Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Die Condictionen. XIX.
wirkliche Bereicherung, wie bey dem Darlehen, oder dem
gezahlten Indebitum (Num. IV--VIII.), bald eine fingirte,
wie bey der expensilatio, der Stipulation, dem Legat
(Num. IX--XI.). Dazu kommen noch einige, nicht be-
deutende, ganz positive Erweiterungen, die auf jenen Grund-
begriff nicht zurück geführt werden können (Num. XII--
XVIII.). Damit aber der Sinn dieser Regel schärfer
hervor trete, ist es nöthig, nun noch die entgegengesetzten
Fälle von Obligationen in's Auge zu fassen, die eben durch
jenen Grundbegriff von der Anwendung der Condictionen
ausgeschlossen, und auf andere Actionen verwiesen wer-
den sollen.

Diese ausgeschlossenen Obligationen lassen sich auf Zwey
Klassen zurück führen. Das Recht nämlich, dessen Genuß
der Kläger durch eine Klage sucht, kann entweder noch
jetzt in seinem Vermögen sich befinden, oder es kann noch
niemals zu seinem Vermögen gehört haben. In beiden
Fällen kann der Kläger nicht behaupten, daß er ein Stück
seines Vermögens an den Gegner verloren habe, welches
eben als Grundbedingung der Condictionen oben aufge-
stellt worden ist.

Die erste Klasse von Fällen ist schon oben erwähnt
worden, und sie macht am Wenigsten Schwierigkeit. Es ge-
hört dahin das Darlehen, solange das Geld aus irgend einem
Grund noch nicht in des Empfängers Eigenthum überge-
gangen ist; hier wird vindicirt, nicht condicirt, denn beide
Klagen stehen zu einander in einem ausschließenden Ver-

Die Condictionen. XIX.
wirkliche Bereicherung, wie bey dem Darlehen, oder dem
gezahlten Indebitum (Num. IV—VIII.), bald eine fingirte,
wie bey der expensilatio, der Stipulation, dem Legat
(Num. IX—XI.). Dazu kommen noch einige, nicht be-
deutende, ganz poſitive Erweiterungen, die auf jenen Grund-
begriff nicht zurück geführt werden können (Num. XII—
XVIII.). Damit aber der Sinn dieſer Regel ſchärfer
hervor trete, iſt es nöthig, nun noch die entgegengeſetzten
Fälle von Obligationen in’s Auge zu faſſen, die eben durch
jenen Grundbegriff von der Anwendung der Condictionen
ausgeſchloſſen, und auf andere Actionen verwieſen wer-
den ſollen.

Dieſe ausgeſchloſſenen Obligationen laſſen ſich auf Zwey
Klaſſen zurück führen. Das Recht nämlich, deſſen Genuß
der Kläger durch eine Klage ſucht, kann entweder noch
jetzt in ſeinem Vermögen ſich befinden, oder es kann noch
niemals zu ſeinem Vermögen gehört haben. In beiden
Fällen kann der Kläger nicht behaupten, daß er ein Stück
ſeines Vermögens an den Gegner verloren habe, welches
eben als Grundbedingung der Condictionen oben aufge-
ſtellt worden iſt.

