Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Beylage XIV.
Gränzen der zur Erfüllung dienenden Handlung nicht aus
der Formel völlig erkennbar waren (c). Ferner auf eine
Tradition, das heißt die Übertragung des Besitzes (d).
Eben so auf die Eingehung eines obligatorischen Rechts-
geschäfts, z. B. Bürgschaft, Expromission, Acceptilation,
oder darauf, daß ein Rechtsgeschäft in seinen Folgen wie-
der rückgängig gemacht werde (e). Endlich auf Arbeit
irgend einer Art, oder auch auf eine bloße Unterlassung (f).

Die Wirkung dieser Art der Condiction war die, daß
der Beklagte das volle Interesse bezahlen mußte, ja Dieses

(c) L. 75 § 1. 2. 4. 5. 8 de
V. O.
(45. 1.), L. 60 de leg. 1
(30. un.).
Hier fällt nämlich der
Begriff der incerta stipulatio mit
dem der incerta Intentio in den
meisten Fällen zusammen, jedoch
wohl nicht in allen. Die Stipu-
lation: usumfructum fundi Cor-
neliani dare spondes?
war in-
certa (L. 75 § 3 eod.),
ohne
Zweifel weil wegen der ungewissen
Lebensdauer der Geldwerth dieses
Niesbrauchs ungewiß war. Allein
die Intentio wurde wahrscheinlich
so gesaßt: Si paret usumfructum
dare oportere,
so daß die Con-
diction zur zweyten Klasse gehörte
(Num. XXXIII.), worin ein plus
petere
möglich war. Denn die
Gränzen der Handlung, wozu der
Schuldner verpflichtet war, hatten
durchaus nichts Ungewisses: er
sollte den Niesbrauch gerade dieser
Sache durch in jure cessio be-
stellen, nichts Anderes, nicht mehr
noch weniger.
(d) L. 75 § 7 de V. O. (45. 1.),
L. 4 pr. de usuris
(22. 1.). War
der Gegenstand eine res mancipi,
so mußte Dieses ganz unzweifelhaft
seyn, weil hieran die Tradition
niemals Eigenthum verschaffen
konnte. Allein auch bey einer res
nec mancipi
möchte wohl Dasselbe
gegolten haben; denn obgleich hier
die Form der Tradition zur Über-
tragung des Eigenthums zureichte,
so lag doch in dem Ausdruck dare
mehr als in dem Ausdruck tra-
dere,
weil das Letzte schon voll-
ständig erfüllt wurde, selbst wenn
die Sache einem Dritten gehörte,
in welchem Fall das dare nicht
vollzogen war. Dieser Unterschied
ist angedeutet in L. 11 § 2 de
act. emti
(19. 1.).
(e) L. 3 de cond. sine causa
(12. 7.), L. 2 § 4 de don. (39. 5.),
L.
12 de nov. (46. 2.), L. 68 de
V. O.
(45. 1.).
(f) L. 75 § 7 de V. O. (45. 1.).

Beylage XIV.
Gränzen der zur Erfüllung dienenden Handlung nicht aus
der Formel völlig erkennbar waren (c). Ferner auf eine
Tradition, das heißt die Übertragung des Beſitzes (d).
Eben ſo auf die Eingehung eines obligatoriſchen Rechts-
geſchäfts, z. B. Bürgſchaft, Expromiſſion, Acceptilation,
oder darauf, daß ein Rechtsgeſchäft in ſeinen Folgen wie-
der rückgängig gemacht werde (e). Endlich auf Arbeit
irgend einer Art, oder auch auf eine bloße Unterlaſſung (f).

Die Wirkung dieſer Art der Condiction war die, daß
der Beklagte das volle Intereſſe bezahlen mußte, ja Dieſes

