Sache betrachtet. Was aber
den Ausdruck für den oben erwähnten zweydeutigen Fall

(r) Gajus IV. § 48.
(s) Gajus IV. § 51. Ein an-
derer Fall von certa Intentio mit
incerta Condemnatio wird am
Ende des § 68 erwähnt.
(t) Gajus IV. § 53. 60.
(u) Gajus IV. § 54.
(v) Gajus IV. § 57. 58.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
etwas Anderes ſtehen durfte als baares Geld (r), anſtatt
daß die Intentio ſehr viele andere genau beſtimmte Gegen-
ſtände enthalten konnte. Zum Beyſpiel kann die Formel
der Eigenthumsklage dienen, worin auf die Intentio: Si
paret Stichum A. Agerii esse,
dieſe Condemnatio folgte:
quanti ea res erit, tantam pecuniam N. Negidium A. Age-
rio condemna
(s). Dieſe war incerta, denn es war aus
ihren Worten nicht zu erkennen, wie hoch der Judex den
Beklagten verurtheilen würde.

Es iſt nun vor Allem wichtig, dieſe Verſchiedenheit der
Fälle, als wirklich vorkommend, deutlich in’s Auge zu faſ-
ſen. Im älteren Prozeß knüpfte ſich daran ein ſehr
großes praktiſches Intereſſe. War die Intentio certa, ſo
mußte ſich der Kläger hüten, Mehr zu fordern als ihm
zukam; fehlte er hierin, ſo verlor er plus petendo auch
das, was ihm wirklich gebührte (t). Bey der incerta In-
tentio
war dieſer Fehler und die damit verbundene Gefahr
unmöglich, da in dem unbeſtimmten quidquid dare opor-
tet
niemals eine übertriebene Quantität liegen konnte (u).
In der Demonstratio und Condemnatio waren zwar auch
Übertreibungen möglich, ſie hatten aber niemals jene ge-
fährliche Folge für den Kläger (v).

Bisher wurde blos die Sache betrachtet. Was aber
den Ausdruck für den oben erwähnten zweydeutigen Fall

(r) Gajus IV. § 48.
(s) Gajus IV. § 51. Ein an-
derer Fall von certa Intentio mit
incerta Condemnatio wird am
Ende des § 68 erwähnt.
(t) Gajus IV. § 53. 60.
(u) Gajus IV. § 54.
(v) Gajus IV. § 57. 58.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0090" n="76"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
etwas Anderes &#x017F;tehen durfte als baares Geld <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 48.</note>, an&#x017F;tatt<lb/>
daß die <hi rendition="#aq">Intentio</hi> &#x017F;ehr viele andere genau be&#x017F;timmte Gegen-<lb/>
&#x017F;tände enthalten konnte. Zum Bey&#x017F;piel kann die Formel<lb/>
der Eigenthumsklage dienen, worin auf die <hi rendition="#aq">Intentio: Si<lb/>
paret Stichum A. Agerii esse,</hi> die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Condemnatio</hi> folgte:<lb/><hi rendition="#aq">quanti ea res erit, tantam pecuniam N. Negidium A. Age-<lb/>
rio condemna</hi> <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 51. Ein an-<lb/>
derer Fall von <hi rendition="#aq">certa Intentio</hi> mit<lb/><hi rendition="#aq">incerta Condemnatio</hi> wird am<lb/>
Ende des § 68 erwähnt.</note>. Die&#x017F;e war <hi rendition="#aq">incerta,</hi> denn es war aus<lb/>
ihren Worten nicht zu erkennen, wie hoch der Judex den<lb/>
Beklagten verurtheilen würde.</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t nun vor Allem wichtig, die&#x017F;e Ver&#x017F;chiedenheit der<lb/>
Fälle, als wirklich vorkommend, deutlich in&#x2019;s Auge zu fa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Im älteren Prozeß knüpfte &#x017F;ich daran ein &#x017F;ehr<lb/>
großes prakti&#x017F;ches Intere&#x017F;&#x017F;e. War die <hi rendition="#aq">Intentio certa,</hi> &#x017F;o<lb/>
mußte &#x017F;ich der Kläger hüten, Mehr zu fordern als ihm<lb/>
zukam; fehlte er hierin, &#x017F;o verlor er <hi rendition="#aq">plus petendo</hi> auch<lb/>
das, was ihm wirklich gebührte <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 53. 60.</note>. Bey der <hi rendition="#aq">incerta In-<lb/>
tentio</hi> war die&#x017F;er Fehler und die damit verbundene Gefahr<lb/>
unmöglich, da in dem unbe&#x017F;timmten <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">quidquid</hi> dare opor-<lb/>
tet</hi> niemals eine übertriebene Quantität liegen konnte <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 54.</note>.<lb/>
In der <hi rendition="#aq">Demonstratio</hi> und <hi rendition="#aq">Condemnatio</hi> waren zwar auch<lb/>
Übertreibungen möglich, &#x017F;ie hatten aber niemals jene ge-<lb/>
fährliche Folge für den Kläger <note place="foot" n="(v)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 57. 58.</note>.</p><lb/>
            <p>Bisher wurde blos die Sache betrachtet. Was aber<lb/>
den Ausdruck für den oben erwähnten zweydeutigen Fall<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0090] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. etwas Anderes ſtehen durfte als baares Geld (r), anſtatt daß die Intentio ſehr viele andere genau beſtimmte Gegen- ſtände enthalten konnte. Zum Beyſpiel kann die Formel der Eigenthumsklage dienen, worin auf die Intentio: Si paret Stichum A. Agerii esse, dieſe Condemnatio folgte: quanti ea res erit, tantam pecuniam N. Negidium A. Age- rio condemna (s). Dieſe war incerta, denn es war aus ihren Worten nicht zu erkennen, wie hoch der Judex den Beklagten verurtheilen würde. Es iſt nun vor Allem wichtig, dieſe Verſchiedenheit der Fälle, als wirklich vorkommend, deutlich in’s Auge zu faſ- ſen. Im älteren Prozeß knüpfte ſich daran ein ſehr großes praktiſches Intereſſe. War die Intentio certa, ſo mußte ſich der Kläger hüten, Mehr zu fordern als ihm zukam; fehlte er hierin, ſo verlor er plus petendo auch das, was ihm wirklich gebührte (t). Bey der incerta In- tentio war dieſer Fehler und die damit verbundene Gefahr unmöglich, da in dem unbeſtimmten quidquid dare opor- tet niemals eine übertriebene Quantität liegen konnte (u). In der Demonstratio und Condemnatio waren zwar auch Übertreibungen möglich, ſie hatten aber niemals jene ge- fährliche Folge für den Kläger (v). Bisher wurde blos die Sache betrachtet. Was aber den Ausdruck für den oben erwähnten zweydeutigen Fall (r) Gajus IV. § 48. (s) Gajus IV. § 51. Ein an- derer Fall von certa Intentio mit incerta Condemnatio wird am Ende des § 68 erwähnt. (t) Gajus IV. § 53. 60. (u) Gajus IV. § 54. (v) Gajus IV. § 57. 58.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/90
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/90>, abgerufen am 23.12.2024.