Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. dieses Verfahren nur erst als eine ziemlich beschränkteAusnahme angesehen werden. Um die Zeit von Diocle- tian aber wurde die Gerichtsverfassung völlig umgebildet; der ordo judiciorum verschwand, und es wurden alle Pro- zeßgeschäfte in der Hand der Obrigkeit vereinigt, so daß nunmehr der ganze Prozeßgang durch extraordinaria ju- dicia betrieben wurde (e). Dieses ist die Gestalt des Ge- richtswesens im Justinianischen Recht, und dieselbe findet sich in den allermeisten neueren Staaten, da die Geschwor- nengerichte, auch wo sie vorkommen, doch meist auf das Criminalverfahren eingeschränkt sind. Es ist dabey noch das Verhältniß der extraordinaria Alle uns bekannte extraordinaria judicia waren in per- (e) § 8 J. de interdictis (4. 15), L. 47 § 1 de negotiiis gestis (3. 5), ohne Zweifel interpolirt. -- Eine einzelne Constitution, wodurch die ganze, höchst wichtige, Berän- derung bewirkt worden wäre, be- sitzen wir nicht, vielleicht war eine solche nicht vorhanden. Die älte- sten Bestimmungen finden sich in Cod. Just. II. 58, Cod. Theod. II. 3, L. 8 C. Th. de off. rec- toris (1. 16.). In dem Tit. Cod. Just. III. 3 ist der Übergang des- sen, was früher Ausnahme war, zur Regel, sehr sichtbar. -- Vgl. Savigny Geschichte des R. R. im Mittelalter B. 1 § 26. (f) In personam sind die in
L. 1 de extr. cogn. (50. 13) zu- sammengestellte Klagen; eben so der Anspruch des Fideicommissars gegen den mit dem Fideicommiß belasteten Erben oder Legatar. Gajus II. § 278. Ulpian. XXV. § 12. War eine fideicommissarische Erbschaft durch wörtliche Erklä- rung des Erben restituirt, so konnte nun allerdings der Fideicommissar in rem klagen gegen die Besitzer von Erbschaftssachen; diese Klage Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. dieſes Verfahren nur erſt als eine ziemlich beſchränkteAusnahme angeſehen werden. Um die Zeit von Diocle- tian aber wurde die Gerichtsverfaſſung völlig umgebildet; der ordo judiciorum verſchwand, und es wurden alle Pro- zeßgeſchäfte in der Hand der Obrigkeit vereinigt, ſo daß nunmehr der ganze Prozeßgang durch extraordinaria ju- dicia betrieben wurde (e). Dieſes iſt die Geſtalt des Ge- richtsweſens im Juſtinianiſchen Recht, und dieſelbe findet ſich in den allermeiſten neueren Staaten, da die Geſchwor- nengerichte, auch wo ſie vorkommen, doch meiſt auf das Criminalverfahren eingeſchränkt ſind. Es iſt dabey noch das Verhältniß der extraordinaria Alle uns bekannte extraordinaria judicia waren in per- (e) § 8 J. de interdictis (4. 15), L. 47 § 1 de negotiiis gestis (3. 5), ohne Zweifel interpolirt. — Eine einzelne Conſtitution, wodurch die ganze, höchſt wichtige, Berän- derung bewirkt worden wäre, be- ſitzen wir nicht, vielleicht war eine ſolche nicht vorhanden. Die älte- ſten Beſtimmungen finden ſich in Cod. Just. II. 58, Cod. Theod. II. 3, L. 8 C. Th. de off. rec- toris (1. 16.). In dem Tit. Cod. Just. III. 3 iſt der Übergang deſ- ſen, was früher Ausnahme war, zur Regel, ſehr ſichtbar. — Vgl. Savigny Geſchichte des R. R. im Mittelalter B. 1 § 26. (f) In personam ſind die in
L. 1 de extr. cogn. (50. 13) zu- ſammengeſtellte Klagen; eben ſo der Anſpruch des Fideicommiſſars gegen den mit dem Fideicommiß belaſteten Erben oder Legatar. Gajus II. § 278. Ulpian. XXV. § 12. War eine fideicommiſſariſche Erbſchaft durch wörtliche Erklä- rung des Erben reſtituirt, ſo konnte nun allerdings der Fideicommiſſar in rem klagen gegen die Beſitzer von Erbſchaftsſachen; dieſe Klage <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0078" n="64"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> dieſes Verfahren nur erſt als eine ziemlich beſchränkte<lb/> Ausnahme angeſehen werden. Um die Zeit von Diocle-<lb/> tian aber wurde die Gerichtsverfaſſung völlig umgebildet;<lb/> der <hi rendition="#aq">ordo judiciorum</hi> verſchwand, und es wurden alle Pro-<lb/> zeßgeſchäfte in der Hand der Obrigkeit vereinigt, ſo daß<lb/> nunmehr der ganze Prozeßgang durch <hi rendition="#aq">extraordinaria ju-<lb/> dicia</hi> betrieben wurde <note place="foot" n="(e)">§ 8 <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">J. de interdictis</hi></hi> (4. 15),<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 47 § 1 <hi rendition="#i">de negotiiis gestis</hi></hi><lb/> (3. 