(c) L. 75 § 1. 2. 4. 5. 8 de
V. O.
(45. 1.), L. 60 de leg. 1
(30. un.).
Hier fällt nämlich der
Begriff der incerta stipulatio mit
dem der incerta Intentio in den
meiſten Fällen zuſammen, jedoch
wohl nicht in allen. Die Stipu-
lation: usumfructum fundi Cor-
neliani dare spondes?
war in-
certa (L. 75 § 3 eod.),
ohne
Zweifel weil wegen der ungewiſſen
Lebensdauer der Geldwerth dieſes
Niesbrauchs ungewiß war. Allein
die Intentio wurde wahrſcheinlich
ſo geſaßt: Si paret usumfructum
dare oportere,
ſo daß die Con-
diction zur zweyten Klaſſe gehörte
(Num. XXXIII.), worin ein plus
petere
möglich war. Denn die
Gränzen der Handlung, wozu der
Schuldner verpflichtet war, hatten
durchaus nichts Ungewiſſes: er
ſollte den Niesbrauch gerade dieſer
Sache durch in jure cessio be-
ſtellen, nichts Anderes, nicht mehr
noch weniger.
(d) L. 75 § 7 de V. O. (45. 1.),
L. 4 pr. de usuris
(22. 1.). War
der Gegenſtand eine res mancipi,
ſo mußte Dieſes ganz unzweifelhaft
ſeyn, weil hieran die Tradition
niemals Eigenthum verſchaffen
konnte. Allein auch bey einer res
nec mancipi
möchte wohl Daſſelbe
gegolten haben; denn obgleich hier
die Form der Tradition zur Über-
tragung des Eigenthums zureichte,
ſo lag doch in dem Ausdruck dare
mehr als in dem Ausdruck tra-
dere,
weil das Letzte ſchon voll-
ſtändig erfüllt wurde, ſelbſt wenn
die Sache einem Dritten gehörte,
in welchem Fall das dare nicht
vollzogen war. Dieſer Unterſchied
iſt angedeutet in L. 11 § 2 de
act. emti
(19. 1.).
(e) L. 3 de cond. sine causa
(12. 7.), L. 2 § 4 de don. (39. 5.),
L.
12 de nov. (46. 2.), L. 68 de
V. O.
(45. 1.).
(f) L. 75 § 7 de V. O. (45. 1.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0632" n="618"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">XIV.</hi></fw><lb/>
Gränzen der zur Erfüllung dienenden Handlung nicht aus<lb/>
der Formel völlig erkennbar waren <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 75 § 1. 2. 4. 5. 8 <hi rendition="#i">de<lb/>
V. O.</hi> (45. 1.), <hi rendition="#i">L.</hi> 60 <hi rendition="#i">de leg.</hi> 1<lb/>
(30. un.).</hi> Hier fällt nämlich der<lb/>
Begriff der <hi rendition="#aq">incerta stipulatio</hi> mit<lb/>
dem der <hi rendition="#aq">incerta Intentio</hi> in den<lb/>
mei&#x017F;ten Fällen zu&#x017F;ammen, jedoch<lb/>
wohl nicht in allen. Die Stipu-<lb/>
lation: <hi rendition="#aq">usumfructum fundi Cor-<lb/>
neliani dare spondes?</hi> war <hi rendition="#aq">in-<lb/>
certa (<hi rendition="#i">L.</hi> 75 § 3 <hi rendition="#i">eod.</hi>),</hi> ohne<lb/>
Zweifel weil wegen der ungewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Lebensdauer der Geldwerth die&#x017F;es<lb/>
Niesbrauchs ungewiß war. Allein<lb/>
die <hi rendition="#aq">Intentio</hi> wurde wahr&#x017F;cheinlich<lb/>
&#x017F;o ge&#x017F;aßt: <hi rendition="#aq">Si paret usumfructum<lb/>
dare oportere,</hi> &#x017F;o daß die Con-<lb/>
diction zur zweyten Kla&#x017F;&#x017F;e gehörte<lb/>
(Num. <hi rendition="#aq">XXXIII.</hi>), worin ein <hi rendition="#aq">plus<lb/>
petere</hi> möglich war. Denn die<lb/>
Gränzen der Handlung, wozu der<lb/>
Schuldner verpflichtet war, hatten<lb/>
durchaus nichts Ungewi&#x017F;&#x017F;es: er<lb/>
&#x017F;ollte den Niesbrauch gerade die&#x017F;er<lb/>
Sache durch <hi rendition="#aq">in jure cessio</hi> be-<lb/>
&#x017F;tellen, nichts Anderes, nicht mehr<lb/>
noch weniger.</note>. Ferner auf eine<lb/>
Tradition, das heißt die Übertragung des Be&#x017F;itzes <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 75 § 7 <hi rendition="#i">de V. O.</hi> (45. 1.),<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 4 <hi rendition="#i">pr. de usuris</hi></hi> (22. 1.). War<lb/>
der Gegen&#x017F;tand eine <hi rendition="#aq">res mancipi,</hi><lb/>
&#x017F;o mußte Die&#x017F;es ganz unzweifelhaft<lb/>
&#x017F;eyn, weil hieran die Tradition<lb/>
niemals Eigenthum ver&#x017F;chaffen<lb/>
konnte. Allein auch bey einer <hi rendition="#aq">res<lb/>
nec mancipi</hi> möchte wohl <hi rendition="#g">Da&#x017F;&#x017F;elbe</hi><lb/>
gegolten haben; denn obgleich hier<lb/>
