Diese Eintheilung der Klagen durchkreuzt sich mit den vorher dargestellten. Es giebt daher sowohl unter den Civilklagen, als unter den prätorischen, in personam und in rem actiones; Strafklagen, wie erhaltende Klagen.
Nach der älteren Gerichtsverfassung beruhte der ganze Prozeß auf dem ordo judiciorum, dessen Wesen darin be- stand, daß die gerichtliche Obrigkeit, in Rom die Präto- ren, nur die Einleitung der Sache besorgte, das weitere Verfahren aber an Eine oder mehrere Privatpersonen überließ, und diese mit einer Anweisung (formula) versah, auf deren Grund, je nach dem Ausfall der Verhandlun- gen und Beweise, das Urtheil gesprochen werden sollte; die allgemeinste Benennung dieses commissarischen Urtheil- sprechers war Judex, von den dabey vorkommenden Va- rietäten aber wird noch ferner die Rede seyn.
Allmälig fand man es räthlich, bey einzelnen streitigen Rechtsverhältnissen von dieser Art des Verfahrens abzu- gehen, so daß die gerichtliche Obrigkeit das ganze Ver- fahren besorgte und das Urtheil sprach, ohne einen Judex zuzuziehen. Die Benennungen dieses abweichenden Verfah- rens waren diese: extraordinaria cognitio oder actio, ex- traordinarium judicium, persecutio. Daß die Klagen die- ser Art bald mit dem Namen actiones belegt, bald davon ausgeschlossen wurden, ist schon oben erwähnt worden (§ 205).
Zur Zeit der großen juristischen Schriftsteller konnte
Dieſe Eintheilung der Klagen durchkreuzt ſich mit den vorher dargeſtellten. Es giebt daher ſowohl unter den Civilklagen, als unter den prätoriſchen, in personam und in rem actiones; Strafklagen, wie erhaltende Klagen.
Nach der älteren Gerichtsverfaſſung beruhte der ganze Prozeß auf dem ordo judiciorum, deſſen Weſen darin be- ſtand, daß die gerichtliche Obrigkeit, in Rom die Präto- ren, nur die Einleitung der Sache beſorgte, das weitere Verfahren aber an Eine oder mehrere Privatperſonen überließ, und dieſe mit einer Anweiſung (formula) verſah, auf deren Grund, je nach dem Ausfall der Verhandlun- gen und Beweiſe, das Urtheil geſprochen werden ſollte; die allgemeinſte Benennung dieſes commiſſariſchen Urtheil- ſprechers war Judex, von den dabey vorkommenden Va- rietäten aber wird noch ferner die Rede ſeyn.
Allmälig fand man es räthlich, bey einzelnen ſtreitigen Rechtsverhältniſſen von dieſer Art des Verfahrens abzu- gehen, ſo daß die gerichtliche Obrigkeit das ganze Ver- fahren beſorgte und das Urtheil ſprach, ohne einen Judex zuzuziehen. Die Benennungen dieſes abweichenden Verfah- rens waren dieſe: extraordinaria cognitio oder actio, ex- traordinarium judicium, persecutio. Daß die Klagen die- ſer Art bald mit dem Namen actiones belegt, bald davon ausgeſchloſſen wurden, iſt ſchon oben erwähnt worden (§ 205).
