Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Condictionen. XLII.
eine certi, bald eine triticaria condictio entstehen. Die
certi condictio aber war von so eigenthümlicher Natur
und Wichtigkeit, daß man da, wo sie begründet war,
meist nur diesen Namen zu gebrauchen pflegte, ohne da-
neben den Entstehungsgrund auszudrücken (a). Wo aber
nicht sie, sondern eine Condiction der zweyten oder drit-
ten Klasse Statt fand, da war die Bezeichnung des Ent-
stehungsgrundes (condictio indebiti, sine causa, ex causa
furtiva
u. s. w.) üblicher. Nach dieser Analogie hätte man
also auch von einer condictio ex stipulatu sprechen kön-
nen, es ist aber üblich geworden, dafür den Namen actio
ex stipulatu
zu gebrauchen, vielleicht aus keinem andern
Grunde, als um hier die Unterscheidung von der certi
condictio ex stipulatu
schon durch den Ausdruck schärfer
zu bezeichnen.

So ist also die actio ex stipulatu nichts Anderes, als
die triticaria condictio aus einer Stipulation. Und eben
aus dem hier bemerkten Umstand, daß bey den Condictio-
nen zweyter und dritter Klasse die Beyfügung des Ent-
stehungsgrundes häufiger vorkam, erklärt sich wohl die
sonst räthselhafte Seltenheit des Ausdrucks triticaria con-
dictio
in unsren Rechtsquellen. Es kam bey einzelnen

(a) Dieser Sprachgebrauch tritt
sehr deutlich hervor in L. 9 pr.
de R. C.
(12. 1.), s. o. Num.
XXIII. -- Daher führt auch die
Darlehensklage zwar bey neueren
Schriftstellern den technischen Na-
men condictio ex mutuo, aber
nicht bey den Römern; denn da
fast immer nur von dem Darlehen
in Geld die Rede ist, so ist die
daraus entspringende Condiction
stets certi, wobey eben die causa
nicht ausgedrückt zu werden pflegt.
Vgl. oben Num. XXXI.

Die Condictionen. XLII.
eine certi, bald eine triticaria condictio entſtehen. Die
certi condictio aber war von ſo eigenthümlicher Natur
und Wichtigkeit, daß man da, wo ſie begründet war,
meiſt nur dieſen Namen zu gebrauchen pflegte, ohne da-
neben den Entſtehungsgrund auszudrücken (a). Wo aber
nicht ſie, ſondern eine Condiction der zweyten oder drit-
ten Klaſſe Statt fand, da war die Bezeichnung des Ent-
ſtehungsgrundes (condictio indebiti, sine causa, ex causa
furtiva
u. ſ. w.) üblicher. Nach dieſer Analogie hätte man
alſo auch von einer condictio ex stipulatu ſprechen kön-
nen, es iſt aber üblich geworden, dafür den Namen actio
ex stipulatu
zu gebrauchen, vielleicht aus keinem andern
Grunde, als um hier die Unterſcheidung von der certi
condictio ex stipulatu
ſchon durch den Ausdruck ſchärfer
zu bezeichnen.

So iſt alſo die actio ex stipulatu nichts Anderes, als
die triticaria condictio aus einer Stipulation. Und eben
aus dem hier bemerkten Umſtand, daß bey den Condictio-
nen zweyter und dritter Klaſſe die Beyfügung des Ent-
ſtehungsgrundes häufiger vorkam, erklärt ſich wohl die
ſonſt räthſelhafte Seltenheit des Ausdrucks triticaria con-
dictio
in unſren Rechtsquellen. Es kam bey einzelnen

(a) Dieſer Sprachgebrauch tritt
ſehr deutlich hervor in L. 9 pr.
de R. C.
(12. 1.), ſ. o. Num.
XXIII. — Daher führt auch die
Darlehensklage zwar bey neueren
Schriftſtellern den techniſchen Na-
men condictio ex mutuo, aber
nicht bey den Römern; denn da
faſt immer nur von dem Darlehen
in Geld die Rede iſt, ſo iſt die
daraus entſpringende Condiction
ſtets certi, wobey eben die causa
nicht ausgedrückt zu werden pflegt.
Vgl. oben Num. XXXI.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0645" n="631"/><fw place="top" type="header">Die Condictionen. <hi rendition="#aq">XLII.</hi></fw><lb/>
eine <hi rendition="#aq">certi,</hi> bald eine <hi rendition="#aq">triticaria condictio</hi> ent&#x017F;tehen. Die<lb/><hi rendition="#aq">certi condictio</hi> aber war von &#x017F;o eigenthümlicher Natur<lb/>
und Wichtigkeit, daß man da, wo &#x017F;ie begründet war,<lb/>
mei&#x017F;t nur die&#x017F;en Namen zu gebrauchen pflegte, ohne da-<lb/>
neben den Ent&#x017F;tehungsgrund auszudrücken <note place="foot" n="(a)">Die&#x017F;er Sprachgebrauch tritt<lb/>
&#x017F;ehr deutlich hervor in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 9 <hi rendition="#i">pr.<lb/>
de R. C.</hi></hi> (12. 1.), &#x017F;. o. Num.<lb/><hi rendition="#aq">XXIII.</hi> &#x2014; Daher führt auch die<lb/>
Darlehensklage zwar bey neueren<lb/>
Schrift&#x017F;tellern den techni&#x017F;chen Na-<lb/>
men <hi rendition="#aq">condictio ex mutuo,</hi> aber<lb/>
nicht bey den Römern; denn da<lb/>
fa&#x017F;t immer nur von dem Darlehen<lb/>
in Geld die Rede i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t die<lb/>
daraus ent&#x017F;pringende Condiction<lb/>
&#x017F;tets <hi rendition="#aq">certi,</hi> wobey eben die <hi rendition="#aq">causa</hi><lb/>
nicht ausgedrückt zu werden pflegt.<lb/>
Vgl. oben Num. <hi rendition="#aq">XXXI.</hi></note>. Wo aber<lb/>
nicht &#x017F;ie, &#x017F;ondern eine Condiction der zweyten oder drit-<lb/>
ten Kla&#x017F;&#x017F;e Statt fand, da war die Bezeichnung des Ent-<lb/>
&#x017F;tehungsgrundes (<hi rendition="#aq">condictio indebiti, sine causa, ex causa<lb/>
furtiva</hi> u. &#x017F;. w.) üblicher. Nach die&#x017F;er Analogie hätte man<lb/>
al&#x017F;o auch von einer <hi rendition="#aq">condictio ex stipulatu</hi> &#x017F;prechen kön-<lb/>
nen, es i&#x017F;t aber üblich geworden, dafür den Namen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">actio</hi><lb/>
ex stipulatu</hi> zu gebrauchen, vielleicht aus keinem andern<lb/>
Grunde, als um hier die Unter&#x017F;cheidung von der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">certi</hi><lb/>
condictio ex stipulatu</hi> &#x017F;chon durch den Ausdruck &#x017F;chärfer<lb/>
zu bezeichnen.</p><lb/>
            <p>So i&#x017F;t al&#x017F;o die <hi rendition="#aq">actio ex stipulatu</hi> nichts Anderes, als<lb/>
die <hi rendition="#aq">triticaria condictio</hi> aus einer Stipulation. Und eben<lb/>
aus dem hier bemerkten Um&#x017F;tand, daß bey den Condictio-<lb/>
nen zweyter und dritter Kla&#x017F;&#x017F;e die Beyfügung des Ent-<lb/>
&#x017F;tehungsgrundes häufiger vorkam, erklärt &#x017F;ich wohl die<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t räth&#x017F;elhafte Seltenheit des Ausdrucks <hi rendition="#aq">triticaria con-<lb/>
dictio</hi> in un&#x017F;ren Rechtsquellen. Es kam bey einzelnen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[631/0645] Die Condictionen. XLII. eine certi, bald eine triticaria condictio entſtehen. Die certi condictio aber war von ſo eigenthümlicher Natur und Wichtigkeit, daß man da, wo ſie begründet war, meiſt nur dieſen Namen zu gebrauchen pflegte, ohne da- neben den Entſtehungsgrund auszudrücken (a). Wo aber nicht ſie, ſondern eine Condiction der zweyten oder drit- ten Klaſſe Statt fand, da war die Bezeichnung des Ent- ſtehungsgrundes (condictio indebiti, sine causa, ex causa furtiva u. ſ. w.) üblicher. Nach dieſer Analogie hätte man alſo auch von einer condictio ex stipulatu ſprechen kön- nen, es iſt aber üblich geworden, dafür den Namen actio ex stipulatu zu gebrauchen, vielleicht aus keinem andern Grunde, als um hier die Unterſcheidung von der certi condictio ex stipulatu ſchon durch den Ausdruck ſchärfer zu bezeichnen. So iſt alſo die actio ex stipulatu nichts Anderes, als die triticaria condictio aus einer Stipulation. Und eben aus dem hier bemerkten Umſtand, daß bey den Condictio- nen zweyter und dritter Klaſſe die Beyfügung des Ent- ſtehungsgrundes häufiger vorkam, erklärt ſich wohl die ſonſt räthſelhafte Seltenheit des Ausdrucks triticaria con- dictio in unſren Rechtsquellen. Es kam bey einzelnen (a) Dieſer Sprachgebrauch tritt ſehr deutlich hervor in L. 9 pr. de R. C. (12. 1.), ſ. o. Num. XXIII. — Daher führt auch die Darlehensklage zwar bey neueren Schriftſtellern den techniſchen Na- men condictio ex mutuo, aber nicht bey den Römern; denn da faſt immer nur von dem Darlehen in Geld die Rede iſt, ſo iſt die daraus entſpringende Condiction ſtets certi, wobey eben die causa nicht ausgedrückt zu werden pflegt. Vgl. oben Num. XXXI.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/645
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/645>, abgerufen am 27.11.2024.