Die erſte Klaſſe von Fällen iſt ſchon oben erwähnt
worden, und ſie macht am Wenigſten Schwierigkeit. Es ge-
hört dahin das Darlehen, ſolange das Geld aus irgend einem
Grund noch nicht in des Empfängers Eigenthum überge-
gangen iſt; hier wird vindicirt, nicht condicirt, denn beide
Klagen ſtehen zu einander in einem ausſchließenden Ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0579" n="565"/><fw place="top" type="header">Die Condictionen. <hi rendition="#aq">XIX.</hi></fw><lb/>
wirkliche Bereicherung, wie bey dem Darlehen, oder dem<lb/>
gezahlten Indebitum (Num. <hi rendition="#aq">IV&#x2014;VIII.</hi>), bald eine fingirte,<lb/>
wie bey der <hi rendition="#aq">expensilatio,</hi> der Stipulation, dem Legat<lb/>
(Num. <hi rendition="#aq">IX&#x2014;XI.</hi>). Dazu kommen noch einige, nicht be-<lb/>
deutende, ganz po&#x017F;itive Erweiterungen, die auf jenen Grund-<lb/>
begriff nicht zurück geführt werden können (Num. <hi rendition="#aq">XII&#x2014;<lb/>
XVIII.</hi>). Damit aber der Sinn die&#x017F;er Regel &#x017F;chärfer<lb/>
hervor trete, i&#x017F;t es nöthig, nun noch die entgegenge&#x017F;etzten<lb/>
Fälle von Obligationen in&#x2019;s Auge zu fa&#x017F;&#x017F;en, die eben durch<lb/>
jenen Grundbegriff von der Anwendung der Condictionen<lb/>
ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und auf andere Actionen verwie&#x017F;en wer-<lb/>
den &#x017F;ollen.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Obligationen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich auf Zwey<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;en zurück führen. Das Recht nämlich, de&#x017F;&#x017F;en Genuß<lb/>
der Kläger durch eine Klage &#x017F;ucht, kann entweder noch<lb/>
jetzt in &#x017F;einem Vermögen &#x017F;ich befinden, oder es kann noch<lb/>
niemals zu &#x017F;einem Vermögen gehört haben. In beiden<lb/>
Fällen kann der Kläger nicht behaupten, daß er ein Stück<lb/>
&#x017F;eines Vermögens an den Gegner verloren habe, welches<lb/>
eben als Grundbedingung der Condictionen oben aufge-<lb/>
&#x017F;tellt worden i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Die er&#x017F;te Kla&#x017F;&#x017F;e von Fällen i&#x017F;t &#x017F;chon oben erwähnt<lb/>
worden, und &#x017F;ie macht am Wenig&#x017F;ten Schwierigkeit. Es ge-<lb/>
hört dahin das Darlehen, &#x017F;olange das Geld aus irgend einem<lb/>
Grund noch nicht in des Empfängers Eigenthum überge-<lb/>
gangen i&#x017F;t; hier wird vindicirt, nicht condicirt, denn beide<lb/>
Klagen &#x017F;tehen zu einander in einem aus&#x017F;chließenden Ver-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[565/0579] Die Condictionen. XIX. wirkliche Bereicherung, wie bey dem Darlehen, oder dem gezahlten Indebitum (Num. IV—VIII.), bald eine fingirte, wie bey der expensilatio, der Stipulation, dem Legat (Num. IX—XI.). Dazu kommen noch einige, nicht be- deutende, ganz poſitive Erweiterungen, die auf jenen Grund- begriff nicht zurück geführt werden können (Num. XII— XVIII.). Damit aber der Sinn dieſer Regel ſchärfer hervor trete, iſt es nöthig, nun noch die entgegengeſetzten Fälle von Obligationen in’s Auge zu faſſen, die eben durch jenen Grundbegriff von der Anwendung der Condictionen ausgeſchloſſen, und auf andere Actionen verwieſen wer- den ſollen. Dieſe ausgeſchloſſenen Obligationen laſſen ſich auf Zwey Klaſſen zurück führen. Das Recht nämlich, deſſen Genuß der Kläger durch eine Klage ſucht, kann entweder noch jetzt in ſeinem Vermögen ſich befinden, oder es kann noch niemals zu ſeinem Vermögen gehört haben. In beiden Fällen kann der Kläger nicht behaupten, daß er ein Stück ſeines Vermögens an den Gegner verloren habe, welches eben als Grundbedingung der Condictionen oben aufge- ſtellt worden iſt. Die erſte Klaſſe von Fällen iſt ſchon oben erwähnt worden, und ſie macht am Wenigſten Schwierigkeit. Es ge- hört dahin das Darlehen, ſolange das Geld aus irgend einem Grund noch nicht in des Empfängers Eigenthum überge- gangen iſt; hier wird vindicirt, nicht condicirt, denn beide Klagen ſtehen zu einander in einem ausſchließenden Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/579
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/579>, abgerufen am 23.12.2024.