Zur Zeit der großen juriſtiſchen Schriftſteller konnte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0077"n="63"/><fwplace="top"type="header">§. 213. <hirendition="#aq">Civiles, honorariae. Ordinariae, extraordinariae actiones.</hi></fw><lb/><p>Dieſe Eintheilung der Klagen durchkreuzt ſich mit den<lb/>
vorher dargeſtellten. Es giebt daher ſowohl unter den<lb/>
Civilklagen, als unter den prätoriſchen, <hirendition="#aq">in personam</hi> und<lb/><hirendition="#aq">in rem actiones;</hi> Strafklagen, wie erhaltende Klagen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Nach der älteren Gerichtsverfaſſung beruhte der ganze<lb/>
Prozeß auf dem <hirendition="#aq"><hirendition="#i">ordo</hi> judiciorum,</hi> deſſen Weſen darin be-<lb/>ſtand, daß die gerichtliche Obrigkeit, in Rom die Präto-<lb/>
ren, nur die Einleitung der Sache beſorgte, das weitere<lb/>
Verfahren aber an Eine oder mehrere Privatperſonen<lb/>
überließ, und dieſe mit einer Anweiſung <hirendition="#aq">(formula)</hi> verſah,<lb/>
auf deren Grund, je nach dem Ausfall der Verhandlun-<lb/>
gen und Beweiſe, das Urtheil geſprochen werden ſollte;<lb/>
die allgemeinſte Benennung dieſes commiſſariſchen Urtheil-<lb/>ſprechers war <hirendition="#g">Judex</hi>, von den dabey vorkommenden Va-<lb/>
rietäten aber wird noch ferner die Rede ſeyn.</p><lb/><p>Allmälig fand man es räthlich, bey einzelnen ſtreitigen<lb/>
Rechtsverhältniſſen von dieſer Art des Verfahrens abzu-<lb/>
gehen, ſo daß die gerichtliche Obrigkeit das ganze Ver-<lb/>
fahren beſorgte und das Urtheil ſprach, ohne einen Judex<lb/>
zuzuziehen. Die Benennungen dieſes abweichenden Verfah-<lb/>
rens waren dieſe: <hirendition="#aq">extraordinaria cognitio</hi> oder <hirendition="#aq">actio, ex-<lb/>
traordinarium judicium, persecutio.</hi> Daß die Klagen die-<lb/>ſer Art bald mit dem Namen <hirendition="#aq">actiones</hi> belegt, bald davon<lb/>
ausgeſchloſſen wurden, iſt ſchon oben erwähnt worden<lb/>
(§ 205).</p><lb/><p>Zur Zeit der großen juriſtiſchen Schriftſteller konnte<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[63/0077]
§. 213. Civiles, honorariae. Ordinariae, extraordinariae actiones.
Dieſe Eintheilung der Klagen durchkreuzt ſich mit den
vorher dargeſtellten. Es giebt daher ſowohl unter den
Civilklagen, als unter den prätoriſchen, in personam und
in rem actiones; Strafklagen, wie erhaltende Klagen.
Nach der älteren Gerichtsverfaſſung beruhte der ganze
Prozeß auf dem ordo judiciorum, deſſen Weſen darin be-
ſtand, daß die gerichtliche Obrigkeit, in Rom die Präto-
ren, nur die Einleitung der Sache beſorgte, das weitere
Verfahren aber an Eine oder mehrere Privatperſonen
überließ, und dieſe mit einer Anweiſung (formula) verſah,
auf deren Grund, je nach dem Ausfall der Verhandlun-
gen und Beweiſe, das Urtheil geſprochen werden ſollte;
die allgemeinſte Benennung dieſes commiſſariſchen Urtheil-
ſprechers war Judex, von den dabey vorkommenden Va-
rietäten aber wird noch ferner die Rede ſeyn.
Allmälig fand man es räthlich, bey einzelnen ſtreitigen
Rechtsverhältniſſen von dieſer Art des Verfahrens abzu-
gehen, ſo daß die gerichtliche Obrigkeit das ganze Ver-
fahren beſorgte und das Urtheil ſprach, ohne einen Judex
zuzuziehen. Die Benennungen dieſes abweichenden Verfah-
rens waren dieſe: extraordinaria cognitio oder actio, ex-
traordinarium judicium, persecutio. Daß die Klagen die-
ſer Art bald mit dem Namen actiones belegt, bald davon
ausgeſchloſſen wurden, iſt ſchon oben erwähnt worden
(§ 205).
Zur Zeit der großen juriſtiſchen Schriftſteller konnte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/77>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.