Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.Die Condictionen. XXII. Anderes als die Klage aus dem Darlehen, und zwar so-wohl aus dem in Geld (L. Silia), als aus anderen Sachen (L. Calpurnia), unter welchen das Getreide ohne Zweifel der anwendbarste Gegenstand des Darlehens seyn wird (c). Gerade so aber ist ja auch die neue condictio die Klage aus dem Darlehen, und aus denjenigen Rechtsverhält- nissen, deren Klagrecht als eine freyere Entwicklung der Darlehensklage angesehen werden kann. Eine auffallende Bestätigung dieser historischen Herlei- Selbst die Formel der neueren Condictionen ist gro- (c) Das Darlehen außer dem baaren Gelde kommt überhaupt nicht sehr häufig vor (Num. IV.), sowohl in unsren Rechtsquellen, als im wirklichen Lebensverkehr. Der gewöhnlichste Fall der Anwendung wird noch der seyn, wenn der Landmann, dessen Erndte von einem Unglück betroffen wird, für seine Haushaltung und für die Aussaat Getreide borgt, um es im nächsten Jahr, wenn die Erndte besser gelingt, wieder zu geben. (d) Auctores latinae linguae ed. D. Gothofredus 1602 pag. 1453. V. 37
Die Condictionen. XXII. Anderes als die Klage aus dem Darlehen, und zwar ſo-wohl aus dem in Geld (L. Silia), als aus anderen Sachen (L. Calpurnia), unter welchen das Getreide ohne Zweifel der anwendbarſte Gegenſtand des Darlehens ſeyn wird (c). Gerade ſo aber iſt ja auch die neue condictio die Klage aus dem Darlehen, und aus denjenigen Rechtsverhält- niſſen, deren Klagrecht als eine freyere Entwicklung der Darlehensklage angeſehen werden kann. Eine auffallende Beſtätigung dieſer hiſtoriſchen Herlei- Selbſt die Formel der neueren Condictionen iſt gro- (c) Das Darlehen außer dem baaren Gelde kommt überhaupt nicht ſehr häufig vor (Num. IV.), ſowohl in unſren Rechtsquellen, als im wirklichen Lebensverkehr. Der gewöhnlichſte Fall der Anwendung wird noch der ſeyn, wenn der Landmann, deſſen Erndte von einem Unglück betroffen wird, für ſeine Haushaltung und für die Ausſaat Getreide borgt, um es im nächſten Jahr, wenn die Erndte beſſer gelingt, wieder zu geben. (d) Auctores latinae linguae ed. D. Gothofredus 1602 pag. 1453. V. 37
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0591" n="577"/><fw place="top" type="header">Die Condictionen. <hi rendition="#aq">XXII.</hi></fw><lb/> Anderes als die Klage aus dem Darlehen, und zwar ſo-<lb/> wohl aus dem in Geld <hi rendition="#aq">(L. Silia),</hi> als aus anderen Sachen<lb/><hi rendition="#aq">(L. Calpurnia),</hi> unter welchen das Getreide ohne Zweifel<lb/> der anwendbarſte Gegenſtand des Darlehens ſeyn wird <note place="foot" n="(c)">Das Darlehen außer dem<lb/> baaren Gelde kommt überhaupt<lb/> nicht ſehr häufig vor (Num. <hi rendition="#aq">IV.</hi>),<lb/> ſowohl in unſren Rechtsquellen, als<lb/> im wirklichen Lebensverkehr. Der<lb/> gewöhnlichſte Fall der Anwendung<lb/> wird noch der ſeyn, wenn der<lb/> Landmann, deſſen Erndte von<lb/> einem Unglück betroffen wird, für<lb/> ſeine Haushaltung und für die<lb/> Ausſaat Getreide borgt, um es<lb/> im nächſten Jahr, wenn die Erndte<lb/> beſſer gelingt, wieder zu geben.</note>.<lb/> Gerade ſo aber iſt ja auch die neue <hi rendition="#aq">condictio</hi> die Klage<lb/> aus dem Darlehen, und aus denjenigen Rechtsverhält-<lb/> niſſen, deren Klagrecht als eine freyere Entwicklung der<lb/> Darlehensklage angeſehen werden kann.</p><lb/> <p>Eine auffallende Beſtätigung dieſer hiſtoriſchen Herlei-<lb/> tung liegt in dem Umſtand, daß dem ſo aufgefaßten Ge-<lb/> genſatz der <hi rendition="#aq">condictio ex L. Silia</hi> und <hi rendition="#aq">ex L. Calpurnia</hi> ge-<lb/> nau entſpricht der neue Gegenſatz der <hi rendition="#aq">certi</hi> und <hi rendition="#aq">triticaria<lb/> condictio,</hi> von welchem weiter unten noch beſonders die<lb/> Rede ſeyn wird. Der räthſelhafte Name der <hi rendition="#aq">triticaria</hi><lb/> erhält auf dieſe Weiſe eine ſo einfache und natürliche Deu-<lb/> tung, wie ſie auf anderem Wege ſchwerlich wird gefunden<lb/> werden können.</p><lb/> <p>Selbſt die Formel der neueren Condictionen iſt gro-<lb/> ßentheils aus der alten <hi rendition="#aq">legis actio</hi> herüber genommen.<lb/> Valerius Probus hat nämlich folgende Sigle: <hi rendition="#aq">A. T. M. D. O.,</hi><lb/> d. h. <hi rendition="#aq">Ajo te mihi dare oportere</hi> <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">Auctores latinae linguae<lb/> ed. D. Gothofredus 1602 pag.</hi><lb/> 1453.</note>, welche nach ihren<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">V.</hi> 37</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [577/0591]
Die Condictionen. XXII.
Anderes als die Klage aus dem Darlehen, und zwar ſo-
wohl aus dem in Geld (L. Silia), als aus anderen Sachen
(L. Calpurnia), unter welchen das Getreide ohne Zweifel
der anwendbarſte Gegenſtand des Darlehens ſeyn wird (c).
Gerade ſo aber iſt ja auch die neue condictio die Klage
aus dem Darlehen, und aus denjenigen Rechtsverhält-
niſſen, deren Klagrecht als eine freyere Entwicklung der
Darlehensklage angeſehen werden kann.
Eine auffallende Beſtätigung dieſer hiſtoriſchen Herlei-
tung liegt in dem Umſtand, daß dem ſo aufgefaßten Ge-
genſatz der condictio ex L. Silia und ex L. Calpurnia ge-
nau entſpricht der neue Gegenſatz der certi und triticaria
condictio, von welchem weiter unten noch beſonders die
Rede ſeyn wird. Der räthſelhafte Name der triticaria
erhält auf dieſe Weiſe eine ſo einfache und natürliche Deu-
tung, wie ſie auf anderem Wege ſchwerlich wird gefunden
werden können.
Selbſt die Formel der neueren Condictionen iſt gro-
ßentheils aus der alten legis actio herüber genommen.
Valerius Probus hat nämlich folgende Sigle: A. T. M. D. O.,
d. h. Ajo te mihi dare oportere (d), welche nach ihren
(c) Das Darlehen außer dem
baaren Gelde kommt überhaupt
nicht ſehr häufig vor (Num. IV.),
ſowohl in unſren Rechtsquellen, als
im wirklichen Lebensverkehr. Der
gewöhnlichſte Fall der Anwendung
wird noch der ſeyn, wenn der
Landmann, deſſen Erndte von
einem Unglück betroffen wird, für
ſeine Haushaltung und für die
Ausſaat Getreide borgt, um es
im nächſten Jahr, wenn die Erndte
beſſer gelingt, wieder zu geben.
(d) Auctores latinae linguae
ed. D. Gothofredus 1602 pag.
1453.
V. 37
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |