Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Beylage XIV.
sondern durch des Andern Eigenmacht, wie der Diebstahl
(Num. VIII. XV.); ferner fehlt bey ihm das Legat (Num.
XI.). Um die von mir aufgestellte Lehre gegen diese Ein-
wendung zu vertheidigen, könnte man sagen, diese Anwen-
dungen der Condiction seyen erst nach Cicero's Zeit auf-
gekommen. Für das Legat wenigstens müssen wir diese
Auskunft ganz bestimmt verwerfen, da die Begründung
der in ihm enthaltenen Rechte aus den Zwölf Tafeln her-
kam; daher haben wir denn auch keinen Grund, für die
übrigen hier genannten Fälle, wie die condictio furtiva,
deren Entstehungszeit wir allerdings nicht kennen, eine
solche chronologische Lösung des scheinbaren Widerspruchs
anzunehmen. Auch dazu aber ist keine Veranlassung, jene
Stelle aus des Verfassers Mangel an Rechtskenntniß, oder
Ungenauigkeit des Ausdrucks zu erklären, um auf diesem
Wege den Widerspruch zu beseitigen, da eine andere Aus-
kunft weit näher liegt. Cicero wollte keine allgemeine
Theorie der Actionen vortragen, sondern daraus jetzt nur
Dasjenige heraus nehmen, Was zu dem vorliegenden
Rechtsfall dienen konnte. Indem er also sagt, adnume-
ratio, expensilatio, stipulatio,
seyen die Drey einzigen
Wege zu einer certi condictio, muß sehr natürlich hin-
zugedacht werden: in Fällen wie der hier vorliegende. Der
vorliegende Fall war aber ein contractliches, ein Geschäfts-
verhältniß, und es wäre eine pedantische Vorsicht gewe-
sen, wenn Cicero noch besonders bemerkt hätte, daß hier
die condictio furtiva und die Condiction aus einem Legat

Beylage XIV.
ſondern durch des Andern Eigenmacht, wie der Diebſtahl
(Num. VIII. XV.); ferner fehlt bey ihm das Legat (Num.
XI.). Um die von mir aufgeſtellte Lehre gegen dieſe Ein-
wendung zu vertheidigen, könnte man ſagen, dieſe Anwen-
dungen der Condiction ſeyen erſt nach Cicero’s Zeit auf-
gekommen. Für das Legat wenigſtens müſſen wir dieſe
Auskunft ganz beſtimmt verwerfen, da die Begründung
der in ihm enthaltenen Rechte aus den Zwölf Tafeln her-
kam; daher haben wir denn auch keinen Grund, für die
übrigen hier genannten Fälle, wie die condictio furtiva,
deren Entſtehungszeit wir allerdings nicht kennen, eine
ſolche chronologiſche Löſung des ſcheinbaren Widerſpruchs
anzunehmen. Auch dazu aber iſt keine Veranlaſſung, jene
Stelle aus des Verfaſſers Mangel an Rechtskenntniß, oder
Ungenauigkeit des Ausdrucks zu erklären, um auf dieſem
Wege den Widerſpruch zu beſeitigen, da eine andere Aus-
kunft weit näher liegt. Cicero wollte keine allgemeine
Theorie der Actionen vortragen, ſondern daraus jetzt nur
Dasjenige heraus nehmen, Was zu dem vorliegenden
Rechtsfall dienen konnte. Indem er alſo ſagt, adnume-
ratio, expensilatio, stipulatio,
ſeyen die Drey einzigen
Wege zu einer certi condictio, muß ſehr natürlich hin-
zugedacht werden: in Fällen wie der hier vorliegende. Der
vorliegende Fall war aber ein contractliches, ein Geſchäfts-
verhältniß, und es wäre eine pedantiſche Vorſicht gewe-
ſen, wenn Cicero noch beſonders bemerkt hätte, daß hier
die condictio furtiva und die Condiction aus einem Legat

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0588" n="574"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">XIV.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ondern durch des Andern Eigenmacht, wie der Dieb&#x017F;tahl<lb/>
(Num. <hi rendition="#aq">VIII. XV.);</hi> ferner fehlt bey ihm das Legat (Num.<lb/><hi rendition="#aq">XI.</hi>). Um die von mir aufge&#x017F;tellte Lehre gegen die&#x017F;e Ein-<lb/>
wendung zu vertheidigen, könnte man &#x017F;agen, die&#x017F;e Anwen-<lb/>
dungen der Condiction &#x017F;eyen er&#x017F;t nach Cicero&#x2019;s Zeit auf-<lb/>
gekommen. Für das Legat wenig&#x017F;tens mü&#x017F;&#x017F;en wir die&#x017F;e<lb/>
Auskunft ganz be&#x017F;timmt verwerfen, da die Begründung<lb/>
der in ihm enthaltenen Rechte aus den Zwölf Tafeln her-<lb/>
kam; daher haben wir denn auch keinen Grund, für die<lb/>
übrigen hier genannten Fälle, wie die <hi rendition="#aq">condictio furtiva,</hi><lb/>
deren Ent&#x017F;tehungszeit wir allerdings nicht kennen, eine<lb/>
&#x017F;olche chronologi&#x017F;che Lö&#x017F;ung des &#x017F;cheinbaren Wider&#x017F;pruchs<lb/>
anzunehmen. Auch dazu aber i&#x017F;t keine Veranla&#x017F;&#x017F;ung, jene<lb/>
Stelle aus des Verfa&#x017F;&#x017F;ers Mangel an Rechtskenntniß, oder<lb/>
Ungenauigkeit des Ausdrucks zu erklären, um auf die&#x017F;em<lb/>
Wege den Wider&#x017F;pruch zu be&#x017F;eitigen, da eine andere Aus-<lb/>
kunft weit näher liegt. Cicero wollte keine allgemeine<lb/>
Theorie der Actionen vortragen, &#x017F;ondern daraus jetzt nur<lb/>
Dasjenige heraus nehmen, Was zu dem vorliegenden<lb/>
Rechtsfall dienen konnte. Indem er al&#x017F;o &#x017F;agt, <hi rendition="#aq">adnume-<lb/>
ratio, expensilatio, stipulatio,</hi> &#x017F;eyen die Drey einzigen<lb/>
Wege zu einer <hi rendition="#aq">certi condictio,</hi> muß &#x017F;ehr natürlich hin-<lb/>
zugedacht werden: in Fällen wie der hier vorliegende. Der<lb/>
vorliegende Fall war aber ein contractliches, ein Ge&#x017F;chäfts-<lb/>
verhältniß, und es wäre eine pedanti&#x017F;che Vor&#x017F;icht gewe-<lb/>
&#x017F;en, wenn Cicero noch be&#x017F;onders bemerkt hätte, daß hier<lb/>
die <hi rendition="#aq">condictio furtiva</hi> und die Condiction aus einem Legat<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[574/0588] Beylage XIV. ſondern durch des Andern Eigenmacht, wie der Diebſtahl (Num. VIII. XV.); ferner fehlt bey ihm das Legat (Num. XI.). Um die von mir aufgeſtellte Lehre gegen dieſe Ein- wendung zu vertheidigen, könnte man ſagen, dieſe Anwen- dungen der Condiction ſeyen erſt nach Cicero’s Zeit auf- gekommen. Für das Legat wenigſtens müſſen wir dieſe Auskunft ganz beſtimmt verwerfen, da die Begründung der in ihm enthaltenen Rechte aus den Zwölf Tafeln her- kam; daher haben wir denn auch keinen Grund, für die übrigen hier genannten Fälle, wie die condictio furtiva, deren Entſtehungszeit wir allerdings nicht kennen, eine ſolche chronologiſche Löſung des ſcheinbaren Widerſpruchs anzunehmen. Auch dazu aber iſt keine Veranlaſſung, jene Stelle aus des Verfaſſers Mangel an Rechtskenntniß, oder Ungenauigkeit des Ausdrucks zu erklären, um auf dieſem Wege den Widerſpruch zu beſeitigen, da eine andere Aus- kunft weit näher liegt. Cicero wollte keine allgemeine Theorie der Actionen vortragen, ſondern daraus jetzt nur Dasjenige heraus nehmen, Was zu dem vorliegenden Rechtsfall dienen konnte. Indem er alſo ſagt, adnume- ratio, expensilatio, stipulatio, ſeyen die Drey einzigen Wege zu einer certi condictio, muß ſehr natürlich hin- zugedacht werden: in Fällen wie der hier vorliegende. Der vorliegende Fall war aber ein contractliches, ein Geſchäfts- verhältniß, und es wäre eine pedantiſche Vorſicht gewe- ſen, wenn Cicero noch beſonders bemerkt hätte, daß hier die condictio furtiva und die Condiction aus einem Legat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/588
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/588>, abgerufen am 23.12.2024.