die Form der Tradition zur Über-<lb/>
tragung des Eigenthums zureichte,<lb/>
&#x017F;o lag doch in dem Ausdruck <hi rendition="#aq">dare</hi><lb/>
mehr als in dem Ausdruck <hi rendition="#aq">tra-<lb/>
dere,</hi> weil das Letzte &#x017F;chon voll-<lb/>
&#x017F;tändig erfüllt wurde, &#x017F;elb&#x017F;t wenn<lb/>
die Sache einem Dritten gehörte,<lb/>
in welchem Fall das <hi rendition="#aq">dare</hi> nicht<lb/>
vollzogen war. Die&#x017F;er Unter&#x017F;chied<lb/>
i&#x017F;t angedeutet in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 11 § 2 <hi rendition="#i">de<lb/>
act. emti</hi></hi> (19. 1.).</note>.<lb/>
Eben &#x017F;o auf die Eingehung eines obligatori&#x017F;chen Rechts-<lb/>
ge&#x017F;chäfts, z. B. Bürg&#x017F;chaft, Expromi&#x017F;&#x017F;ion, Acceptilation,<lb/>
oder darauf, daß ein Rechtsge&#x017F;chäft in &#x017F;einen Folgen wie-<lb/>
der rückgängig gemacht werde <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">de cond. sine causa</hi><lb/>
(12. 7.)<hi rendition="#i">, L.</hi> 2 § 4 <hi rendition="#i">de don.</hi> (39. 5.)<hi rendition="#i">,<lb/>
L.</hi> 12 <hi rendition="#i">de nov.</hi> (46. 2.)<hi rendition="#i">, L.</hi> 68 <hi rendition="#i">de<lb/>
V. O.</hi></hi> (45. 1.).</note>. Endlich auf Arbeit<lb/>
irgend einer Art, oder auch auf eine bloße Unterla&#x017F;&#x017F;ung <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 75 § 7 <hi rendition="#i">de V. O.</hi></hi> (45. 1.).</note>.</p><lb/>
            <p>Die Wirkung die&#x017F;er Art der Condiction war die, daß<lb/>
der Beklagte das volle Intere&#x017F;&#x017F;e bezahlen mußte, ja Die&#x017F;es<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[618/0632] Beylage XIV. Gränzen der zur Erfüllung dienenden Handlung nicht aus der Formel völlig erkennbar waren (c). Ferner auf eine Tradition, das heißt die Übertragung des Beſitzes (d). Eben ſo auf die Eingehung eines obligatoriſchen Rechts- geſchäfts, z. B. Bürgſchaft, Expromiſſion, Acceptilation, oder darauf, daß ein Rechtsgeſchäft in ſeinen Folgen wie- der rückgängig gemacht werde (e). Endlich auf Arbeit irgend einer Art, oder auch auf eine bloße Unterlaſſung (f). Die Wirkung dieſer Art der Condiction war die, daß der Beklagte das volle Intereſſe bezahlen mußte, ja Dieſes (c) L. 75 § 1. 2. 4. 5. 8 de V. O. (45. 1.), L. 60 de leg. 1 (30. un.). Hier fällt nämlich der Begriff der incerta stipulatio mit dem der incerta Intentio in den meiſten Fällen zuſammen, jedoch wohl nicht in allen. Die Stipu- lation: usumfructum fundi Cor- neliani dare spondes? war in- certa (L. 75 § 3 eod.), ohne Zweifel weil wegen der ungewiſſen Lebensdauer der Geldwerth dieſes Niesbrauchs ungewiß war. Allein die Intentio wurde wahrſcheinlich ſo geſaßt: Si paret usumfructum dare oportere, ſo daß die Con- diction zur zweyten Klaſſe gehörte (Num. XXXIII.), worin ein plus petere möglich war. Denn die Gränzen der Handlung, wozu der Schuldner verpflichtet war, hatten durchaus nichts Ungewiſſes: er ſollte den Niesbrauch gerade dieſer Sache durch in jure cessio be- ſtellen, nichts Anderes, nicht mehr noch weniger. (d) L. 75 § 7 de V. O. (45. 1.), L. 4 pr. de usuris (22. 1.). War der Gegenſtand eine res mancipi, ſo mußte Dieſes ganz unzweifelhaft ſeyn, weil hieran die Tradition niemals Eigenthum verſchaffen konnte. Allein auch bey einer res nec mancipi möchte wohl Daſſelbe gegolten haben; denn obgleich hier die Form der Tradition zur Über- tragung des Eigenthums zureichte, ſo lag doch in dem Ausdruck dare mehr als in dem Ausdruck tra- dere, weil das Letzte ſchon voll- ſtändig erfüllt wurde, ſelbſt wenn die Sache einem Dritten gehörte, in welchem Fall das dare nicht vollzogen war. Dieſer Unterſchied iſt angedeutet in L. 11 § 2 de act. emti (19. 1.). (e) L. 3 de cond. sine causa (12. 7.), L. 2 § 4 de don. (39. 5.), L. 12 de nov. (46. 2.), L. 68 de V. O. (45. 1.). (f) L. 75 § 7 de V. O. (45. 1.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/632
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/632>, abgerufen am 24.11.2024.