5), ohne Zweifel interpolirt. —<lb/> Eine einzelne Conſtitution, wodurch<lb/> die ganze, höchſt wichtige, Berän-<lb/> derung bewirkt worden wäre, be-<lb/> ſitzen wir nicht, vielleicht war eine<lb/> ſolche nicht vorhanden. Die älte-<lb/> ſten Beſtimmungen finden ſich in<lb/><hi rendition="#aq">Cod. Just. II. 58, Cod. Theod.<lb/> II. 3, <hi rendition="#i">L.</hi> 8 <hi rendition="#i">C. Th. de off. rec-<lb/> toris</hi></hi> (1. 16.). In dem <hi rendition="#aq">Tit. Cod.<lb/> Just. III.</hi> 3 iſt der Übergang deſ-<lb/> ſen, was früher Ausnahme war,<lb/> zur Regel, ſehr ſichtbar. — Vgl.<lb/><hi rendition="#g">Savigny</hi> Geſchichte des R. R.<lb/> im Mittelalter B. 1 § 26.</note>. Dieſes iſt die Geſtalt des Ge-<lb/> richtsweſens im Juſtinianiſchen Recht, und dieſelbe findet<lb/> ſich in den allermeiſten neueren Staaten, da die Geſchwor-<lb/> nengerichte, auch wo ſie vorkommen, doch meiſt auf das<lb/> Criminalverfahren eingeſchränkt ſind.</p><lb/> <p>Es iſt dabey noch das Verhältniß der <hi rendition="#aq">extraordinaria<lb/> judicia</hi> (ſolange ſie noch eine abgeſonderte Art der Klagen<lb/> bildeten) zu den früher dargeſtellten Gegenſätzen zu er-<lb/> wägen.</p><lb/> <p>Alle uns bekannte <hi rendition="#aq">extraordinaria judicia</hi> waren <hi rendition="#aq">in per-<lb/> sonam,</hi> keine <hi rendition="#aq">in rem</hi> <note xml:id="seg2pn_11_1" next="#seg2pn_11_2" place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">In personam</hi> ſind die in<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 <hi rendition="#i">de extr. cogn.</hi></hi> (50. 13) zu-<lb/> ſammengeſtellte Klagen; eben ſo<lb/> der Anſpruch des Fideicommiſſars<lb/> gegen den mit dem Fideicommiß<lb/> belaſteten Erben oder Legatar.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> II. § 278. <hi rendition="#k">Ulpian</hi>. XXV.</hi><lb/> § 12. War eine fideicommiſſariſche<lb/> Erbſchaft durch wörtliche Erklä-<lb/> rung des Erben reſtituirt, ſo konnte<lb/> nun allerdings der Fideicommiſſar<lb/><hi rendition="#aq">in rem</hi> klagen gegen die Beſitzer<lb/> von Erbſchaftsſachen; dieſe Klage</note>. — Eben ſo kommen Strafklagen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0078]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
dieſes Verfahren nur erſt als eine ziemlich beſchränkte
Ausnahme angeſehen werden. Um die Zeit von Diocle-
tian aber wurde die Gerichtsverfaſſung völlig umgebildet;
der ordo judiciorum verſchwand, und es wurden alle Pro-
zeßgeſchäfte in der Hand der Obrigkeit vereinigt, ſo daß
nunmehr der ganze Prozeßgang durch extraordinaria ju-
dicia betrieben wurde (e). Dieſes iſt die Geſtalt des Ge-
richtsweſens im Juſtinianiſchen Recht, und dieſelbe findet
ſich in den allermeiſten neueren Staaten, da die Geſchwor-
nengerichte, auch wo ſie vorkommen, doch meiſt auf das
Criminalverfahren eingeſchränkt ſind.
Es iſt dabey noch das Verhältniß der extraordinaria
judicia (ſolange ſie noch eine abgeſonderte Art der Klagen
bildeten) zu den früher dargeſtellten Gegenſätzen zu er-
wägen.
Alle uns bekannte extraordinaria judicia waren in per-
sonam, keine in rem (f). — Eben ſo kommen Strafklagen
(e) § 8 J. de interdictis (4. 15),
L. 47 § 1 de negotiiis gestis
(3. 5), ohne Zweifel interpolirt. —
Eine einzelne Conſtitution, wodurch
die ganze, höchſt wichtige, Berän-
derung bewirkt worden wäre, be-
ſitzen wir nicht, vielleicht war eine
ſolche nicht vorhanden. Die älte-
ſten Beſtimmungen finden ſich in
Cod. Just. II. 58, Cod. Theod.
II. 3, L. 8 C. Th. de off. rec-
toris (1. 16.). In dem Tit. Cod.
Just. III. 3 iſt der Übergang deſ-
ſen, was früher Ausnahme war,
zur Regel, ſehr ſichtbar. — Vgl.
Savigny Geſchichte des R. R.
im Mittelalter B. 1 § 26.
(f) In personam ſind die in
L. 1 de extr. cogn. (50. 13) zu-
ſammengeſtellte Klagen; eben ſo
der Anſpruch des Fideicommiſſars
gegen den mit dem Fideicommiß
belaſteten Erben oder Legatar.
Gajus II. § 278. Ulpian. XXV.
§ 12. War eine fideicommiſſariſche
Erbſchaft durch wörtliche Erklä-
rung des Erben reſtituirt, ſo konnte
nun allerdings der Fideicommiſſar
in rem klagen gegen die Beſitzer
von Erbſchaftsſachen; dieſe Klage
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |